Press Club, MTC Köln, 20.11.2022

Press Club

Manche Leute kann man ein paar Jahre nicht sehen und dann fühlt es sich beim Treffen an, als wäre keine Zeit verflogen. Bei anderen scheinen plötzlich Welten zwischen der Person von früher und der von heute zu liegen. Bei der ersten Press-Club-Tourrutsche nach drei Jahren gibt es ein bisschen von beidem. Ein Konzertabend zwischen Zuhause-Gefühl und „Mann, sind die aber groß geworden!“

Australiens Klima im Kölner Club

Der Tourstopp ist schon sechs Wochen vor dem Datum ausverkauft und was das im MTC bedeutet, bekommt das Publikum schon beim Support-Act zu spüren. Der heißt am heutigen Abend Between Bodies, kommt aus Köln und spielt geschichteten und doch sehr eingängigen Punk. Das Markenzeichen: Drei von vier Bandmitgliedern schnappen sich mal das Mikrofon, die Songs bekommen alleine dadurch schon eine angenehm vielfältige Struktur. Die Hitze im Raum steigt parallel zu der guten Laune des Publikums an, die den Auftritt sichtlich mitfeiern. Ist auch verständlich, die Stücke gehen schließlich flott ins Ohr. In Punkto Sound und Ton-Treffsicherheit ist noch etwas Luft nach oben, aber geschenkt. Sollte man auf dem Schirm haben! Als Press Club selbst gegen 21:10 auf die niedrige Bühne kommen, hat sich der Raum noch längst nicht abgekühlt – und das sollte natürlich jetzt erst recht nicht mehr passieren. Eins vorweg: An Sound und Tönen ist bei den Australier*innen heute niente auszusetzen. Ganz im Gegenteil, von diesem Klang könnten sich auch die größeren Bands mal eine Scheibe abschneiden. Nix da LoFi!

Ein paar Schritte nach vorn

Eigentlich standen Press Club vor allem mit ihrem allerorts beliebten Debüt „Late Teens“ für die Makel, das Raue, das Ungeschliffene. Auf dem Nachfolger „Wasted Energy“ veränderten sie ihr Erfolgskonzept nur marginal. Umso deutlicher fällt nun auch beim Live-Auftritt die Lücke zum dritten Album „Endless Motion“ auf. Da würde selbst eine musikalische Zahnspange nur semi-gut wirken. Ausschweifende Instrumenten-Soli, Background-Chöre, Struktur-Wechsel und komplexere Melodien stehen auf Platte wie auf Bühne auf dem Plan. Das nimmt dem Abend im Kontrast zu vorigen Shows etwas die Dringlichkeit, aber auch das Überstürzte. Man kommt zu Anfang nicht ganz darum herum, zu bemerken, dass „Eugene“ und „Coward Street“ nicht unbedingt der beste Einstieg ever waren. Und auch sonst sind die großen Hits des Abends weiterhin „Suburbia“, „My Bod’s Changing“ oder „Separate Houses“. Mit diesem Phänomen haben aber viele Bands beim dritten Album zu kämpfen.

Dennoch: Press Club sind eine wahnwitzig gute Live-Band und das sogar noch viel mehr als vor ein paar Jahren. Das intensive Klimawandel-Apokalypsen-Lied „Untitled Wildlife“, die intensiven Chöre von „Endless Motion“ oder der breitbeinige Closer „Hate To Say I Told You So“ (The Hives-Cover) führen das besonders gut vor. Musikalisch sind Press Club breiter geworden, die Bühnenshow dito – und Natalie Foster scheint endgültig zum Wirbelwind mutiert zu sein. Immer wieder springt sie in/auf die Menge, lässt sich trotz Nasenbluten zur Bar tragen und ist wohl einer der Hauptgründe, warum hier heute niemand stehen bleibt. Eine Frage bleibt nach diesem Abend: Wollten die etwa die ganze Zeit doch mehr als die kleine Club-Bühne? Bei all der Liebe, die für die vier auf der Bühne besteht, ist die Zukunft dieses Quartetts ein großes Fragezeichen. Und die Auflösung gemeinsam mit ihnen zu entdecken, wird hoffentlich keine Pandemie der Welt mehr verhindern. Eine Freundschaft, die bleibt – auch wenn sie sich merklich anders anfühlt.

Und so hört sich das an:

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Beitragsbild von Julia.

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