Hätten The Screenshots ein Bandmotto so laute es: Fun, fun, fun. „2 Millionen Umsatz Mit Einer Einfachen Idee“ ist das erste große Album des Kölner Dreigespanns, das Indie-Rock und Post-Punk so luftig miteinander verschmelzen lässt, man wünscht sich glatt die Hoch-Zeiten des 00er-Indie zurück. Die elf nun erscheinenden Songs tragen diesen Spirit ebenfalls in sich. Dass man The Screenshots an den Lippen hängt wie Gläubige sonst nur dem Priester in der Kirche, liegt währenddessen vor allem an einem: Dem spür- und hörbaren Spaß, den die Drei an der Sache empfinden.
In Zeiten wie diesen ist Freude etwas rares – zumindest, wenn man die Welt mit realistischem Blick betrachtet. Die Einkommens- sowie Vermögensungleichheit wächst, Umweltziele werden meilenweit verfehlt, die Hälfte der Bevölkerung wird – biologisches Geschlecht – noch immer systematisch benachteiligt, junge Menschen fühlen sich des zunehmenden Erwartungsdruckes wegen in ihren Entscheidungen gelähmt und rechte und rechtsextreme Tendenzen treten zunehmend in der Gesellschaft zutage. Zudem wütet eine Pandemie, die das Leben, wie wir es bislang kannten, zeitweise auf den Kopf stellte und allem Anschein nach erneut stellen wird. Denn: Die Wintermonate stehen an. Und die sind bekanntlich die liebste Zeit aller erkältungsähnlichen Viruserkrankungen.
Dax Werner, Kurt Prödel und Susi Bumms – das unterstelle ich ihnen jetzt mal – sehen und stören viele dieser Dinge ebenfalls. Ihr Umgang mit diesen Problemfeldern jedoch fällt anders aus als der der meisten Menschen. So finden viele Teilbereich der Lebensrealität von Generation Y und Z zwar auf „2 Millionen Umsatz Mit Einer Einfachen Idee“ Platz, sind jedoch in einen musikalischen und lyrischen Kontext gebettet, der humorvoll mit diesen umgeht. Mal überwiegt da der Optimismus. Zum Beispiel dann, wenn Werner in „Airbnb“ – eigentlich einer typischen „Ich könnte meine Wohnung mal für viel Geld an Leute weitergeben“-Vermietergeschichte – auf einmal in sympathischer „Refugees Welcome“-Attitüde singt: „Jeder Mensch, der Träume hat: Welcome To Germany!“ Auch „Liebe Grüße An Alle“ hat als Grußmitteilung in Songform etwas sehr herzliches, das von den hoffnungsschwangeren Gitarren in den Strophen und dem großen Singalong-Chorus wunderbar getragen wird. Liebe Grüße hierfür an The Screenshots!
An anderer Stelle betten die Drei ihre Positionen in einen Schwung Ironie. „Träume“ zum Beispiel überspitzt neoliberale Denkansätze. „Die Welt geht noch nicht unter“ hingegen richtet sich an eine andere Gruppe „Andersdenkender“: Klimawandel-Leugner*innen. Deren Ansichten werden so stark überzeichnet, es entweicht einem beim Zuhören fast ein Lacher. Die Musik macht die Angelegenheit noch obskurer: Das verträumte Jazz-Klavier, der säuselnde Dax Werner und der groovende Bass – Bassistin Bumms fährt generell zu Höchstleistung auf – sorgen eher für äußerst gute Laune als Endzeitstimmung. Dass „2 Millionen Umsatz Mit Einer Einfachen Idee“ trotz der schlechten Aussichten viel Freude bereitet, liegt zuweilen nämlich auch an seiner musikalischen Ummantelung in mitreißende Indie-Punker. Die treiben mal euphorisch an („j@@@@@“, „Für immer niemals da“), mutieren mal luftig locker zum Hit („Snacks“, „Manchmal“).
Lösungsansätze halten The Screenshots selbstverständlich nicht bereit. „2 Millionen Umsatz Mit Einer Einfachen Idee“ ist ja kein ausschließlich politisches Diskurs-Album. Auf deren Kunst wirkt sich die Umwelt der Musiker*innen dennoch aus. Und wenn diese Umgebung nunmal viel schlechtes birgt, dann findet das ebenfalls Einzug. Nur eben: humorvoll. Und natürlich: Mit viel Spaß und Freude!
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Und so hört sich das an:
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The Screenshots live 2021:
22.01. – Münster, Gleis 22
23.01. – Köln, Gebäude 9
16.02. – Bremen, Lagerhaus
17.02. – Hamburg, Molotow
18.02. – Berlin, SO36
19.02. – Leipzig, Naumann’s
24.02. – Wiesbaden, Schlachthof
25.02. – Karlsruhe, Kohi
26.02. – Nürnberg, Club Stereo
27.02. – Augsburg, Soho Stage
01.03. – Wien, B72 (AT)
02.03. – Salzburg, Rockhouse (AT)
03.03. – München, Feierwerk Kranhalle
05.03. – Dresden, Scheune
06.03. – Bochum, Trompete
Die Recht für das Cover liegen bei Musikbetrieb R.O.C.K.
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