Das Interesse reißt einfach nicht ab: Let’s Dance ist mit bisher 17 Staffeln eines der erfolgreichsten Unterhaltungsformate, die jemals im deutschen TV liefen. Ein Ende? Nicht in Sicht. Stattdessen geht gerade die bereits fünfte Live-Tour zum Erfolgsformat in den Endspurt. Tickets für die Tour 2025 sind bereits im Vorverkauf und tatsächlich hat man sich getraut, noch einen Termin draufzupacken: 24 Shows an 33 Tagen stehen an. Doch vorab erfreut man sich in der Westfalenhalle zu Dortmund über 8000 Zuschauer*innen, wovon laut Applaus für viele das Weihnachtsgeschenk safe ist, nämlich Karten für die nächste Rutsche.
Wer unsere Berichte aus den Jahren 2019, 2021, 2022 und zuletzt 2023 mitverfolgt hat, weiß, dass sich das Konzept nie groß verändert, aber im Details schon einiges angepasst wurde – davon leider nicht alles nur zum Vorteil. Das größte Downgrade gab es im letzten Jahr, als plötzlich nur noch fünf statt wie zuvor sechs Promis mittanzten, was gleich zwei Paartänze weniger bedeutet. Zwar ist das 2024 erneut so, dafür gibt es in der Besetzung und bei einem anderen Aushängeschild eine sichtliche Verbesserung, allerdings in einem anderen Angebot wiederum einen Wegfall.
Doch zuerst spulen wir zurück in den Mai: Gabriel Kelly, Sohn des berühmten Großfamilienmitglieds Angelo Kelly, gewinnt bereits als zweites Mitglied der Kelly Family die RTL-Show. Schon in der ersten Folge sticht der 23-jährige Musiker, der seit Kindheit an mit Papa auf der Bühne steht, mit seinen Tanzskills hervor. Ähnlich wie damals in der vierten Staffel im Jahr 2011 seine Tante Maite avanciert er in Lichtgeschwindigkeit zum Publikumsliebling und hält am Ende die Trophäe in der Hand. An der Seite steht seine Tanzpartnerin Malika Dzumaev, die erst das vierte Mal bei Let’s Dance als Profi dabei ist und mit Gabriel ihren ersten Sieg einfährt. Spoiler an dieser Stelle: Auch den ausschließlich durchs Publikum per Handy-Voting entschiedene Tagessieg der Tour in Dortmund dürfen die Zwei für sich beanspruchen, schließlich ist die Westfalenhalle das selbsternannte Sofa der Kelly Family, die hier unzählige Male auftraten, erstmalig 1994 die Halle auf eigene Faust buchten und die Tickets selbständig auf der Straße (!) verkauften. Ja, diese Erfolgsstory muss natürlich von der nächsten Generation weitererzählt werden.
Dass er bei der Tour gesetzt ist, ist klar. Sowieso gibt es bereits seit der zweiten Ausgabe stets die drei Finalist*innen der vergangenen Staffel. Das ist auch 2024 so. Somit stehen neben Gabriel die Zweitplatzierte Jana Wosnitza, die mit Vadim Garbuzov tanzt, und Detlef Soost als Platz Drei, gemeinsam mit Ekaterina Leonova, auf dem portablen Parkett. Alle drei Paare gab es in derselben Konstellation auch im Frühjahr. Schön. Weniger schön: Gleich zwei geplante Kandidat*innen, nämlich Ann-Kathrin Bendixen (Platz 4) und Mark Keller (Platz 6) springen Anfang Oktober gesundheitsbedingt ab. Klar, jede*r kann krank werden – allerdings werden sie ersetzt durch René Casselly, der 2022 die Show gewann und auch 2022 bei der Tour dabei war, sowie durch Sharan Battiste, 6. Platzierte in der Staffel 2023, die letztes Jahr nicht mitgetourt ist. Noch mehr Wirrwarr: In manchen Shows ist Jana Wosnitza verhindert, dann springt Lina Larissa Stahl ein, die zwar zur 2024-Staffel gehört, aber nur Platz 11 erreichte. Die ist auch dabei, wenn Sharon nicht kann. Außerdem ist Motsi Mabuse wie jedes Jahr an allen Samstagen durch ihre Jury-Teilnahme bei “Strictly Come Dancing” verhindert und dafür Isabel Edvardsson der Ersatz. Nein, das checkt wirklich niemand mehr.
Positiv ausgedrückt: Jede Vorstellung ist anders. Negativ ausgedrückt: Man weiß quasi nicht, was man bekommt und die Entscheidungen wirken random. Besonders diejenigen, die schon sehr früh ihre Tickets kaufen, bekommen im Laufe des Jahres also immer wieder ein “Och nö, doch nicht” serviert, was echt nerven kann. Andererseits hat man aber besonders bei den Shows, in denen Jana als auch Sharon mittanzen, ein qualitativ hochwertiges Package. So eben auch in Dortmund. Gab es 2023 mit Ingolf Lück zwar einen Sympathieträger, dafür aber mit 65 auch jemanden, der nicht mehr ganz mithalten kann, besonders schlimm aber mit Abdelkarim einfach eine Person, die wirklich gar nicht tanzen kann, so ist das Tanzniveau 2024 richtig hoch. Das zeigen auch die Punktewertungen: Die Jury geht kein einziges Mal unter die 27, final haben alle fünf Paare nach zwei Tänzen mindestens 56 Punkte zusammen, zwei Paare sogar die perfekte 60. Und ja, das ist wirklich ein Qualitätsmerkmal, dass man einfach jede Minute etwas geboten bekommt, was schillert, zum Träumen animiert oder beeindruckt.
Highlights unter den Tänzen ist der starke Paso von Jana, der Trio-Dance von Detlef, Ekaterina und Mariia Maksina, die stilvolle Rumba von Sharon, noch mehr aber natürlich der technisch sensationell getanzte Tango von Gabriel sowie die genauso gigantische Samba und die Akrobatik-Tanz-Verschmelzungen von René, der mit dem Jive einen Tanz zeigt, den es auf der Tour 2022 von ihm nicht gab und on top sogar noch einem komplett neuen Contemporary-Paso-Mix, den es sogar noch nie von ihm zu sehen gab und der nur für die Tour einstudiert wurde. Krass. Wie es sich für die Let’s Dance-Tour gehört ist von Sekunde 1 bis zur letzten Minute um 22:46 Uhr der Ablauf perfekt. Das soll natürlich bei dem 21. von insgesamt 23 Tour-Stopps auch so sein, aber ist dennoch keine Selbstverständlichkeit. Doch was hier in Sekunden auf- und abgebaut wird, ist immer wieder beeindruckend. Außerdem wurde hinsichtlich Pyros, Konfettibomben, und Fontänen nochmal eine ganze Ladung draufgelegt – eigentlich gibt es keinen einzigen Tanz, der ohne herausragende Inszenierung auskommt. Sehr großes Kompliment.
Das nächste große Plus: Die fünf Profitänze, die zwischendrin vorgeführt werden, sind wieder einmal komplett neu und anders als in den Vorjahren und in großen Teilen überragend. Besonders das wundervolle Disney-Opening, bei dem alle Profitänzer*innen Kostüme aus berühmten Disney-Filmen tragen, sowie die wahnsinnige Michael–Jackson-Hommage, bei der Vadim Garbuzov im “Smooth Criminal”-Outfit auf überragendem Level Schritte seines Idols imitiert, sind Jackpots. Des Weiteren gibt es mit einem Falco-Medley ein zweites Tribute an einen großen Künstler, mit einer “Magic Mike”-Show so viel nackte Haut von den männlichen Profis wie noch nie – ob das nötig ist, sei dahingestellt – und eine atmosphärische Weihnachtsshow zum Rauswurf, die zumindest am Beginn der Tour Ende Oktober wohl etwas verfrüht gewirkt haben muss. Funkelnd: Bei “All I Want For Christmas” wird das Publikum aufgefordert, die Handyblitze anzumachen, sodass die Westfalenhalle in Dortmund überall erstrahlt. Kathrin Menzinger und Vadim Garbuzov als Choreograph*innen der Truppe haben wirklich erneut voll abgeliefert.
Mit fast 145 Minuten Vorführungszeit ist die Show wieder zehn Minuten länger als im Vorjahr. Was außerdem gleich geblieben ist: Erneut darf ein*e Zuschauer*in mit einem Profi tanzen. Dieses Mal mit Alexandru Ionel. Joa ok, nicht das größte Let’s Dance-Aushängeschild, aber fair enough. Ob er mit einer männlichen oder weiblichen Person tanzt, sei ihm egal, sagt er Moderator Daniel Hartwich – der natürlich wieder super durch den Abend führt, aber das wissen wir ja alle – Hauptsache, sie könne den Takt zählen. Die Zuschauerin, die einen Tango mit ihm auswählt, macht das übrigens richtig gut. Selten sah ein Tanz mit jemandem aus dem Publikum so durchchoreographiert aus, wow. Und dennoch hat die Produktion schon wieder an anderer Ecke gespart: Gab es bei den ersten drei Shows Akrobat*innen, beim letzten Mal zwei Instrumentalist*innen und zwei Sänger*innen, die Livemusik spielten, so wartet diesmal neben den Profis, Promis, der Jury und dem Moderator was? Na? Richtig, gar nichts mehr. Zwar waren die zusätzlichen Menschen auf der Bühne nur “Nice to have’s”, aber faktisch wird erneut an einer Stelle eingespart.
Dortmund hat Spaß. Locker 90 Prozent der Plätze sind belegt. Obwohl die gesamte Cast bereits zum 21. Mal in kurzer Zeit das Programm durchzieht, sind wirklich gar keine Abnutzungserscheinungen sichtbar. Trotzdem sei nochmal an Kartenkäufer*innen appelliert: Bedenkt, dass das “Mit den beliebtesten Promis aus der neuen Staffel” sehr großzügig gehandhabt wird, weswegen auf den neusten Bannern schlauerweise auch nur noch “Die neue Show” steht, um mehr Flexibilität zu haben, ohne dass am Ende jemand enttäuscht ist. Gut so! Sowieso geht es natürlich vordergründig um das Feeling, das ganze Knall-Bumm-Glitzer-Zisch und starke Dance-Performances. Da schaut man auch mal darüber hinweg, dass Sharon nicht zur aktuellen Staffel gehört und viele Besucher*innen René schon mal gesehen haben, der aber eben auch einfach eine Bombe auf der Bühne ist. Let’s Dance – Die Live-Tour 2024 endet am 28.11. in Zürich, am 20.12. kommt das diesjährige Weihnachtsspecial im TV, irgendwann im Februar wahrscheinlich die erste Folge der nächsten Staffel, ganz sicher aber am 2.11. der erste Live-Stopp in Riesa. Das Interesse reißt eben nicht ab – bei uns übrigens auch nicht.
Und so sieht das aus:
Website / Facebook / Instagram / TikTok / X
Foto von Christopher Filipecki
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.