Dido, Mitsubishi Electric Halle Düsseldorf, 19.05.2019

Dido Düsseldorf

Fünf Alben in 20 Jahren ist nicht der dickste Output. Dido scheint das wenig bis gar nicht zu interessieren. Trotz des stetig weniger werdenden Erfolgs bleibt sich die Britin mit französischen und irischen Wurzeln treu und legt in den letzten Jahren lieber mehr Wert auf das Leben als Mutter, statt mit neuer Musik an alte Erfolge anzuknüpfen. Deswegen war die Wartezeit zwischen ihrem letzten Longplayer und der aktuellen Platte „Still on My Mind“ mit sechs Jahren bisher die längste. Außerdem stand sie das letzte Mal vor fast 15 Jahren für ein eigenes Konzert auf deutschen Bühnen. Eine Tour war also mehr als nur überfällig. Die gibt es den kompletten Mai über in ganz Europa zu sehen.

Das Publikum, das sich am 19.5., einem Sonntagabend, in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf versammelt, ist für ein Popkonzert äußerst gesittet. Das Durchschnittsalter hat schätzungsweise an der ersten Stelle bereits eine Vier stehen und besteht aus vielen schick angezogenen Paaren. Der Innenraum ist bestuhlt und komplett besetzt, die Ränge lassen einige Lücken zu. Insgesamt wollen knapp 3000 Leute die Künstlerin sehen.

Stilvoll beginnt der Supportact pünktlich sein Programm. Die ebenfalls britische Sängerin Sonia Stein spielt sieben Songs im Soul-Pop-Gewand. Ihr angenehmer Sound in der Stimme sorgt dafür, dass das Publikum ruhig bleibt, gespannt zuhört und sie auch ansprechend mit Beifall belohnt. Sie hat einen Keyboarder dabei, der ihr eine reduzierte akustische Untermalung zaubert, sodass das Gefühl keinesfalls fehlt. Auch ihr „There Must Be An Angel“-Cover der Band Eurythmics kann sich sehen lassen. Ein angenehmer und gut ausgewählter Opener für den Abend.

Der Umbau erfolgt zügig und bestätigt Erwartungen. Dido hat wenig Lust auf viel Geschnörkel. Stattdessen besteht das Bühnenbild nur aus den fünf Musikern inklusive ihrer Instrumente, zwei großen Gerüsten mit langen weißen Vorhängen, ein paar unaufgeregten Projektionen und etwas buntem Licht. Um 20:59 wird es im Saal dunkel und freudiger Beifall ertönt. Nach einem kurzen sphärischen Intro der Band, die aus einem Gitarristen, Bassisten, Drummer, Keyboarder und Perkussionisten besteht, ist Frau Armstrong am Start.

Leider dauert es nur wenige Minuten, um das größte Manko der Show zu offenbaren: das neue Album „Still on My Mind“ ist nicht nur das bisher schlechteste Werk von Dido, sondern schlichtweg langweilig. Das fällt schon bei den beiden Openern „Hurricanes“ und „Hell After This“ auf, die eher schwache Anheizer sind. Songs mit wenig erkennbarer Struktur und keiner durchbrechenden Hook haben es auf einem Popkonzert der Größe einfach schwer. Man hört hier ja nicht die Platte mit geschlossenen Augen über Kopfhörer. Reduziert man sich zusätzlich bei der Show auch noch nahezu ausschließlich auf die Musik und spart andere unterhaltsame Elemente aus, wird es einfach etwas ermüdend. Musikalische Reife hin oder her.

Aber zum Glück hat die unglaublich sympathische und lockere 47-jährige Tracks aus allen fünf Alben dabei. Bereits als drittes folgt einer ihrer großen Hits „Life for Rent“ – und plötzlich weiß man wieder, warum man Dido mag. Ihre puristische Art Pop mit leichten Elektrobeats zu verbinden und das dann auch noch folkig klingen zu lassen, ist eben doch recht einzigartig geblieben. Auf ihren beiden ersten Alben „No Angel“ und „Life for Rent“ gelang das wirklich hervorragend. Genau dieses Gefühl, das sie Anfang bis Mitte der 2000er in die Musik brachte, erklingt nun auch in Düsseldorf. Es ist wirklich auffällig, dass bei jedem der insgesamt acht Songs, die sie aus den ersten beiden Alben in ihre 21 Songs starke Setlist gepackt hat, das Publikum mitschwingt, mitfilmt, mittanzt oder mitsingt und es bei nahezu jedem anderen Song lässt.

Klare Highlights des Gigs sind neben dem bereits erwähnten der Ohrwurm „Hunter“, ihr erster großer Wurf „Here With Me“, der Song „Thank You“, der Eminem dank eines Samples in „Stan“ zum Welthit verhalf, „Sand in My Shoes“, zu denen das Publikum erstmalig aufsteht und sich lächelnd im Takt bewegt und natürlich ihr einziger Nr. 1-Hit „White Flag“. Absolut enttäuschend: kein „Don’t Leave Home“. Von dem neuen Album funktioniert der Dance-Pop in „Mad World“ gut und erhitzt die Stimmung. In „See You When You’re 40“ und „Sitting on the Roof of the World“ zeigt die Sängerin ihre reduziert-emotionale Bandbreite und wird mit ihrem Song „Have to Stay“, den sie für ihr Kind schrieb, besonders persönlich.

Die Atmosphäre hätte man mit etwas mehr Bühnentechnik noch ausreifen können. Dafür entpuppt sich Dido aber als eine lustige und spontane Persönlichkeit, die gut durch den Abend moderiert und schöne Geschichten erzählt. Angefangen über ihre rudimentären Deutschkenntnisse, über die sie sich lustig macht, bis hin zu Urlaubsflirts, von denen sie glaubt, dass Engländer überwiegend deshalb überhaupt in den Urlaub fahren.

Leider schwächen die acht Titel der aktuellen Platte, die mehr als ein Drittel der Show ausmachen, den Gesamteindruck ein wenig. So richtig kriegt das auch die Fans nicht, das merkt man. Sobald die neuen eintönigen Titel erklingen, wird eigentlich nur auf das nächste Highlight gewartet. Aufgrund ihrer äußerst erfrischenden Art, einigen wirklich bravourösen Songs und einem perfekten Klang im Raum ab der ersten Musiknote, ist die aktuelle Dido-Tour aber für Fans dennoch empfehlenswert – wer weiß, ob man beim nächsten Mal wieder 15 Jahre zu warten hat.

Und so hört sich das an:

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Bild von Christopher.

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