Interview mit Departures über „Death Touches Us, From The Moment We Begin To Love“!

Departures - Hardcore - Interview

Wir waren am vergangenen Wochenende in der Metropole Lüdenscheid, um mit Sean Cosgrove, dem Bassisten der schottischen Melodic-Hardcore-Band Departures, über das aktuelle Album seiner Band, das touren als unbekanntere kleinere Band in Do-It-Yourself-Manier und die Jugend zu sprechen.

minutenmusik: Hi Sean! Euer drittes Album „Death Touches Us, From The Moment We Begin To Love“ ist vor einigen Monaten erschienen. Was bedeutet die Platte dir persönlich?

Sean Cosgrove: Für uns ist das Album eine Kombination aus all den Dingen, die unsere Band bis dahin ausgemacht haben. Diesmal waren wir für die Aufnahmen viel besser vorbereitet, was auch dazu geführt hat, dass es eben so klingt, wie wir es haben wollten. Wir haben vorher ja auch schon einige Platten aufgenommen, die aber viel gehetzter entstanden sind. Da hat uns das Label dann vorgegeben, wann das Album rauskommen soll und wann die Aufnahmen starten sollen, woraus resultiert, dass man noch im Studio letzte Schliffe an den Songs vornehmen muss. Diesmal hatten wir viel Zeit zu entdecken, was wir wirklich machen und wie wir klingen wollen. Das ist echt eine Platte, mit der wir glücklich sind. Oftmals bringt man ein Album raus und ärgert sich im Nachhinein manche Dinge nicht geändert zu haben. Bei der Platte ist das echt nicht so. Es fühlt sich so an, als ob die Platte uns selber sehr gut repräsentiert und wir es gut geschafft haben unsere Gefühle auszudrücken.

minutenmusik: Das Cover und der Titel des Albums sind sehr auffallend! Kannst du uns erzählen, was die Idee hinter diesen beiden Sachen war?

Sean Cosgrove: Das Bild auf dem Cover ist aus Glasgow, woher wir auch kommen. Ein französischer Fotograf hat in den 80ern die Stadt besucht und das, was er gesehen hat, fotografiert – also die Slums und so. Wir finden, dass dieses Bild repräsentativ dazu steht, wie es ist in Glasgow aufzuwachsen – es ist grau, es ist nass, es ist sinnlich. Jeder verbindet denke Ich etwas mit dieser Stimmung – mit dem Gefühl alleine im Regen zu stehen. Wegen des Titels: Der ist einfach sehr vielsagend. Das erste mal, als Ich den gehört habe, dachte Ich nur „Wow, das ist traurig!“. Darauf gekommen ist James [McKean, Gesang]. Das fasst auch ganz gut zusammen, worum es in all unseren Leben geht. Im Älterwerden realisiert man das irgendwann.

minutenmusik: In „Death Of Youth“ heißt es „Wait til’ tomorrow they say, but what if it doesn’t come. Because so many things keep ending as if they never really begun.“ Worauf hast du in der Vergangenheit zu lange gewartet und was würdest du jetzt anders machen?

Sean Cosgrove: Wenn man aufwächst, denkt man ab und an immer Sachen wie „Ich mache das morgen.“ und verschiebt Dinge. Selbst so wichtige Sachen, wie Besuche bei den Großeltern, wo man sich denkt, dass man ja auch nächste Woche oder nächsten Monat hin gehen kann. Dann kann es aber auf einmal zu spät sein. James hat zum Beispiel seinen Großvater verloren, Daniel [Nash, Gitarre] letztens über Nacht seinen Vater. Einfach ohne Warnung. Natürlich kann man immer sagen, dass man etwas noch später macht, dann kann es aber sein, dass es nie passiert, weil es zu spät ist. Jeder hat da seinen eigenen Bezug zu. Das ist auch etwas, was James erreichen möchte. Natürlich sind seine Texte auch sehr persönlich, aber man auch kann eigentlich immer eine persönliche Verbindung zu ihnen aufbauen.

minutenmusik: Denkst du, dass Musik Menschen durch harte Zeiten helfen kann oder denkst du eher, dass sie harte Zeiten nur noch härter machen?

Sean Cosgrove: Ich glaube, dass Musik in jedem Fall helfen kann! Sie ist sehr heilend. Ich bin mir nicht sicher, wie das in Deutschland ist, aber britische Menschen tuen es sich sehr schwer Gefühle zu zeigen – besonders Männer. Man ist da nicht sonderlich offen. Musik erlaubt diesen Menschen sich zu öffnen und das zu sagen, was man sonst vielleicht nie zu einem Freund sagen würde. Wir kriegen viele Nachrichten von Menschen, die uns erzählen, dass unsere Musik ihnen sehr geholfen hat oder genau auf den Punkt bringt, wie sie sich fühlen. Das ist toll! Wir hätten uns früher nie vorstellen können, dass wir sowas auf die Beine stellen können. Also ja, Musik kann sehr helfen.

minutenmusik: Um nochmal auf eure Musik zu sprechen zu kommen: Was würdest du als euren größten musikalischen Einfluss zählen?

Sean Cosgrove: Das ist eine gute Frage! In Köln haben wir ein Interview geführt, bei dem James gefragt worden ist, was seiner Meinung nach das beste Album aller Zeiten ist [Das Interview wird später hier zu finden sein!]. Die haben das dann auch mitgebracht. Er hat sich die Selftitled von „American Football“ ausgesucht. Außerdem ist er noch sehr von „The Smiths“ beeinflusst. Daniel würde vermutlich „Bruce Springsteen“ oder sowas nennen, was komisch ist, weil das so überhaupt gar nicht Hardcore ist. Wir ziehen aber Einflüsse aus den verschiedensten Dingen. Ich denke, dass alles, was in deinem Leben vor sich geht, sich auch auf deine Musik abfärbt. Die Geschehnisse im Leben wirken sich genauso auf die Musik aus, wie es eine Platte oder eine Band tut.

minutenmusik: Ihr seid momentan auf Tour durch Deutschland, die Niederlande und andere europäische Länder. Wie kann eine so kleine Band, wie ihr es seid, in Do-It-Yourself-Manier durch die Welt reisen und solch kleine Shows spielen ohne dabei in den finanziellen Ruin getrieben zu werden?

Sean Cosgrove: Das ist tatsächlich sehr schwierig. Als wir die Tour gebucht haben, war die erste Show, die wir bekommen haben, in Paris. Wir leben ganz im Norden der UK, in Glasgow, was dazu geführt hat, dass wir erstmal eine Show in London spielen mussten, um uns überhaupt leisten zu können nach Paris zu gelangen. Da mussten wir durch den Euro-Tunnel, der alleine in etwa 250 britische Pfund oder so kostet, dazu kommt dann noch der Sprit. Wir sind alleine acht Stunden bis nach London gefahren. Zuallererst muss man auch viel Zeugs online verkaufen. Wir haben vor der Tour eine gute Menge Merchandise online verkauft, was uns auch ein gutes Polster bis zur ersten Show gegeben hat. Die Gagen, die man bekommt, sind hier sehr gut und wir haben auf Tour einiges an Merch verkauft. Wir hatten auch das Glück, dass unsere Plattenlabels „Holy Roar“ und „No Sleep“ uns einige Platten geschickt haben, damit wir diese unterwegs verkaufen können. Die haben uns erlaubt das alles erst nach der Tour bezahlen zu müssen. Wir haben auch einen Freund, der Merch druckt. Den müssen wir auch erst nach der Tour bezahlen. Es hilft sehr die richtigen Menschen zu kennen. Glücklicherweise hat man auch immer tolle Menschen in den Venues, die einem leckeres Essen kochen. Das ist so viel besser in Mittel-Europa, als in der UK. Deshalb spielen wir auch kaum noch dort. Deutschland ist echt der beste Ort um Shows zu spielen. Belgien und die Niederlande sind auch toll – Frankreich leider nicht so. Einige Freunde von uns haben da letztens auch gespielt und haben ähnliches berichtet. Länder, wie Deutschland sorgen dafür, dass wir weitermachen können und kaufen unseren Merch. Aber ja, das ist schon eine Herausforderung so eine Tour.

minutenmusik: Ihr habt in der Vergangenheit auch schon mit größeren Bands wie „Pianos Becomes The Teeth“ gespielt. Was magst du lieber: Größere Club-Shows oder kleine Do-It-Yourself-Shows?

Sean Cosgrove: Es ist schön einen Mix von beidem zu haben! Auf der anderen Seite kommen die Leute bei Shows von größeren Bands wie „More Than Life“ meistens wegen der Band und kaufen deren Merch. Das macht es manchmal sehr schwer mit solchen Bands zu spielen, auch, weil die Gagen nicht so hoch sind. Das gute daran ist aber, dass einige vielleicht deine Band entdecken. Deshalb lohnt sich das. Aber um ehrlich zu sein ist eine Headline-Tour für uns viel einfacher.

minutenmusik: Heute spielt ihr in Lüdenscheid, einem Ort von dem ihr vermutlich nie zuvor gehört hattet. Wie ist das für dich zu all diesen neuen Plätzen zu kommen?

Sean Cosgrove: Das ist fantastisch! Die anderen erzählen zu Hause auch immer, dass das der beste Weg zum Reisen ist. Man sieht Dinge, die man nie sehen würde – kommt an Orte, die man sonst nie besuchen würde. Ich kenne keinen, der jemals schonmal von Lüdenscheid gehört hat. Das ist von unserer Seite vielleicht auch Ignoranz – britische Ignoranz. Aber ihr würdet vermutlich auch nicht an einen Ort in Schottland reisen, von dem ihr noch nie etwas gehört habt. Wir sind dafür aber sehr dankbar, weil wir sonst auch vieles nie erlebt hätten. Wir waren Ende 2014 zum Beispiel auch in Japan. Diese Chance hätte Ich sonst vermutlich nie gehabt. Selbst als wir da waren haben wir noch so viele neue Orte und Menschen, die man auch sonst nie treffen würde, kennengelernt. Das ist ein echt toller Weg zu Reisen und die Welt zu sehen.

minutenmusik: Wenn man in Deutschland über die schottische Musikszene spricht, fallen meistens Namen von Bands wie „Biffy Clyro“ oder „Twin Atlantic“, die eher Alternative-Rock machen und sehr wenig mit Hardcore zu tun haben. Das sieht alles eher danach aus, dass es mehr eine Rock-Szene in Schottland gibt und kaum eine Hardcore-Szene. Würdest du dem zustimmen oder widersprechen?

Sean Cosgrove: Im weltweiten Vergleich würde Ich dir zustimmen. Die Musik, die aus Schottland exportiert wird, ist hauptsächlich Indie-Rock. Es gibt aber eine gute DIY-Hardcore-Szene, aus der jedoch kaum größere Bands entspringen. Wir haben alle auch schon in unterschiedlichen anderen Hardcore-Bands gespielt. Ich war beispielsweise in einer Band, die „By My Hands“ heißt, mit der Ich auch in Amerika war. Durch Europa sind wir mit einer Band namens „Lifeless“ aus Amerika auch getourt. Es gibt gute bekanntere Bands in der schottischen Hardcore-Szene, aber keine Größen wie „Biffy Clyro“ oder „Twin Atlantic“. Wir sprechen über das Thema tatsächlich viel. Es ist sehr schwer eine große Hardcore-Band zu sein. Man muss dafür eigentlich immer anfangen zu singen. Die Szene in Glasgow ist aber ziemlich gut! Die meisten Bands entstammen auch aus dieser oder aus Edinburgh. Glasgow ist aber auch immer der erste Anlaufpunkt für amerikanische Bands, wenn die nach Schottland kommen. Die Szene an sich ist aber cool!

minutenmusik: Das klingt nach einem guten kreativen Ort! Vielen Dank für das Interview!

Sean Cosgrove: Sehr gerne!

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https://www.youtube.com/watch?v=0Vsg-Y8INhU

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English Version:

minutenmusik: Hi Sean! You guys released your third record „Death Touches Us, From The Moment We Begin To Love“ a few months ago. What does that record mean to you personally?

Sean Cosgrove: For us it is a combination of everything up to that point. For that record we were a lot more prepared and it turned out how we wanted it. We have done records before as kind of rushed – Like our label says it has to be out on that point or recording will be then and then you end up finishing some of it in the studio on last minute. For this one we had a lot of time to explore what we wanted to do with it and what we wanted to sound like. It is a record, that we are happy with. Often times when you release music you think “I wish I would have done that“ afterwards. This is not the case this time. We feel like the record represents us quite well and that we were actually able to express what we feel.

minutenmusik: Can you tell us, what the idea behind the cover and the title of the album was?

Sean Cosgrove: The cover is a photograph from Glasgow, where we come from, in the eighties. A french photographer came to Glasgow and photographed what he saw of the city in that time – like the slums. We feel like that picture is quite representative what it feels like to grow up in Glasgow – it’s gray, it’s wet, it’s measurable. Anybody can relate to that kind of mood, to feel left alone in the rain. As far as the title goes: It’s a measurable title. The first time that we talked about it I was like “Wow, that’s sad!“. It came from James and sums up what all our lives are about. That’s the thing of getting older and the realization of that.

minutenmusik: In “Death Of Youth“ James sings “Wait til’ tomorrow they say, but what if it doesn’t come. Because so many things keep ending as if they never really begun.“ For what did you wait to long in the past and what would you have changed if you would be in that situation again?

Sean Cosgrove: When you get older you always think things like “I wait to do this“ and “I wait to do that“. Even something like you don’t visit your grandparents enough and think “I go next week“ or “I go next month“ and then suddenly it is to late. James for example lost his granddad, Daniel [Nash, Guitar] lost his dad suddenly over night with no warning. You can always say, that you will do it tomorrow, but that may not happen or be too late by that point. Everyone can relate to that in their own way. I think that is something, that James aims for. Obviously the lyrics are also personal to him, but you can always relate to them in your own way.

minutenmusik: Do you think, that music can help people to get through hard times or do you think, that it can make hard times even harder, cause it just helps you realize how bad everything is?

Sean Cosgrove: I think it can definitely help! It is very cathartic. I am not sure what it is like in Germany, but for British people it is hard to show your feelings – especially as a men. They are not very opened. I think music allows many people to open up and maybe say what you would never be able to say to a friend. We get lots of messages of people, that say, that our music really helped them or summed up how they felt. That is great! We could have never imagined, that we could do that. So yeah, I think it is very helpful.

minutenmusik: What would you consider your biggest musical influence?

Sean Cosgrove: That is a big question! In cologne we did an interview, where they asked James, what one if his favorite records is and they brought it along. He picked “American Football“s – selftitled. He is also hugely influenced by The Smiths for example. Daniel would say Bruce Springsteen or something like that, which is strange, because it is not hardcore. We take inspirations from a lot of things. I guess everything in your life is an influence on your music. Your life events can influence your music, as much as another record or band.

minutenmusik: Currently you are touring Germany, the Netherlands and other european Countries. How can such a small band, like Departures, touring in do-it-yourself-style, play such small shows so far away from home without loosing tons of money?

Sean Cosgrove: It is very difficult. When we booked the european tour the first date was Paris. Where we live – in Glasgow – is the top of the uk, so the first thing we had to do is play a show in London on our way to be able to afford to get to Paris, because we had to pay for the Euro-tunnel. That is like 250 Pounds or something before you even gone anywhere plus petrol. It took us about eight hours to drive to London. First and foremost you have to sell stuff online. We sold some good merch online, which gave us some good money on the way to get to the first show. The guarantees are being pretty good and we have sold decent amounts of merch. We were also lucky enough, that our record label “Holy Roar“ and “No Sleep“ send us records to sell them and told us to pay for them, when we come back. We also got friends, who print merch, who did the same. Knowing the right people helps. If we had to pay for all of that before we came here, it would have been impossible. Luckily you have guys like the people from the venue who make foods for you on tour. This is so much better in mainland Europe, than in the UK.  We hardly play in the UK anymore. Germany really is the best place to play shows. Belgium and Holland are also good to play – France actually not. A couple of our friends also say that about France. Countries like Germany keep us going and buy our merchandise. But yeah, it it tough.

minutenmusik: You also toured with bigger bands, like Pianos Becomes The Teeth in the past. What do you prefer: Playing small do-it-yourfelf-style shows or bigger clubs?

Sean Cosgrove: It is nice to have a mixture of both! But at the same time touring with bigger bands, like touring with a Band like “More Than Life“, people come to the show to see them and buy their merch. This sometimes makes it a lot harder to tour with bands like that. The guarantees are smaller and you sell not that much merch. The decent thing I guess is, that people might discover your band. That is great and makes it worth it. But honestly a headline tour is much easier for us.

minutenmusik: You are playing Lüdenscheid today, of which you probably have never heard before. How is coming to all these new places for you?

Sean Cosgrove: Fantastic! The others tell people at home, that this is the best way to travel. You get so see things, that you would never see – come to places you would never visit. I do not know anyone who has heard of this place. I mean this is ignorance on our part – British ignorance. But you guys would also never travel to a place in Scotland you have never heard of. We are really grateful for it, because we would have never come here otherwise. We went to Japan in the end of 2014. That is a chance I possibly would have never get again. Even when we were there we got to see so many places and meet people you would never meet. It is a great way to travel and see the world.

minutenmusik: Speaking about the Scottish music scene people mostly think of bands like “Biffy Cylro“ or “Twin Atlantic“, which are more Alternative-Rock than Hardcore. For German people it looks like there is more a rock scene in Scotland, than a Hardcore scene. Would you agree with that statement or would you disagree?

Sean Cosgrove: I would agree on a global scale. The music that comes from Scotland is certainly Indie-Rock. There is a decent DIY-Hardcore-Scene, but it is hard for those bands to get bigger. We all played in various other hardcore-bands. I was in a Band called “By My Hands“ from Glasgow and we toured America. We also toured Europa with a band called “Lifeless“ from America. There are bands, that do well, but not like “Biffy Cylro“ or “Twin Atlantic“. We talk about this a lot. It is hard to be a big hardcore-band. You have to cross over to singing to be really big. But the scene in Glasgow is pretty good! Most bands go through that City or through Edinburg, but that is it. Glasgow is the destination for american bands to come to Scotland. But yeah, the scene is great!

minutenmusik: That is it! Thank you very much for your time!

Sean Cosgrove: You are welcome!

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