Anna Loos – Das Leben Ist Schön

anna loos das leben ist schön cover

Ein wenig ist Anna Loos aus der breiten Öffentlichkeit verschwunden – oder sagen wir besser: Zu den Anfängen zurückgekehrt. Nach dem Ausstieg bei Silly 2018 wurde es doch eindeutig ruhiger um die mittlerweile 52-jährige Künstlerin. Wer Neues von ihr mitkriegen wollte, musste also wieder regelmäßiger den Fernseher statt das Radio einschalten, spielte sie seitdem weiterhin in diversen ZDF-Produktionen mit.

Doch da wir hier ja ein Musikblog sind und keine Programmzeitschrift, ist es wesentlich spannender darauf zu schauen, was die Ehefrau von Jan Josef Liefers und zweifache Mutter musikalisch abliefert. Leider hat es 2019 mit dem Solodebüt „Werkzeugkasten“ nicht gereicht, groß wahrgenommen zu werden. Dass die Verkäufe nicht den Silly-Standards genügen würden, war abzusehen – nur am Rande: Silly selbst haben auch eindeutige Einbuße ohne Anna Loos – aber der Unterschied ist doch etwas gewaltig. Auch bei der damit einhergehenden Tour wurden einige Hallen in kleinere umgetauscht, weil man sich verkalkuliert hat.

Aber aller Anfang, wenn man ihn denn so nennen mag, ist schwer. Vier Jahre sollten genügen, um neue kreative Ideen zu sammeln, Energie zu tanken und besonders durch die einschneidende Corona-Zeit genug Input bekommen zu haben. Sollte. Denn leider scheint bei Das Leben Ist Schön eher das Gegenteil der Fall zu sein. Kurzum: Anna Loos tut sich mit ihrem zweiten Album irgendwie keinen Gefallen.

Dabei wirkt auch das Cover viel mehr nach gereifter Schönheit als das ungünstig gewählte vorige. Wassertropfen fahren durchs Bild, der Albumtitel klingt nach purer Lust und Empowerment. Steht das im Zusammenhang etwa für Melancholie und Facettenreichtum? Hört man sich jedoch durch die zwölf Tracks, fragt man sich ein wenig, was genau nun dazu motiviert hat, den Namen auszusuchen. Es fehlt nämlich dem Ganzen besonders an Esprit, an Leichtigkeit, an Kreativität und auch an Message. Das ist speziell im Vergleich zum Vorgänger schade, auf dem es an gleich mehreren Ecken wie „Startschuss“ und „Hier“ guten Drive und bei „Ich will, dass du weißt“, „Deine Mitte“ und am meisten bei „Werkzeugkasten“ wirklich klare Aussagen mit berührenden Bildern zu entdecken gab.

Zwar ist Anna Loos auf Das Leben Ist Schön gar nicht grundlegend anders. Eben nur schlechter. Von allem einfach eine ganze Spur weniger. „Regenwahrscheinlichkeit“ beispielsweise hört sich erstmal nicht verkehrt an, schleppt sich aber mit schon so oft gehörten Metaphern unglaublich träge durch den Pop-Rock-Beat ohne Kanten. „Schatten“ traut sich was, nämlich über sechs Minuten Lauflänge. Das ist 2023 alles andere als typisch. Die schwerfällige, depressive Stimmung ist auch im ersten Eindruck atmosphärisch gut umgesetzt, kommt dann aber über ein Ganz-Okay nicht hinweg.

Gesanglich präsentiert die Sängerin ihre markante Stimmfarbe und geht an der einen oder anderen Stelle auch mal aus der Mittellage heraus. Schön sind somit kleine Augenblicke, in denen sie wutentbrannt und ausgelaugt schreit. Allerdings kommen diese Ausbrüche so enttäuschend selten. Stattdessen ist man ein ganzes Dutzend über wahnsinnig gefällig und generisch unterwegs. „Mauern“ hat 90s-Westernhagen-Rock-Anleihen, aber macht’s bieder statt rebellisch. „Hunderttausend Farben“ hat mit der Aussage, ganz nah bei sich zu bleiben und sich nicht für andere zu biegen, natürlich total Recht, ist nur dann durch das sehr klassische Schema, das das Album eben immer wieder bedient, zu viel Deutsch-Schlager-Pop, den man in den letzten Jahren schlichtweg dreimal übergehört hat. Am problematischsten ist es aber wirklich lyrisch. Traute man sich auf „Werkzeugkasten“ an mehreren Stellen tiefer zu gehen, kommt es im neuen Versuch immer wieder zu Plattitüden und den ewigen „Halte durch“- und „Ich bin das Problem, nicht du“-Lines. So bleibt „Steine auf meinem Glück“ auch weit hinter den Möglichkeiten.

Das Leben Ist Schön. Gar keine Frage. Merkt man nicht immer, aber mit etwas Abstand und den richtigen Moment, ist das auf jeden Fall wahr. Anna Loos möchte uns das mitteilen, es gelingt ihr nur nicht. Als ob sie zwar sagen möchte, dass das Leben schön sei, sie sich dieses Gefühl aber mehr als Erfahrungsziel für die Albumaufnahmen gesetzt hätte, statt es schon währenddessen zu fühlen. Eine eindeutig vertane Chance. Wirklich schade, weil man eben weiß, dass sie es doch anders kann.

Und so hört sich das an:

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Die Rechte fürs Cover liegen bei BMG/WARNER.

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