„I was bored as fuck sitting around and thinking all this morbid stuff. Like if anyone I’ve slept with is dead and I got stuck on death and dying and obsessive thoughts that won’t let up. It makes me feel like I’m about to throw up.“ – diese Zeilen eröffnen das dritte Album der kanadischen Punk-Rock-Band PUP, das auf den Titel „Morbid Stuff“ (zu Deutsch: krankhaftes Zeug) hört und das Quartett in Höchstform präsentiert. Präziser als diese wenigen Worte kann man den gewagten, doch stets gelungenen Spagat zwischen irrwitzigem Humor und bitterernster Nachdenklichkeit, die sich schon immer durch das Schaffenswerk PUPs zog, mit „Morbid Stuff“ jedoch seinen Höhepunkt findet, wohl schwerlich fassen. Mit dieser lyrischen Finesse gehört der dritte Langspieler der Musiker aus Toronto neben Angel Du$ts grandiosem „Pretty Buff“ (mehr dazu hier) zu den spannendsten Punk-Neuerscheinungen des ersten Quartals. Das liegt neben den besonders pointierten Texten auch an der feinfühlig arrangierten Musik, die neben der hohen Stimme Stefan Babcocks die Stücke der Kanadier ausfüllt.
PUP gehören zu den wenigen Bands des Punk-Rock, denen es gelingt Songs zu schreiben, die nicht nur wie eine Kopie neben den großen Vorbildern stehen, sondern vor eigenem Charakter fast schon überladen wirken. Da wären die häufig vom Schlagzeug angeführten Tempowechsel, die von Songteil zu Songteil leiten. Nachdem „See You At Your Funeral“ mit seichten Klaviertönen und gelegten Gitarrenakkorden ausgeklungen ist, beginnt auch „Scorpion Hill“ mit seinem hymnischen Musical-Intro verhalten. Wenig später brettert die Band jedoch bereits mit treibenden Gitarren und Drums in Richtung Strophe und lässt jegliche Ruhe hinter sich zurück – zwischen den beiden Stimmungen liegt nur ein Sekundenbruchteil. Da wären die verspielten Melodielinien von Lead-Gitarrist Steve Sladkowski, die akzeptable Punk-Songs in spaßige Punk-Hymnen verwandeln und den Stücken der Band eine tiefere musikalische Ebene hinzufügen. Vor allem die etwas poppigere Ankündigungssingle „Kids“ profitiert von den eingängigen Melodien des Herren, der Fans der Band von den Konzerten auch als der „Typ mit der Sportbrille“ in Erinnerung geblieben sein dürfte.
Da wäre der Bass, der die richtigen Akzente setzt und das Schlagzeugspiel perfekt ergänzt. „Sibling Rivalry“ ist ein Stück, das ohne den Beitrag des Viersaiters kaum an Dynamik verfügen würde. Auch „Full Blown Meltdown“, inklusive Trash-Metal-Part der wohl krachigste Momente der bisherigen PUP-Historie, wird von den zumeist gesechszehntelten Noten der Bassgitarre angetrieben. Da wären natürlich auch die einzigartigen Texte Babcocks, die der Sänger mal schreit, mal zynisch, mal ganz gefühlvoll vorträgt, dabei aber niemals darauf verzichtet dick aufzutragen und auch „Oh-Eh“-Chöre nicht misst. Punk eben. In der Bridge des Trennungsstückes „See You At Your Funeral“ rotzt der Kanadier den Hörern beispielsweise ein bitterböses „I hope somehow I never see you again or if I do it’s at your funeral“ vor die Füße. In „City“ säuselt Babcock dann später auf einmal gefühlvoll „I’m weighed down in this city. […] There’s this battle raging in me, don’t want to love you anymore, but I can’t help it“ – zwischen den ironischen Kommentaren und der bösartigen Abneigung schlummert also stets eine tiefere, deutlich düstere und ernstere Ebene, die ebenfalls immer wieder zum Vorschein kommt. Selbstironie at it’s best.
Auch das Albumcover – auf diesem erhascht man einige mit Messern und verbundenen Augen zwischen Luftballons und Radiorekorder herumirrende Partygäste – sowie die die Albumkampagne flankierenden Musikvideos – warum nicht einfach mal seine Fans vor Release einen neuen Song nur mit Hilfe der Notationen covern lassen? – verkörpern den Humor, den die vier Kanadier in ihr Projekt tragen. PUP verinnerlichen diese Art von Selbstironie und Zynismus also bis aufs Letzte und liefern darüber hinaus auch musikalisch selbst nach zwei Langspielern noch in Gänze ab. Chapeau!
Das Album “Morbid Stuff” kannst du dir hier kaufen.*
Und so hört sich das an:
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PUP live 2019:
18.04. – Berlin, Cassiopeia (ausverkauft!)
19.04. – Hamburg, Hafenklang (ausverkauft!)
20.04. – Köln, MTC (ausverkauft!)
Die Rechte für das Albumcover liegen bei Rise Records / Little Dipper.
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