Christian Steiffen – Gott of Schlager

Christian Steiffen Gott of Schlager

Möchte man wirklich ein Album hören, das Gott of Schlager heißt? Ja, möchte man. Aber nur, wenn Hardy Schwetter der Interpret ist. Der 48-jährige Osnabrücker hat bereits 2009 seine Nische als Christian Steiffen gefunden und auch bei Longplayer Nr. 3 immer noch genügend Ideen, um diesen weiteren Output an Frivolität zu rechtfertigen. Mit Gott of Schlager gibt es nach vier Jahren Studiopause also zehn neue Tracks, auf die die Welt gewartet hat. Eine Dreiviertelstunde pure Exzesse. Finally!

Tatsächlich ist die Bezeichnung „Gott“ gar nicht mal so übertrieben. Er hat eben alles drauf. Schaltet man den Gesang ab, gibt es wieder Musikantenstadl in Reinkultur. Spießiger Weichspülcountry, viel Hammondorgel, Schunkelrhythmen und andere Horrorvorstellungen werden hier schamlos in fluffigen Songs vertont. Gibt’s die Gesangsart und Stimme dazu, macht es das Ganze noch eine Spur cheesiger. Aber Steiffen wäre eben nicht Steiffen, wenn durch die Lyrics nicht alles kippen würde und man stets zwischen peinlicher Berührung und Lachkrämpfen hin- und hergerissen wird.

Als Aufhänger könnte „Hier ist Party“ kaum besser gewählt sein. Das Opening entwickelt sich nach ein paar Durchläufen zu dem womöglich groovigsten Steiffen-Track bis dato und gehört ab sofort auf jede gute Indie-Party-Playlist. Abspacken erlaubt – „The party is in you! The rhythm is under crontol!“. Wo du bist, ist Party! Ja, Mann! Bei den restlichen Liedchen der Platte würde es schon fast einem Spoiler gleichen, wenn jeder Wort-Twist verraten wird. Was sich wohl hinter dem schwulstigen „Wie der Wind“ verbirgt? Welche Winde wohl gemeint sind? Dass „Ich breche in die Nacht“ zwar durchaus mit Feiereien zu tun hat, ist auch hier nur zweitrangig. „Verliebt, verlobt, verheiratet, vertan“ bekommt bereits jetzt den Preis für den besten Songtitel 2019 und geizt auch nicht mit Themen wie Analsex. Muss man halt auch mal drüber sprechen. „In Budapest beim Schützenfest 1810“ ist wunderbar abstrus, makaber und urkomisch. Und zum Abschluss präsentiert der feine Herr in „Das neue Jahr“ noch die zukünftige Hymne für alle Silvestermuffel.

Steiffen geht auf der neuen Platte einfach nochmal einen Schritt weiter und spielt nicht nur die Karte aus, sich selbst mal richtig geil zu finden, sondern auch ganz schön ordentlich auf andere Idioten zu scheißen. Damit schlägt der Künstler gleich mehrere Fliegen auf einen Streich: das Ironisieren des Schlager-Genres, die starke Überspitzung der eigenen Darstellung als Künstlerfigur, das geschickte Einbinden kleiner moderner Sounds und der Message sich besser anzunehmen. Somit stecken in der ganzen Blödelei auch Motivationsschübe und Tiefgang, wenn man es so möchte.

Um die Kurve Richtung großen Chartserfolg und fünfstelligem Publikum zu bekommen, ist die Musik von Christian Steiffen auch auf Gott of Schlager weiterhin zu speziell und zu wenig alltagstauglich. Er bleibt sich treu und ist nur selten wirklich Pop, hat ein paar gut beobachtete Situationen zu erzählen und stellt wohl neben Alexander Marcus die einzige Persönlichkeit im deutschen Musikbusiness dar, die so cool uncool sein darf. „Geile Scheibe“, wie mein Vater sagen würde.

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=JPb9_POzhss

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