Nach Party-Album “Wide Awake!” stolzieren die Indie-Punks Parquet Courts mit “Sympathy For Life” vom Nachtclub die Straße hinunter zur Afterhour. Ihren benebelten Jams fehlt zwar teilweise der nötige Drive, um sich nochmal komplett der Ekstase hinzugeben, aber das brauchen die New Yorker, für das, was sie vorhaben, eh nicht mehr – denn bei all dem Hedonismus ist der unterschwellige Nihilismus in “Sympathy For Life” auch als Suche nach etwas Sinn, Verstand und Hoffnung in unserer konsumorientierten Gegenwart zu verstehen.
Das Leben hinter der Party
Zunächst einmal sind Parquet Courts im Opener “Walking At A Downtown Pace” ganz sie selbst. Die dicke Bassline gibt einen breitbeinigen Groove vor, während Post-Punk-Gitarren mit Funk kollidieren, Frontmann Andrew Savage existenzialistische Fragen in surreale Lyrics verpackt und wir gefühlt am laufenden Band vom Taxi in einen New Yorker Nachtclub nach dem anderen stolpern. “Sometimes I wonder how long ’til I’m a face in one?“, “Yeah, how many days in life will I spend underground?“, “And how many ways of feeling lousy have I found?” Darauf liefert Savage zwar keine Antworten, aber er erkennt, dass es auch ein Leben hinter der Party gibt: “I’ve found a reason to exist/ waving on the top/ undercover wall/ begging not to go extinct/ do what you saw“.
Selbstfindung goes Kraut
Obwohl diese Momente, in denen Savage mit sich selbst ins Reine kommen will, einige der Höhepunkte des Albums darstellen, fühlen sie sich schon fast nebensächlich an, wenn die Band im weiteren Verlauf des Albums ungehindert ihre Selbstfindungsreise von krachigem Punk zu eklektischem Dance antritt, die die Talking Heads in der gleichen Stadt so ähnlich schon vor ihnen machten. Die bringt die Parquet Courts in Tracks wie “Marathon Of Anger” und “Plant Life” nämlich dazu mit blubbernden Synths und 70s-Funk-Bassline ein trippy Gemisch aus Psych und Kraut aufzukochen, dass gleichermaßen an die experimentale Avant-Funk-Ursuppe von Can (v.a. “Tago Mago”), als auch an den zugedröhnten Alternative Rock von Primal Scream oder den Dance-Punk von Professor Murder – ebenfalls aus dem New Yorker Underground – erinnert.
Schon mit “Wide Awake!” und Produzent Danger Mouse (Gorillaz, Portugal. The Man, Red Hot Chili Peppers) kultivierten sie eine neue Ebene ihres emotionalen Bewusstseins, dass über Punk-Wut hinausging und die Ekstase in der ungenierten Proklamation des Selbst fand. Mit dem einschlägigen Produzenten-Duo Rodaidh MacDonald (The xx, Kanye West, King Krule, David Byrne) und John Parish (PJ Harvey, Aldous Harding, Dry Cleaning) führen sie dies gelungen fort, manifestieren ihren funky-krachigen Signature-Sound und erweitern diesen um sphärische Psych-Ausflüge.
Auch wenn in Tracks wie “Pulcinella”, “Just Shadows” und “Trullo” das stimmige Gesamtwerk von Katerstimmung, Experimental-Americana und World-Beat zerworfen wird, bleibt “Sympathy Of Life” trotz oder gerade wegen des spürbaren Jam-Charakters durchaus tanzbar und wirkungsvoll.
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Und so hört sich das an:
Die Rechte für das Albumcover liegen bei Rough Trade/Beggars Group/Indigo.
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