„Die letzte Disney-Pop-Prinzessin“ – das ist nur eine der Headlines, mit der Sängerin Olivia Rodrigo in den vergangenen zwei Jahren betitelt wurde. Angefangen als Hauptdarstellerin in der Serie „High School Musical: The Musical: The Series“ veröffentlichte die damals 18-Jährige ihre erste Single „Drivers License“ und stürmte damit die Charts. Auch ihr Debütalbum „Sour“ schlug ein wie eine Bombe – hochgelobt erhielt das Album dreimal Goldstatus und 39-mal Platin. Nun ist Oliva Rodrigo mit Album Nummer Zwei „Guts“ zurück – und legt noch eine Schippe drauf.
Das berühmt berüchtigte zweite Album hat schon so manchen Künstler und manche Künstlerin in die Knie gezwungen. Gerade wenn das Debütalbum durch die Decke gegangen ist. Bereits beim Opener „All American-Bitch“ beweist Olivia Rodrigo aber bereits, dass man sich bei ihr diesbezüglich keine Sorgen machen muss. „Guts“ klingt erwachsener und reifer, Olivia Rodrigo traut sich mehr und macht den Langspieler damit zwar zu einem ähnlich klingenden Nachfolger zu „Sour“, schafft aber dennoch ein ganz eigenes Kunstwerk.
Bei den dreizehn Songs tobt sie sich aus, mixt sanfte Balladen und rockige Pop-Punk Tracks. Ein Highlight ist der Track „Vampire“, der als erste Single-Auskopplung bereits vor der Veröffentlichung des Albums herauskam. Das Lied beginnt mit sanften Piano-Klängen und wechselt innerhalb einer Minute zu einem rockigen Up-Tempo-Song, dessen Melodie man so schnell nicht mehr vergisst. Thematisch ist „Vampire“ wie auch die vorherigen Werke eine Abrechnung. Eine Abrechnung mit einer toxischen Beziehung, der Vampir als Metapher dafür, dass die andere Person einem das Leben aushaucht. Ziemlich passend, denn Olivia Rodrigo präsentiert sich auf Instagram immer wieder als Twilight-Fangirl. Andere Töne schlägt sie auf „Ballad Of A Homeschooled Girl“ an. Ein Track, der die musikalische Entwicklung der Sängerin besonders schön aufzeigt. Zum einen, weil sie ihre großartigen Songwriting-Skills beweist und sich dabei unheimlich reflektiert präsentiert. Es geht um Social Anxiety, ums Fehler machen, nicht dazu passen und ins Straucheln kommen. Einzigartig macht den Song, die Art wie die 20-Jährige ihn singt: frech, ein bisschen rotzig. Mit Ecken und Kanten. Das zeigt sich auch „Get Him Back!“. Der Wechsel zwischen sanft gehauchten, einfühlsamen Tönen und eben diesem wütenden, kraftvollen Sound ist so stimmig und charakteristisch.
Genau diese Mischung vermag es, die Tracks des Albums zu einem runden Gesamtwerk zu machen. Thematisch im Vordergrund steht das Erwachsenwerden mit all seinen Tücken, Liebeskummer, Fehlern und Problemen. Olivia Rodrigo entpuppt sich erneut als sehr gute Geschichten-Erzählerin – egal ob es bei der Ballade „Teenage Dream“ ist, wo sie besingt, wie es ist im Rampenlicht erwachsen zu werden, das „sich selbst-finden“ in einer Beziehung in „love is embarassing“ oder das ständige Vergleichen mit anderen auf „Lacy“. Die Songs haben den Vibe einer Kombi aus Taylor Swift, Lorde und Avril Lavigne Liedern, zeigen aber dennoch den ganz eigenen Stil der Künstlerin auf. Schön ist, dass Olivia auf jegliche Features verzichtet hat – die hätte sie auch gar nicht gebraucht, stimmlich brilliert sie nämlich durchgehend. Auch die Tatsache, dass nicht zehn Songwriter mit in den Info-Credits stehen, kommt der Sängerin gelegen. Einzig beim Song „Logical“ hat Julia Michaels mitgewerkelt, sonst hat Rodrigo alle Tracks gemeinsam mit dem Produzenten Daniel Nigro geschrieben.
Olivia Rodrigo hat mit „Guts“ das geschafft, wovon viele Künstlerinnen und Künstler träumen: Ein zweites Album, das auf seine eigene Weise mindestens genauso gut ist wie das preisgekrönte Debütalbum. Der Langspieler hat etwas mehr Pfiff, mehr Ecken und Kanten, die Sängerin präsentiert sich reifer und traut sich etwas. Dabei stehen im Vordergrund sowohl ihre großartige Stimme, als auch ihre Songwriting-Skills. „Guts“ macht Spaß, ist edgy und entspricht absolut dem Zeitgeist einer 20-Jährigen, die ihren Platz auf der Welt sucht. Der Schein einer Pop-Prinzessin trügt aber, denn Rodrigo beweist noch einmal eindrucksvoll, dass die Genres Pop-Punk-Rock ziemlich gut gemixt werden können und gleichzeitig, dass sie nicht nur das süße Mädchen von nebenan ist.
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