Knapp drei Jahre ist es her, dass Luca Montesinos alias Montez mit dem Song „Auf & Ab“ die Charts im Sturm erobert hat. 97 Wochen hielt sich der Song in den deutschen Charts, hat Doppelplatin erhalten und bis dato über 185 Millionen Streams auf Spotify erreicht. Bereits mit 13 Jahren schrieb Montez erste Texte, veröffentlichte 2010 sein erstes Mixtape und trat mit gerade einmal 18 Jahren vor Kendrick Lamar beim Hip-Hop-Festival Splash auf. Die große Rap-Karriere war vorgezeichnet, bis der Sänger aufgrund von Panikattacken, Depressionen und Angstzuständen wieder ganz bei null anfangen musste. Spätestens seit dem Release von „Auf & Ab“ und der Teilnahme an der Sendung „Sing meinen Song“ ist Montez als „singender Rapper“ nicht mehr aus der Musikwelt wegzudenken. Genau das untermauert er auch mit seinem sechsten Studioalbum „Pass auf mein Herz auf“, das nicht nur eines der besten deutschen Alben dieses Jahres ist, sondern auch mitten ins Herz geht.
Mehr noch als sein Vorgänger „Liebe in Gefahr“ ist „Pass auf mein Herz auf“ ein Liebesalbum par excellence, auf dem Montez die Liebe in all ihren Facetten beleuchtet. Der Sänger präsentiert sich auf den fünfzehn Tracks des Albums als großartiger und vor allem feinfühliger Songwriter. „Pass auf mein Herz auf“ hat dabei seinen ganz eigenen Vibe, ist mindestens genauso gut wie der Vorgänger, besitzt aber eine ganz andere Dynamik. Die Songs harmonieren super miteinander und sind mehr als stimmig. Zudem zeigt sich Montez abermals von seiner emotionalen Seite und schafft damit ein Gesamtwerk, das besser als jede Therapiestunde fungiert.
Bereits der Opener „erste/letzte“ ist so catchy, dass er auf jeden Fall im Ohr bleibt. Montez besingt hier in einer Art Post-Break Up-Song das Gefühl, nie über jemanden hinwegzukommen. Ein bisschen wie Verliebtsein fühlen sich hingegen die Tracks „Ufos“ („Sag’ deiner Mom, ich bin der Schwiegersohn, den sie braucht/ Und ich hoffe, es fällt ihr nicht auf, dass du eigentlich zu gut für mich bist/ Wenn es sein muss, find’ ich Ufos für dich“) und „Mit dir ist es anders“ an. Der Sänger gibt hier nicht nur tiefe Einblicke in seine Gefühlswelt, sondern schafft gleichermaßen stimmungsvolle Songs, die unfassbar nahbar daher kommen.
Deutlich persönlicher wird es auf dem Track „Pass auf mein Herz auf“ („Sehe ich Isaiah und Imani mit dir, merk ich, ich hab das erste Mal was zu verlieren. Und wenn du gehst, dann pass auf mein Herz auf“), der mit Abstand das Herzstück dieses Albums ist. Montez zeigt sich hier verletzbar, gibt sehr intime Einblicke in sein Familienleben und – noch viel wichtiger – geht sehr offen mit seinen Ängsten um. Das Gefühl, nicht gut genug für die Beziehung zu sein, ist ein wiederkehrendes Element auf dem Album. Das zeugt einerseits von großer Reife und Selbstreflexion, gleichzeitig macht er damit mit ziemlicher Sicherheit vielen Hörerinnen und Hörern Mut, denen es ähnlich geht. Ebenso reflektiert kommen aber auch „Verletzte Menschen“, „Verstecken“ und das Lied „Glücklich“ („Und jemanden geh’n zu lassen, wenn’s am schwersten ist, ich glaube, das ist Liebe“) daher, bei denen er das Thema Verlustängste sehr einfühlsam aufgreift. Bei letzterem geht es darum, jemanden loszulassen, den man liebt, dabei den Schmerz über den Verlust zu spüren, aber gleichzeitig aufrichtig zu wünschen, dass die Person mit einem neuen Partner glücklich ist.
Stimmlich zeigt sich Montez deutlich facettenreicher als zu Beginn seiner Karriere. Gerade beim Song „Glücklich“ oder auch beim Track „Wünsch dir was“ nutzt er vermehrt seine Kopfstimme, die verdammt gut klingt. Auch bei „Was machst du so“, der ebenfalls ein Highlight des Albums ist, kommt die Wirkung zwischen Kopfstimme und tiefer Stimme unfassbar gut daher. Die Rolle als „singender Rapper“ erfüllt Montez definitiv auch auf dem neuen Album – gerade die Mischung aus rauer Stimme, zarten Tönen, Emotionen und besagter Kopfstimme funktioniert wunderbar. Wir brauchen mehr Akustik-Konzerte!
Derweil haben es zwei Features auf das Album geschafft, die beide für sich absolutes Ohrwurmpotenzial mit sich bringen. „Sekundentakt“ featuring Kontra K wurde bereits vorab als Single released und hat allein auf Spotify schon über zehn Millionen Aufrufe. Die Kombi Kontra K x Montez harmoniert sehr gut, wobei gleichzeitig Montez musikalische Entwicklung neben dem rappenden Kontra K noch einmal besonders hervorsticht. Etwas sanfter, aber mindestens genauso schön kommt „Wie viel wiegt dein Herz“ daher, bei dem Sängerin Ness mitsingt. Ness brilliert mit einer unglaublichen Stimme, die Kombi der beiden ist ebenfalls große Klasse und sehr gut gewählt.
Ein Montez-Album wäre natürlich aber kein Montez-Album ohne die nötige Portion Herzschmerz. Den gibt es in geballter Ladung auf dem wunderschönen „Einzimmerwohnung“(„Ich kann nicht akzeptieren, dass das, was wir mal waren, nicht mehr existiert. Und find’s beinahe faszinierend, dass es dir nichts ausmacht, mich zu verlieren“), das super atmosphärisch und gut getextet ist. Auch die Ballade „Seltsam still“ reiht sich mit in diese Kategorie ein und überzeugt durch die reduzierten Instrumente und Montez Stimme.
Einzig der Song „Du bringst mich um“ schwächelt auf dem Album etwas. Live klingt der Up-Beat/ Gute-Laune-Track bestimmt ziemlich gut, auf „Pass auf mein Herz auf“ geht er allerdings gnadenlos unter, erinnert an SDP Features wie „Fieber“.
Mit “Pass auf mein Herz auf” beweist Montez einmal mehr, dass er ein äußerst einfühlsamer und authentischer Songwriter ist. Der Sänger hat hiermit mit Abstand sein bisher persönlichstes Werk kreiert und genau deswegen funktioniert es so gut. Er zeigt sich nahbar und selbstreflektiert, während das Album an sich harmonisch und stimmig ist. Die Songs sind catchy, lassen einen die komplette Achterbahnfahrt der Gefühle durchleben, während die Liebe mit all ihren Facetten im Mittelpunkt steht. Montez ist nicht ohne Grund einer der gefragtesten Künstler in Deutschland, glänzt aber vor allem dadurch, dass er sein eigenes Ding macht, nicht dem Mainstream-Einerlei verfällt und auf dem Boden geblieben ist. Lieber Luca, du hast wirklich aus Steinen Gold gemacht!
Und so hört sich das an:
Die Rechte des Covers liegen bei Vertigo Berlin (Universal Music).
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