Florence + The Machine sind eine Ausnahmeerscheinung. Seit ihrem Debütwerk “Lungs” weiß das Kollektiv um Sängerin Florence Welch immer wieder zu begeistern und erspielte sich so verdient in Windeseile Headliner-Slots bei Indie-Festivals auf der ganzen Welt. Insbesondere die Vielseitigkeit der Band konnte viele Fans in ihren Bann ziehen und zeigte sich vor allem auf den drei bisher erschienen Alben. “Lungs” war ein buntes Kollektiv aus spaßigen Hits wie “Kiss with a Fist”und alles umarmenden Songs wie “You’ve Got the Love”, “Ceremonials” präsentierte ein episches, orchestrales Phänomen, ganz ohne Hits wie “Shake it Out” zu vergessen. Als letztes Werk erschien “How Big, How Blue, How Beautiful”, das sich dann mehr in sich zurückzog, ruhiger wurde, weniger geradeaus, aber mit “What Kind Of Man” gleich eine anklagende Hymne verbuchen konnte. Egal, wie sie es anpacken – es will einfach gelingen! Sehr gespannt kann man daher auf das vierte Werk sein – denn auch hier wird nichts wie zuvor!
Drei Lieder erschienen als Anheizer für das Album. “Sky Full of Song” machte als zurückgezogene Ballade den Anfang, arbeitet verschachtelt und will sich nicht als Ohrwurm, sondern als Atmosphäre beweisen. Für den spaßigeren Teil war die zweite Auskopplung “Hunger” zuständig, die den Liebeshunger thematisiert, der allen Menschen innewohne. Man fühlt sich leicht in “Lungs”-Zeiten zurückversetzt, denn so unbefangen klang die Band seitdem wohl nicht mehr. Als letztes dann “Big God”, ein Song, der riesig ist – und durch das spektakuläre Video nochmal an Größe gewinnt. Ein simpler Takt, eine unvergleichliche Stimme – und irgendwie wieder mal etwas ganz Neues. Wie soll ein Album klingen, dass diese Songs beinhaltet? Nun, zum einen vor allen Dingen persönlicher! Florence + The Machine gilt als Band, aber noch nie zuvor stand das Seelenleben der Sängerin Florence Welch so im Zentrum wie hier. Durch die generell sehr zurückhaltende Instrumentierung fühlt man sich Welch plötzlich ganz nah, die Geschichten, die erzählt werden, erscheinen so wahr, so echt, dass einem permanent Schauer über den Rücken laufen. Als Intro fungiert “June”, eingeleitet wird der Song mit einem ganz sanften Klavier, thematisiert wird erneut die Liebe, natürlich fehlen auch Streicher und Chöre nicht. Aber im ganzen Albumverlauf sind diese doch um einiges weniger monumental und episch, als man es von der Band gewöhnt ist, und so fühlt man sich doch direkt angesprochen, wenn Welch immer wieder fordert “Hold on to each other”. Ein sehr besondere Stück ist auch “South London Forever”, in dem das Leben in einem jungen Viertel beschrieben wird, eine Aufbruchsstimmung wird vermittelt, so positiv und glücklich wirkt der Song – “What else could be better than this?” Wer sich mit Welchs Biographie beschäftigt hat, kann den Zusammenhang zwischen Erzählstimme und Welch kaum leugnen, denn auch sie ist in eben diesem Teil von London groß geworden. Ähnlich persönlich und herzerwärmend bleibt es, ob im ruhigen Song “Grace” mit so knallharten Worten wie “You were the one I treated the worst, only because you loved me the most”, so schönen Sätzen wie “It’s such a wonderful thing to love” im ermutigenden “Patricia” oder Gänsehaut im zerbrechlichen “The End of Love” bei “It didn’t hurt at all”. Ganz ohne imposant zu werden, berührt die Band hier so durchgehend, wie sie es vielleicht noch nie auf ganzer Albumlänge getan haben. Immer wieder steht Liebe im Mittelpunkt, vor allem das sich immer mehr in Höhe schwingende Stück “100 Years” zeigt, wie wichtig Welch dieses Thema zu sein scheint: “a 100 arms, a 100 years, you can always find me here”.
Ein bewegendes Album geht zuende, das letzte Lied heißt “No Choir”. Auch im Closer werden noch persönliche Sätze eingebaut “I find it hard to write about happiness”, “I must admit that I did it all for myself”, “The loneliness never left me”. Keine Chöre gibt es in diesem Stück, nur sanfte Streicher. Und so endet das Album, das genau die Seite zeigt, die Florence + The Machine bisher nicht berührt haben – das Seelenleben ihrer Ausnahme-Sängerin. Erneut haben sie es geschafft, eins der wichtigsten und stärksten Alben der Indie-Welt zu bieten. Erneut lernen wir eine neue Seite kennen: Poesie weicht direktem Seelenleben. Monumentalität weicht Zurückgezogenheit. Und mitten darin funkelt eine der größten Sängerinnen der letzten Jahre.
Das Album “High as Hope” kannst du dir hier kaufen.*
Und so hört sich das an:
Website / Facebook / Instagram / Twitter
Rechte am Albumcover liegen bei Virgin Records.
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.