„Thanks y’all“, murmelt Sophie Allison in den Raum hinein. Dann tritt sie zurück, so viel die provisorische Bühne erlaubt, lässt ihre rechte Hand gemeinsam mit ihrer linken einen Gitarrenchord entstehen, füllt das, wo vorher Stille war. Ihre Band – gemeinsam bilden sie die Live-Inkarnation des Projektes Soccer Mommy – setzt ein, fügt verspielte Melodien bei, gibt den lebenswichtigen Takt. Allison dann tritt wieder nach vorne, ihre Stimme schallt aus den Boxen. Klarer als Gletscherwasser. Zum Schluss bäumt sich jegliches Instrumentarium auf, die Gitarren schrammeln, der Bass knarzt, das Schlagzeug überschlägt sich, begräbt die Melodieinstrumente zunehmend in Gänze. Jeder Snareschlag, jedes Beckenklirren, ein Unterschlupf für Töne auf der Flucht vor ihren Schöpfer*innen.
Eine Stunde zuvor gehört die Bühne noch Francis Of Delirium und nicht den Trommeln und Becken. Jana Bahrich – sie singt und spielt Gitarre – ist heute die wohl coolste Person im Raum. Wie selbstverständlich geleitet die 20-Jährige das Bumann von Song zu Song, instruiert Singalongs, kommentiert Publikumsreaktionen locker (mögen die Kölner*innen Ehrenfeld nun oder nicht? Unsicher!). Wenn sie aber mit ihren zwei Mitstreitern ihre Musik spielt, ist sie ganz für sich, singt mit nahezu verschlossenen Lidern oder reißt ihr Instrument in den grungeigen Momenten nach oben. Verdientermaßen möchte der Applaus da gar nicht mehr abebben.
Sophie Allisons Vibe ist ein ganz anderer. Auch sie bedankt sich höflich für den Support, ansonsten aber bleibt es bei kurzen, gerne auch zynischen Kommentaren. Einmal trinkt sie einen Schluck und schiebt spontan ein „es ist heiß, sehr sehr heiß hier“ nach. Recht hat sie, viel spektakulärer aber wird es nicht. Ein anderes Mal möchte sie „Still“ aus ihrem aktuellen Album „Sometimes, Forever“ spielen. Ganz alleine ohne ihre Band. Sie erzählt, es handele sich um ihren Lieblingssong der Platte. Man könnte die Vinyl am Merch kaufen, wer aber den Song nicht möge, solle das wohl lieber lassen. Schmunzeln im Raum, mehr nicht.
Dabei stößt der Track mit seinem auf Gitarre und Gesang beschränktem Arrangement durchaus aus „Sometimes, Forever“ heraus. Düster und elektrisierend sind viele der anderen Stücke, manchmal gar dem Grunge huldigend. Mit neun von vierzehn Songs entsprechen die dem Mammutanteil des Sets, der fantastische Vorgänger „Color Theory“ ist mit gerade Mal vier Songs vertreten, das Dabütalbum mit nur einem. Wie im Fiebertraum flirren Soccer Mommy so von Song zu Song. So mancher wird außerdem wie Kaugummi zäh gezogen, bekommt einen percussionlastigen Ausbruch verpasst. Schlagzeuger Rollum Haas soll ja auch seine Freude haben. Für die Zugabe dann wird das Schlagzeug etwas heruntergepegelt, der Sound fügt sich. „Your Dog“ gibt es zum Schluss, ein letztes Mal tanzen, träumen, kopfnicken. Allison winkt nochmal in den Club hinein, klettert über die mit Equipment zugestellte Bühne. Dann ist Ende.
Mehr Soccer Mommy gibt es hier.
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Soccer Mommy live 2022:
06.09. – Hamburg, Molotow
12.09. – Berlin, Frannz Club
13.09. – Bremen, Lagerhaus
Foto von Jonas Horn.
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