Drei Jahre nach dem Erscheinen von “Berdreyminn” melden sich Sólstafir mit einem neuen Werk zurück, um ihre ZuhörerInnen an der Hand zu nehmen und auf einen musikalischen Trip in die menschliche Psyche zu entführen. Um das Ziel zu erreichen, durchquert “Endless Twilight Of Codependent Love” die spirituelle Ebene Islands ungezähmter Natur. Dabei geht die Fahrt durch die eisige Tundra, vorbei an reißenden Wasserfällen hin zu majestätischen Berggipfeln und erstarrten Meeren. Das Album verbindet Sólstafirs vorangegangene Werke mit innovativen Konzepten. Dadurch ist das Quartett sowohl von bekannten wie auch von noch ungehörten Seiten zu erleben. “Endless Twilight If Condependent Love” lebt von seinen Gegensätzen und bringt zusammen, was nicht unbedingt zusammengehört.
Lärm und Stille
Auf “Endless Twilight Of Codependent Love” kombinieren Sólstafir die derben Klänge ihrer frühen Werke, wobei vor allem häufig Bezug zu “Köld” genommen wird, mit dem Post Rock ihrer späteren Alben. “Akkeri” startet das Album mit einem behaglichen Beat und innerlichen Gitarren, bevor der Song in rohe Metal-Gefilde driftet. In “Dionysus” sind rasante Blast-Beats zu hören, welche ebenso von einer früheren Veröffentlichung der Band hätten stammen können, gleichzeitig auch an aktuelle Alben von Kvelertak oder Skeletonwitch erinnern. Auch “Endless Twilight Of Codependent Love” legt, wie seine Vorgänger, keinen Wert auf konservative Songstrukturen und gibt sich seinen Neigungen voll und ganz hin.
Musikalisch hat das Album jedoch deutlich Mehr als nur eine Mischung aus Post Rock und Black Metal zu bieten: “Rökkur” verarbeitet Spoken-Word-Elemente mit progressivem Rock. Dadurch finden Solstafir eine Schnittstelle zwischen Enslaved und La Dispute. Durch “Drýsill” ziehen sich Western-Gitarren wie sie auch von Ennio Morricone hätten arrangiert werden können. Auf “Alda Syndanna” lebt die Band ihre Leidenschaft für klassischen Hard Rock komplett aus. “Or” schmeißt anschließend bluesige Gitarren in Sólstafirs buntes, anspruchsvolles und kreatives Klangbild.
Textlich thematisiert das siebte Studioalbum des isländischen Kollektives unter anderem bekannte Themen wie Naturverbundenheit. Aber auch der thematische Kosmos der Band hat sich auf ihrem jüngsten Album erweitert: Stücke auf “Endless Twilight Of Codependent Love” thematisieren psychische Probleme, Alkoholismus und toxische Männlichkeit. Aðalbjörn Tryggvasons stimmliche Arbeit ist wie gewohnt eine absolute Ausnahmeleistung.
Eine Reise ins unverfälschte Skandinavien
Wo ältere Werke der Band oft durch eindrucksvolle Singles Aufsehen erregt haben, schafft es “Endless Twilight Of Codependent Love” durch seine Besonnenheit zu glänzen: “Otta” hat “Lágnætti”, “Svarti Sandar” hat “Fjara”, aber “Endless Twilight Of Codependent Love” hat einen organichen Fluss, welcher sich durch die gesamte Platte zieht. Wem “Berdreyminn” zu eintönig war, dürfte von der Experimentierfreudigkeit auf Sólstafirs aktuellem Werk abgeholt werden. Zugegeben ist das alles Meckern auf sehr hohem Niveau, da sich die Band mit jedem ihrer Werke neu erfunden hat. So innovativ, besonnen und wunderschön wie auf ihrer jüngsten Platte ist es der Band jedoch lange nicht mehr gelungen. Sólstafir haben ein magisch anmutendes Ausnahmewerk kreiert, dessen Hörerlebniss einer Reise in Skandinaviens unverfälschter Natur gleichkommt. So mitreißend und bewegend ist “Endless Twilight Of Codependent” inszeniert.
Das Album ist hier erhältlich.*
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Die Rechte am Albumcover liegen bei Season Of Mist/Soulfood.
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