Saturday Night Fever, Capitol Theater Düsseldorf, 10.09.2025

saturday night fever düsseldorf

Überall liest man vom Clubsterben. Davon, dass es einfach längst nicht mehr üblich ist, dass junge Leute am Wochenende tanzen gehen und daraus folgend viele Locations in den letzten Jahren dicht machen mussten. Wie aus einer anderen Zeit und wie ein kleiner Protest holt ShowSlot die Story zurück, die dafür zuständig war, dass Discos überhaupt so richtig trendeten: Saturday Night Fever zieht durch Deutschland und Österreich und sorgt für schwingende Hüften auf Theatersitzen.

Ok, zugegeben: Irgendwo läuft Saturday Night Fever eigentlich immer. Das Musical gehört zu den Stücken, die man mit ein wenig Recherche gleich mehrfach im Jahr in unterschiedlichen Inszenierungen sehen kann, häufig auf städtischen Theaterbühnen. Doch ShowSlot zieht nach vielen Jahren das Ganze wesentlich größer auf und lässt in rund zwei Monaten neun deutschsprachige Städte Disco-Fever spüren. Aufmerksamkeit ist schon vorab gefragt, werden manche Städte gerade einmal drei Tage bespielt. Lediglich München ist mit fast zwei Wochen Spieldauer langfristiger vertreten. Nach der Premiere in Stuttgart, die am 4.9. stattfand, geht es nun erstmalig nach NRW. Das Düsseldorfer Capitol ist bei der Preview am Mittwochabend, dem 10.9., etwas mehr als die Hälfte voll. Ungewöhnlich früh wird schon um 18:33 Uhr das Saallicht gedimmt.

In den vergangenen Jahren hat ShowSlot bewiesen, dass sie immer etwas “out of the Box” denken. Mit “Fuck Ju Göhte“, “Ghost – Das Musical“, “Rock of Ages“, “Das Spongebob Musical” und “Footloose – Das Musical” gab es gleich mehrere Shows, die man selten bis noch gar nicht in unseren Gefilden zu sehen bekam. Ganz starkes Kompliment. Ebenso die neu gedachte und mutige Gala “Musical Revolution” hat in Fankreisen richtig Eindruck hinterlassen. Die Macher*innen wissen also, womit sie was reißen können. “Die Cher Show” und “Dracula – Das Musical” sind bereits für den kommenden Winter angekündigt und wir haben einfach mal richtig Bock. Gleichzeitig muss man aber natürlich häufiger bei Produktionen, die nur wenige Tage an einem Ort spielen, etwas vorlieb nehmen, denn allzu große Bühnenbilder darf man nicht erwarten – und auch an Livemusik wird schweren Herzens gespart.

Doch beides fällt bei Saturday Night Fever in Düsseldorf wenig ins Gewicht. Obwohl die Songs vom Band kommen, wurden sie immerhin aufwändig eingespielt und klingen nicht nach 0815-Karaoke-Versionen. Wer also eher gelegentlich ins Musical geht, sollte damit schon mal gar kein Problem haben. Und auch im Bühnenbild macht der Klassiker nicht viel, aber das, was er macht, richtig: Eine urbane Atmosphäre, die zum New Yorker Vorort Brooklyn passt, voller wechselnder Ampellichter, hohen Stahlträgern und einigen beweglichen Disco-Räumen. Einer davon funktioniert auch für heimelige Szenen, und fertig ist das Set! Genügt.

Was macht Saturday Night Fever überhaupt aus? Tatsächlich ist besonders der Film, der 1977 mit John Travolta in der Hauptrolle in den Kinos anlief, ein Stück Filmgeschichte. Zwar gab es das Genre des Musicalfilms schon eine Weile, jedoch löste es noch nie so einen Hype aus. Plötzlich strömte die ganze Welt ins Nachtleben, um ein Stück des Disco-Feelings aus dem Kino selbst zu erleben. Um sich schon zuhause einzustimmen, verkaufte sich der dazugehörige Soundtrack irrsinnige 40 Millionen Mal – Platz 7 der meistverkauften Alben überhaupt. Auch wenn die Bee Gees, von denen ein Großteil des Soundtracks stammte, schon vorab ziemlich gut performten, wurden sie spätestens jetzt zu den erfolgreichsten Bands der Zeit. Ein außergewöhnlicher Erfolg, der rund 20 Jahre später, nämlich im Juli 1998, fortgesetzt wurde. Dann startete in London die Musicaladaption des 70s-Hits und nur ein Jahr später bereits die deutschsprachige Erstaufführung im Musical Dome Köln, die dort bis 2002 für ein volles Haus sorgte.

Nun geht das Ding also in Düsseldorf und vielen anderen Städten weiter. Musicalfans sollten – wenn sie es eh nicht schon längst getan haben – zumindest einmal die Show mitnehmen, auch wenn man 2025 am ehesten wohl mit der sehr klischeehaften Story zu kämpfen hat. Tony Manero ist 19, Italo-Amerikaner, und im ständigen Clinch mit seiner strengreligiösen Familie. Sein Bruder ist Priester, er hingegen in einem Farbenladen eher schlecht als recht beschäftigt. Eigentlich lebt er nur fürs Wochenende, das er in der Disco “2001 Odyssey” verbringt, wo er dank seines gekonnten Hüftschwungs der Star ist. Als er von einem Tanzwettbewerb hört, sieht er das als große Chance, um auszubrechen und ganz nebenbei seine Liebe zu finden…

Ja, Saturday Night Fever ist wahrhaftig kein Stück, das man wegen der Geschichte guckt. Die ist ganz schön dramatisch, mit Suizid, häuslicher Gewalt und mehr sogar äußerst heftig. Außerdem: Chauvi-Getue und unnötige Beleidigungen, die zwischenzeitlich echt nerven. Im Plot gibt es keinerlei Überraschungen, das allermeiste löst sich irgendwie zum Guten auf – aber die Vorlage ist eben auch 48 Jahre alt, das darf man nicht vergessen. Sehgewohnheiten verändern sich, ebenso gesellschaftliche Normen, Lebenskonzepte und Standards. Schafft man es also über einige leicht unangenehme Momente hinwegzusehen, hat man einen sehr kurzweiligen, groovigen Abend.

Denn das Herzstück ist die Cast – und die macht ihre Arbeit richtig gut. Besonders tänzerisch punktet die Produktion durchweg mit sehr starken, dynamischen Choreografien, die die Darsteller*innen herausfordern, aber mit viel Lockerheit präsentiert werden. Für Szenenapplaus sorgen ein paar beeindruckende Hebefiguren. Sowieso sind die großen Ensemblenummern am besten, darunter zählen Banger wie “You Should Be Dancing” und “Disco Inferno”, übrigens eines der wenigen Nicht-BeeGees-Songs, aber schon eines der Film-Highlights in 1977. Spätestens beim dritten “Burn, Baby, Burn” fällt es schwer, vom Sitzplatz aus nicht mitzusingen. Auf mehreren Ebenen und mit schicken Lichteffekten untermalt sind das schöne Momente, die die 70s-Ära in die Landeshauptstadt katapultieren.

Mit Alexander Auler als Tony hat man genau die richtige Besetzung. Der aus Gütersloh stammende Darsteller hat sich in den letzten Jahren an vielen Häusern einen Namen gemacht und kann hier, nachdem er schon vor drei Jahren den Danny in “Grease” spielte, endlich wieder tänzerisch voll auftrumpfen. Er ist ein super Paket zwischen hübschem Retro-Look, sexy Moves, aber noch mehr emotionalen Vocals, die er bei seinem Solo “Immortality” – ja, das ist das Lied von Céline Dion, das jedoch von den Bee Gees schon kurz zuvor fürs Musical geschrieben wurde – genau auf den Punkt bringt. Im Zusammenspiel mit der Hauptdarstellerin Shania Ochsner als Stephanie Mangano entsteht in den beiden Duetten “More Than A Woman” und “How Deep Is Your Love” eine schöne Chemie. Auch Marije Louise Maliepaard als Annette überzeugt und bekommt die größten Belting-Augenblicke in ihrem Song “If I Can’t Have You”. Größte Überraschung auf der Bühne ist jedoch der ehemalige DSDS-5.-Platzierte sowie Dschungelcamp– und MaskedSingerSwitzerland-Gewinner Joey Heindle. Sein Abstand zum Medienrummel hat er offensichtlich hervorragend genutzt, um neben der Rettungssanitäter-Ausbildung auch stimmlich einiges zu lernen – als Monty hat er zwar wenig Schauspiel, dafür aber mit “Disco Inferno” und anderen Hits gleich mehrere richtig coole Showstopper. Im goldenen Anzug ist er stimmlich zwar nicht der beste, aber kann sehr gut mithalten und macht als extrovertierte Rampensau eine tolle Figur. Sehr charmantes Gimmick!

Hier nimmt man einige Ohrwürmer mit nach Hause. Ob “Stayin’ Alive”, das bis heute in vielen Rankings zu Filmsoundtracks auf den vordersten Plätzen landet, “Night Fever”, “How Deep Is Your Love” oder “You Should Be Dancing” – der Sound ist legendär und völlig unverkennbar. Saturday Night Fever als Musical ist kultig und hat in der aktuellen Tourproduktion starke Mitwirkende. Mit einer Länge von gerade einmal 110 Minuten plus Pause ist das Ganze etwas kurz und die Story etwas sehr old schoolig – Spaß hat man aber allemal. Direkt nach dem Besuch den Original Soundtrack auf Vinyl auflegen, hat übrigens besonders viel Stil. Als kleiner Tipp am Rande.

Termine der Saturday Night Fever-Tour:

10.09.-14.09. Düsseldorf, Capitol Theater
16.09.-21.09. Hamburg, Inselpark Arena
25.09.-28.09. Frankfurt, myticket Jahrhunderthalle
02.10.-05.10. Duisburg, Theater am Marientor
07.10.-09.10. Bremen, Metropol Theater
14.10.-26.10. München, Deutsches Theater
29.10.-02.11. Graz (AT), Helmut List Halle
05.11.-09.11. Köln, Motorworld

Und so sieht das aus:

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Foto von Christopher Filipecki

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