Paramore – This is Why [Doppel-Review]

Paramore sind mit einem neuen Album zurück – ganze fünf Jahre nach dem Vorgänger „After Laughter“. Grund genug sich der Platte gleich zweifach zu widmen.

Jonas‘ Meinung:

Hayley Williams, Taylor York und Zac Farro haben Bloc Party gehört. Dem sechsten Paramore-Album „This Is Why“ ist das anzumerken. Es ist die Rückkehr der Band zu einem ursprünglicheren Sound.

Tatsächlich stellte Williams schon im zurückliegenden Juli in einem Podcast heraus, Bloc Party seien der primäre Referenzpunkt für das nächste Album ihrer Band. „This Is Why“ hatte zu dem Zeitpunkt weder Namen noch Tracklist noch Veröffentlichungsdatum. Nun erscheint es. Doch wo macht sich der Einfluss der britischen Band bemerkbar? Zunächst einmal an der Basis der insgesamt zehn Songs. Die bauen nämlich ungewohnt viel auf verschroben ungerade Beat-Konglomerate aus Bass und Schlagzeug. Die Folge: Das sechste Paramore-Album ist eine Tanz-Platte. Aber eine solche mit spürbar und im Verlauf zunehmend melancholischem Unterton, mit einem Glas Weißwein in der Hand auf den Trümmern der eigenen Existenz tänzelnd, langsam die Kontrolle über Körper und Kopf verlierend. „Silent Alarm“ winkt über den Atlantik herüber.

Die Inspiration jedoch reicht weiter. Auch Gitarrist Taylor York scheint sich in Polyrhythmen verguckt zu haben und hält so Leben in den Songs. Am eindeutigsten profitieren davon die größten Hits der Platte, der eklektische Titeltrack sowie das wunderbar lässige „Running Out Of Time“. Farros Instrument klingt zudem streckenweise typisch untypisch, ergänzt die Glockenspiel-Klimpereien (treibend etwa in „Figure 8“) um vielfältige mal deutlicher, mal weniger deutlich Gitarren reminiszierende Sounds. Auch das jeweils kennzeichnend für das Frühwerk der Londoner Bloc Party.

„This Is Why“ ist trotz all dieser Parallelen selbstverständlich unverkennbar Paramore. Die Alternative-Hymnen sind (wieder) da, Williams Gesang on point, die Ästhetik gegeben. Die offen zugelassenen Einflüsse von außen jedoch ermöglichen der Band die Rückkehr zu einem klassischeren Rock-Auftritt ohne dabei an Leben einzubüßen. Achso, kurze Schlussnotiz: Paramore haben die Brit*innen eingeladen ihre kommenden Tourneen als Special Guest zu begleiten. Bloc Party haben natürlich zugesagt.

Julia findet:

Match gewonnen: Aus der Emo-Welle der späten 00er Jahre ist Paramore fraglos die Band, die am besten gealtert ist. Allen Trends und Genre-Wellen zum Trotz hatten Paramore gegenüber Panic! at the Disco, Fall Out Boy & co immer die Nase vorn. Vielleicht nicht in Sachen Erfolg, aber doch auf jeden Fall in Einfallsreichtum und Wandelbarkeit. Nachdem die Band sich mit „After Laughter“ 2017 zuletzt einem verträumten und doch deutlich von 80s Pop inspirierten Sound gewidmet hatte, geht es nun mit „This is Why“ einmal ans andere Ende der Fahnenstange. Wieso diese Platte jetzt schon zu den wichtigsten Alben des Indie-Jahres gehört:

1. „This is Why“ schäumt vor Zeitgeist fast über

Doomscrolling („The News“), Eskapismus in den eigenen vier Wänden („This is Why“), Angst vor Stillstand („C’est comme ca“) – schon die Vorab-Singles deuteten an, dass dieses Album keine Lust auf verträumte Stories und mysteriöse Metaphern hat. „This is Why“ bietet für jede Situation dieses bizarren Zeitalters den passenden Soundtrack. Damit ist hier mehr als genügend Fläche für Identifikation, Haltung und ungewöhnliche Perspektiven. Hayley Williams, Taylor York und Zac Farro sind damit das mit Abstand politischste Line-up der 28-jährigen Bandgeschichte. Gut so!

2. „This is Why“ spielt mit Sounds & Herzen

Vor drei Jahren veröffentlichte Hayley Williams ihr Solo-Debütalbum „Petals for Armor„. Dieses hat mit seinem eigenwilligen Indie-Sound auf den ersten Blick nur wenige Überschneidungen mit „This is Why“ – und doch trauen sich beide Platten mehr Ecken und Kanten zu als alle bisherigen Veröffentlichungen der Band. So schwimmt in diesem Sound-Ozean ein wenig Dream Pop („Crave“), ein bisschen Fleetwood Mac („Big Man Little Dignity“) – und vor allem jede Menge Math Rock. Der steckt den Riffs von York und den Beats von Farro tief in den Knochen und macht in Kombi mit dem engagierten Songwriting Laune auf große Moshpits. In vielen Momenten erscheint „This is Why“ wie ein intensives Sound-Update zu „All We Know Is Falling“, aber eben immer mit einem ganz eigenen Twist. Gut so!

3. „This is Why“ findet Banger im Komplexen

Bei „This is Why“ gibt es nur selten den direkten Weg, sondern vor allem viel Raum für Experimente. Und doch verstecken sich in all diesen Polyrhythmen und wenig pop-affinen Sätzen wie „It’s my dependence on the friction that really hinders my progression“ unglaublich viele Ohrwürmer. Für die überwiegende Haltung, der Indie-Rock sei am Ende seiner Kreativität angekommen, ist „This is Why“ somit auf allen Ebenen ein großartiger Gegenbeweis. Aufhören zu tanzen müssen wir bei all der Unkalkulierbarkeit aber dennoch nie. Gut so!

Mehr Beweise nötig? Einfach Platte hören und nochmal neu in die Lieblingsband verlieben. Lohnt sich.

Mehr Paramore gibt es hier.

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Rechte am Albumcover liegen bei Atlantic.

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2 Kommentare zu „Paramore – This is Why [Doppel-Review]“

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