Freya Ridings, Live Music Hall Köln, 29.01.2020

Freya Ridings

Popstars auf dem Sprung sind ein Phänomen, das große Höhenunterschiede für die Zukunft offen hält. Folgen könnte ein rasanter Aufstieg in die größten Stadien und eine treue Anhänger*innenschaft für die nächsten Jahre – oder aber der schnelle Absturz in die Vergessenheit. Auf dem Sprung ist auch der richtige Ausdruck für Freya Ridings: Die britische Singer-Songwriterin trat noch vor knapp 15 Monaten beim Hamburger Reeperbahn Festival als gänzlich unbeschriebenes Blatt auf. 2019 dann der große Knall – auch wenn das für die zarte Ballade “Lost Without You” wohl nicht ganz der richtige Begriff ist. Mit “Castles” folgte dann auch ganz schnell der zweite Riesenerfolg. Nur konsequent dass das zugehörige Debütalbum sehr gut lief und die anstehende Tour einige Hallen ausverkauft. Aber was steckt nun hinter dem Phänomen und der grandiosen Stimme? Schnödes One Hit Wonder oder potenzielle Adele-Nachfolgerin?

Jack Cullen

“Alles hier ist Hand gemacht”

Support-Act Jack Cullen (Bild) verbildlicht treffenderweise genau die Sorge, die man vor dem Auftritt des Hauptacts spüren könnte. Denn obwohl der Brite mit Gitarre und authentischer Sympathie seine sieben Songs ganz alleine präsentiert, kommt das Ganze nicht über das schlimmste aller Fazite hinweg: nett. Zu unspektakulär seine Stimme, zu eintönig die Songs, zu monothematisch die Texte. Denn natürlich handelt jeder einzelne Song von der großen Liebe – ein Faktor, der den Support neben dem Geburtsort London mit Freya Ridings verbindet. Schon als sich die 26-Jährige nach dem schicken Intro ihrer Band an den Flügel setzt, erzählt sie von ihrem für sie überraschenden Weg in die großen Hallen. Herz gebrochen, Songs darüber geschrieben, von denen sie nicht dachte, dass sie jemand hören würde. Schon tausend Mal gehört, aber dank Ridings aufrichtiger und sehr dankbarer Art, freut man sich dann doch wirklich ehrlich für sie. Vor allem deswegen, weil sie noch etwas mit Jack Cullen verbindet: Popmusik hat hier nichts mit Autotune, Playback, großen Kostümwechseln oder synthetischen Sounds zu tun, sondern wird komplett Hand gemacht.

Größe im reduzierten Gewand

Elf der dreizehn Songs bleibt Freya Ridings am Flügel sitzen, spielt jeden Akkord selbst. Sonstiger Schnickschnack wird gänzlich ausgelassen, sogar die Lichtshow beschränkt sich auf monochrome Lampenschirme, die von der Decke hängen. Von der Unterstützung durch Bassist, Gitarrist, Schlagzeuger und Keyboarder/Cellist profitieren die Arrangements am heutigen Abend dafür ungemein. Denn anstatt sich einzig um Ridings warmer Stimmfarbe zu kreisen, breiten sich auch gerne weitere Soundflächen aus, auch die antreibenden Beats sorgen in einigen Songs für den nötigen Druck. Schaden tut das den doch leider nicht ganz so abwechslungsreichen Songs auf jeden Fall nicht. Doch gerade wegen dieser Stimme wird der Auftritt dann so außergewöhnlich, denn so ein Gesangstalent hat die Popwelt in den letzten Jahren wahrlich vermisst. Trotz des zarten Alters von 25 Jahren sitzen die Tönen hier selbst in den herausforderndsten Melodiebögen, was vielleicht erklärt, warum sich das Publikum in den Mitsing-Passagen doch sehr ziert. Anderes Argument: Präsentiert wird der Abend von WDR 2 und dementsprechend hoch ist der Altersdurchschnitt. Gut durchgemixt ist das Publikum aber dennoch, denn auf diese reduzierte, bewegende Musik können sich wohl die meisten einigen. Nach einer exakten Stunde Spielzeit inklusive dem spannenden Yeah Yeah Yeahs-Cover “Maps”, dem an der Gitarre gesungenen “Unconditional” und dem Gospel-Closer “Holy Water” bedankt sich Ridings nochmal lieb und wird umjubelt verabschiedet.

Als sich die Massen Richtung Ausgang bewegen, wird vielerorts gemurmelt: “Ist das jetzt die nächste Adele?” Was Stimmgewalt und elegantes Auftreten betrifft, kam diesem Titel jedenfalls schon sehr lange niemand mehr so nah. Ob die Songwriting-Qualitäten der Britin aber mit der Hitdichte des Idols mithalten können, bleibt abzusehen. Immerhin kann beruhigt festgestellt werden: Der heutige Auftritt war trotz der auf das Mindestmaß reduzierte Show weit mehr als nur “nett”.

Tickets für die Tour bekommst du hier.*

Und so hört sich das an:

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Freya Ridings live 2020:

  • 05.02. Muffathalle, München (ausverkauft)
  • 06.02. Batschkapp, Frankfurt
  • 07.02. Metropol, Berlin
  • 09.02. Grosse Freiheit 36, Hamburg (ausverkauft)

Beitragsbilder von Julia.

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