Trust Issues, also Vertrauensprobleme, sind ein generationsübergreifendes Problem. Aber auch kein Wunder, wenn man sich unsere Gesellschaft so anguckt! Hier ist nun aber kein Platz für ausschweidende Analysen, denn das Thema kann auch mal kurz und knackig aufgreifen. So machen es unsere Indie-Lieblinge von den Orchards, die sich erst vergangenes Jahr mit der Debüt-LP “Lovecore” einen warmen Platz in den Herzen der Indie-Hörer*innen gesichert haben. Nun gab es für das Trio seit dem Release aber herzlich wenig Zeit zum Feiern – die Umstände sind bekannt. Kein Wunder, dass da auch von ihrer Seite mal Trust Issues gegenüber der Musikindustrie aufkommen! Auf den fünf Songs dieser Lockdown-EP geht es deswegen um all die hässlichen Fratzen von verletztem Misstrauen. Spaß machen sie dabei aber natürlich auch noch.
Kreise aus Gitarren & Linien aus Pop
Der Sound der Orchards ist gleichzeitig Chaos und Ordnung, Springen und Denken, Tanzen und Grummeln. All diese Kontraste entstehen maßgeblich im Zusammenspiel der zielstrebigen Indie-Pop-Darbietung der Sängerin Lucy Evers und dem Math-Rock-Wust der Instrumental-Fraktion um Gitarrist Sam Rushton und Bassist Dan Fane. Das war auf dem Debütalbum so, das bleibt – glücklicherweise – auch auf dem Nachfolger so. Dieses Mal knüpft sich Evers im Einklag mit den Backingvocals von Fane Gesellschaftskritik und persönliche Dilemmata vor – “richtig wütend” seien sie nach all den Geschehnissen der ersten Lockdowns, gesteht Evers im Vorfeld. Für alle, bei denen sich auch ein gewisser Groll angestaut hat, wartet hier also die Katharsis.
Aber Evers fängt nicht etwa an zu brüllen. Hingegen gibt schon der Opener “Leave Us here (We’re Fine)” den Weg zurück in die Indie-Kellerclubs vor. Cowbells und dominante Bassläufe treiben den Song in die perlenden Riffs des Refrains, während sich Evers’ Texte mit Misstrauen auseinandersetzen. Als Gegenpol stellt “Bye, Insecurity” den bis dato lautesten Orchards-Klang dar, nur damit “Wonderful” die 90-Grad-Wendung gen Beats & Blubbern unternimmt. Doch genau im Kern der EP hört man den Trademark-Sound des Trios aus Brighton am klarsten, wenn sich nämlich die Riffs im Stakkato-Zickzack nach vorne peitschen, während Evers’ gefühlvolle Pop-Melodien in die Täler dazwischen rücken. In diesem irrsinnigen Rhythmusspiel spürt man es unweigerlich: Hier hat eine bemerkenswerte Band die nächste Stufe erreicht. Wir freuen uns auf die nächste!
Die EP “Trust Issues” kannst du hier (Vinyl) oder hier (digital) kaufen. *
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Rechte am Albumcover liegen bei Big Scary Monsters.
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