Schon Nachmittags ist auf der Luxemburger Straße im Bermudadreieck aus Blue Shell, Luxor und Veedel Club ein Hauch Märchenzauber zu spüren. Junge Menschen stehen hier, warten, stundenlang, um endlich in das eher niedliche Luxor gelassen zu werden. Man erblickt lange Röcke, weiße Rüschenkleider, roten Samt. Sie sind passend gekleidet, denn fünf Königinnen haben zum Tanzball geladen: The Last Dinner Party.
All diese adrett gekleideten Menschen werden Stunden später Zeug*innen eines Schauspiels, das jeglichem Hype recht gibt. „Prelude To Ecstasy“, das erste The Last Dinner Party Album, im Vereinigten Königreich per Brieftaube auf die Eins. Unzählige Fernseh-Auftritte. Reihenweise ausverkaufte Clubs und Hallen. Auch das Luxor ist seit vielen Monaten dicht. Es wären wohl fünf Nummern größer gegangen. Diese kleine Europa-Rutsche verblieb jedoch in den eingangs gebuchten Clubs. Knappheit erzeugt bekanntlich Nachfrage.
So liegt eine Spannung in der Luft als der Hauptgang der Dinnerparty aufgetischt wird. Ein Schlagzeuger, die fünf Protagonist*innen, ihr Instrumentarium, ein bisschen Licht – mehr braucht es nicht, um der Melange Magie beizumischen. Der Start ist analog zum Album bedächtig, die Kehlen gleichwohl nicht von Zurückhaltung geplagt. Die große Ekstase aber ist für das letzte Drittel geplant. Den großen Hit „Nothing Matters“ gibt es zuallerletzt.
Bleiben ihre Kolleg*innen vornehmlich statisch an ihren Positionen, so ist nebst der Musik Sängerin Abigail Morris die wahre Attraktion. Wie eine moderne Märchen-Prinzessin schwebt sie über die Bühne, schwingt ihr barockes Kleid, dreht Pirouetten und reißt Arme in die Lüfte. Morris verdrahtet außerdem charmant das Geschehen auf mit dem vor der Bühne. Sie stellt die Band vor. Einmal orchestriert sie einen monumentalen Chor. Oft tritt sie außerdem von Angesicht zu Angesicht vor ihre Jünger*innen und steigt zu diesen in die erste Reihe hinab.
Morris hat außerdem viel Lob für die zunehmend in Bann versetzte Menge übrig (etwa: die beste erste Reihe, die beste Show). Verantwortlich dafür ist gerade ein Fan. Vor Beginn verteilt der hunderte rote Herzen, die während eines Songs in die Luft gestreckt werden sollen. Kündigt Morris ebenjenen schon mit den Worten an, es sei nun die Zeit gekommen zu Weinen, fließen nun wirklich literweise Tränen – auch bei der Band. Lesen sich solche Lobeshymnen sonst wie obligatorische Phrasen, so kauft man der Band tatsächlich ab, dass sie die Zeit ihres Lebens hat. So authentisch und echt wirken die Emotionen.
Einen Beigeschmack hat lediglich, dass die Band am Vorabend in Berlin zwei unveröffentlichte Songs mehr gespielt hatte. Köln bekommt das komplette Debüt plus lediglich einen noch nicht erschienenen Zusatzgang. So ist nach 55 Minuten bereits Schluss. Am Gesamteindruck jedoch ändert das wenig: Von The Last Dinner Party lässt man sich äußerst gerne verzaubern.
Mehr The Last Dinner Party (etwa eine Review zum Debüt) gibt es hier.*
Und so hört sich das an:
The Last Dinner Party live 2024:
22.06. – Hurricane Festival
23.06. – Southside Festival
Foto von Jonas Horn.
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