Ein Orchester in der Live Music Hall in Kölle. Das sieht man äußerst selten. Diese Chance hatte man allerdings am 19.09., wenn man Tickets für den ausverkauften José González ergattern konnte. Der ansonsten eher für reduziertere Musik bekannte Schwede mit argentinischen Wurzeln gönnte sich zum 40. Geburtstag ordentlich. Neben ihm standen gleich 20 (!) weitere Musiker der Kombo The String Theory auf der Bühne.
Ebendarum wurde auf eine Vorband verzichtet. Der gesamte Platz war bereits ausgeschöpft, um alle Instrumente, Stühle und Notenständer unterzubekommen. Stattdessen ging das Konzert einfach 20 Minuten später los. Die Besetzung zeigte sich als äußert spannend, da zwar jedem Künstler ein Hauptinstrument zugeordnet, aber daneben von jedem noch weitere Elemente gebraucht wurden. Da raschelt die Hälfte fürs Intro mit Plastiktüten, später singen alle mehrmals als Backgroundchor und der Dirigent benutzt für einen prägnanten Klang eine Bohrmaschine. Ja, man wusste nicht so recht, wo man zuerst hinschauen sollte. Von einigen Streichern über ein ganzes Bläserquintett bis hin zu Drumcomputer und analogem Schlagzeug war hier alles vertreten.
Ungewöhnlich: für ein Orchester waren alle mit stinknormalen Straßenklamotten angezogen. Klar, der eine etwas schicker als der andere – der Dirigent beispielsweise trug aber einfach ein übergroßes schwarzes Tshirt, das zum Ende nur noch aus einem Schweißfleck bestand, so warm war es in der Hall. Der Protagonist José saß mit seinen paar Gitarren fast pausenlos auf einem Stuhl und überlebte demnach die unangenehme Hitze schadenlos. Insgesamt wirkte das Orchester optisch wie in einer Probe – allerdings wusste hier jeder, was er wann zu tun hat. Das war eben nicht wenig und häufig sogar wechselnd im Song.
Und dennoch war es insgesamt nur ganz nett! Die aufwändigen Arrangements sorgten dafür, dass der Gesang von José gut untermalt wurde und die Stücke spannender machte. Das klingt ein wenig gemein, aber eine Bestuhlung hätte einiges besser gemacht. Es handelt sich eben um Musik, bei der man gern die Augen schließt und nur äußerst selten tanzt. Wirklich mitgegroovt wurde vielleicht bei zwei Songs. Ansonsten hielt sich das Publikum zurück und lauschte. Geredet und gefilmt wurde vergleichsweise wenig. Somit konnte die gesamte Aufmerksamkeit auf die Bühne gelenkt werden, was einerseits vorteilig, andererseits nachteilig war. Man wünschte sich einige Male, sich zurücklehnen zu können und die Momente besser „fühlen“ zu können. So war es einfach heiß und man stand etwas angespannt herum. Des Weiteren stellte sich heraus, dass die neuen, aufgepeppten Versionen doppelte Länge im Vergleich zum Original besitzen. Ja, hier passieren viele Dinge. Aber manchmal ist weniger auch einfach mehr. Wenn ungefähr die Hälfte der Konzertzeit ohne Gesang auskommt, ist das zwar atmosphärisch äußerst positiv, schlaucht aber auch gewaltig, wenn gefühlt kein Stück unter acht Minuten auskommt. Die Setlist hingegen war rund und natürlich mit eigenen Klassikern versehen, aber auch mit beliebten Covers à la „Teardrop“ oder „Heartbeats“. Und als letzter zu erwähnender Aspekt: stoppt den Orchesterleiter ein wenig! Extravaganza ist immer gut, wenn man aber stets von dem eigentlichen Act ablenkt vielleicht too much!?
Fazit: Für Hardcore-Fans wohl ein absolutes Spektakel. Der Abschiedsapplaus nach fast 100 Minuten Spielzeit war wirklich euphorisch. Für Zwischen-Drin-Hörer aber dann doch ein wenig langatmig und zu episch.
Und so hört sich das an:
https://www.youtube.com/watch?v=KVxmSqb7HnE
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Bild von Christopher.
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