Eigentlich gilt Deutschland nicht gerade als Heimat des Indie, aber schaut man sich die Szene in letzter Zeit mal genauer an, scheint es einen Umbruch zu geben. In den letzten Monaten hört man von immer mehr jungen Indie-Bands und -Künstlern, die einen ganz bestimmten Sound haben und damit zwar unglaublich international klingen, aber ursprünglich aus Deutschland kommen – und zwar nicht nur aus Berlin, sondern aus Mannheim, Hannover oder dem Ruhrgebiet. Mit frischer und zeitgemäßer Musik mischen im Moment so einige Newcomer (oder auch Bands, die schon länger dabei sind und jetzt erst ihren Durchbruch haben) die Musik-Szene auf, stehen auf Festivalbühnen und dominieren die alternativen Spotify-Playlists. Um bei all diesen neuen Bands den Überblick nicht zu verlieren, beantworten wir hier die Frage, welche Indie-Bands ihr jetzt kennen solltet und stellen euch unsere Favoriten vor.
Jeremias
Funky Synthies und Gitarrensounds, catchy Melodien und minimalistische deutsche Texte, die trotzdem berühren – das sind Jeremias, eine junge Band aus Hannover, die zwar bis dato weder EP noch Album releast hat, aber trotzdem momentan die Festival- und Clubbühnen des Landes erobert. Mit ihrem eigenen Stil, einer Mischung aus Funk, Discosound, Indie, Wave und Pop erschaffen die vier Jungs eine ganz besondere Atmosphäre, die zum Tanzen animiert und die 70er und 80er Jahre in modernem Gewand wieder aufleben lässt. Ihre ersten drei Singles sind zwar bereits sehr vielversprechend, Anfang Oktober kommt dann aber mit “Du musst an den Frühling glauben” endlich auch ihre Debüt-EP – gefolgt von einer ersten gleichnamigen Headlines-Tour im Frühjahr 2020.
Shelter Boy
Die Band Still Trees dürfte den meisten Indierock-Fans bereits ein Begriff sein – aber wer ist dieser Shelter Boy? Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich niemand geringeres als Still Trees-Mitglied Simon Graupner, der nun auch auf Solo-Pfaden unterwegs ist – und dabei keineswegs schlechtere Musik macht, als zuvor in der Band. Mit seinem entspannten und unaufgeregten Sound wird er oft mit Mac DeMarco verglichen, bewegt sich irgendwo zwischen Wave und Indie liefert mit seinen Songs den perfekten Soundtrack für einen entspannten lauen Sommerabend. Unbeschwertheit – das ist wohl das passendste Wort um die Musik von Shelter Boy zu beschreiben. Bleibt zu hoffen, dass wir nach seiner Solo-Debüt-EP “Mirage Morning” noch mehr von ihm zu hören bekommen.
DOTE
Wenn jemand den Indie-Nerv dieser Zeit trifft, dann sind es wohl DOTE: Poppige Melodien, begleitet von Synthies, elektrischen Gitarren und englischen Texten – all das bedient zwar jedes Indie-Klischee, wirkt aber dennoch innovativ und absolut nicht langweilig. Die vier Jungs aus Essen produzieren auf unglaublich sympathische Weise zeitgemäßen Indie-Sound, der das Beste und Essenzielle des Genres vereint und sich auch mit den großen Namen der Szene messen kann. Dabei stehen ihnen sowohl die tanzbaren und poppigeren Songs als auch die sanfteren Klänge, die man jeweils genau in der richtigen Mischung auf ihren beiden 2017 und 2018 veröffentlichten EPs “North” und “Centre Court” finden kann – wird langsam Zeit für eine neue EP, oder?
Cinemagraph
“Feelgood-Indie” – diese Art Subgenre und nebenbei noch Name einer erfolgreichen Spotify-Playlist beschreibt kaum eine Band passender als Cinemagraph. Mit klassischen Indie-Elementen lassen die Mannheimer das Genre neu aufleben und verpassen eingestaubten Genre-Bezeichnungen wie Britpop einen neuen Anstrich. Eindeutige musikalische Inspiration scheint vor allem die “Class of 2005” zu sein, klanglich erinnern die Songs beispielsweise an The Kooks – langweilig oder altbacken wirkt der Sound von Cinemagraph trotzdem nicht. Mit neuen, alternativen Einflüssen erschaffen die Musiker spannende Klänge – irgendwo zwischen Indie und Alternative.
Some Sprouts
Verträumte Indie-Klänge, die verspielt, aber keineswegs kitschig klingen – geht nicht? Das Gegenteil beweisen momentan Some Sprouts, die mit ihrem Dream Pop zeigen, dass Indiepop auch anders kann. Mit zuckersüßen und eingängigen Melodien abseits des Mainstreams sind sie das besten Beispiel dafür, dass Indie nicht immer nur cool und edgy sondern auch gefühlvoll sein kann. Im Herbst gehen sie mit ihren bisherigen Singles und EPs auf große Tour durch Deutschland – spätestens dann können wir uns also auch davon überzeugen, wie der softe Indiepop der Jungs live so klingt.
Gurr
Wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat, dem dürften zwei Sachen aufgefallen sein: Zum einen sind die vorgestellten Bands zwar alle super interessant, innovativ und machen tolle Musik – aber auf der anderen Seite sind sie eben auch vor allem eines – sehr männlich. Noch immer wird die Musikbranche vor allem von Männern dominiert – dieser Trend macht auch vor dem sonst so progressiven Indie keinen Halt. Umso schöner ist es natürlich, dass es dort, wo vor einigen Jahre ausschließlich Männer auf den Bühnen und in den Plattenregalen standen, nun auch Frauen auf den Plan treten – und das sogar ziemlich erfolgreich. Mit ihrem rockigen Indie-Sound standen Gurr schon als Vorband von Kraftklub auf der Berliner Waldbühne und veröffentlichten im April mit “She Says” bereits ihre zweite EP, nachdem das Debütalbum vor allem in Kritikerkreisen in den höchsten Tönen gelobt wurde. Das Duo ist also schon etwas länger im Geschäft, zeigt aber momentan dennoch, wie man mit geballter Frauenpower verdammt guten Indie-Rock machen kann.
Pool
So richtige Newcomer sind Pool zugegebenermaßen nicht mehr – bereits 2012 veröffentlichte die Indie-Band ihre erste EP. Und trotzdem scheinen die Musiker momentan mit ihren Singles aus den letzten Monaten eine Art Durchbruch zu erleben. Auch ihr Debütalbum “Snacks & Supplies” erschien bereits vor vier Jahren, in den vergangenen Jahren und Monaten schlug die Band mit einigen Singles musikalisch aber nochmal andere Wege ein und scheint damit auch Erfolg zu haben. Der Name klingt bereits nach Sommer, Sonne und Entspannung und genau das spiegelt sich auch in den Songs der Musiker wider – das ist nämlich positive Gute-Laune-Musik, die Sonnenschein in jede Jahreszeit zaubert.
Foto: Jeremias (Bild von Martin Köhler)
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