Plattenkrach: Kings of Leon – Only By The Night

Only By The Night, Kings of Leon

Schon zehn Jahre ist es her, dass die „Kings of Leon“ ihr viertes Album „Only By The Night“ veröffentlicht haben! Ein guter Zeitpunkt also, noch einmal auf den großen Durchbruchserfolg zurückzublicken. In unserem Plattenkrach erzählt euch Sebastian, warum er dem Album, das er ab und zu sehr gerne hört, einen Sonderstatus in der Diskografie der Band beimisst. Marie wiederum hat sich zum ersten Mal überhaupt ein Album der Kings of Leon angehört und kommt dabei zu einem eher ernüchternden Ergebnis.

Sebastian sagt dazu:

Unter den kommerziell besonders erfolgreichen Rockalben der 2000er ist „Only By The Night“ eines der diskussionswürdigsten. Wenige Veröffentlichungen haben Fans einer gestandenen Band je so sehr gespalten, wie es das bis heute meisterverkaufte Album der Kings of Leon tat: War es wirklich der Anfang vom Ende der vielversprechenden Rocksensation aus Tennessee, die bis 2007 bereits drei sehr überzeugende Alben vorgelegt hatte? Unübersehbar ist der Einfluss, den „Only By The Night“ auf den Bekanntheitsgrad der Followills genommen hat. Das Werk eröffnete ihnen vor nunmehr zehn Jahren den Zugang zu einem Massenpublikum: ein Erfolg, der bis heute anhält. Kings of Leon sind weltweit Festival-Headliner und spielen standardmäßig in Arenen. Kaum jemand wird die Überhits „Sex on Fire“ und „Use Somebody“ nicht kennen, wenn man sie ihm vorspielt.

Der erste Song der Kings of Leon, den ich jemals wahrgenommen habe, war „Use Somebody“. Er wurde damals wirklich sehr oft im Radio gespielt. Was mich nach einiger Zeit neugierig machte, war in erster Linie die Stimme von Caleb Followill. Sie hatte einen besonderen Charme, daher wollte ich mir mehr Lieder anhören. Ich bestellte mir „Only By The Night“ und den Vorgänger „Because of the Times“. Die Alben gefielen mir, also legte ich mir auch noch die beiden ersten zu, um mich mit dem kompletten Werk vertraut zu machen. Schnell bemerkte ich, wie unterschiedlich die Alben klangen. Fast schon wie von verschiedenen Bands. Aber mir gefielen sie alle, das Songwriting überzeugte mich durchweg, der Gesang ohnehin. Man muss es mögen, dieses oftmals Wehleidige in Calebs Stimme, im Kontrast aber auch diese unbändige Lässigkeit, wie sie besonders auf den früheren Alben zu finden ist.

Für mich ist „Only By The Night“ nicht aufgrund seiner Hits ein wirklich gutes Album, sondern weil die Mischung hier einfach stimmt. „Closer“ verbreitet eine unglaublich einnehmende Stimmung zu Beginn, ohne jemals spektakulär auszubrechen. Während die Spannung von Strophe zu Strophe anschwillt, kann man nicht sagen, dass sie sich im Finale des Songs auf eine besonders unerwartete Art und Weise auflösen würde, sondern es wirkt eher so, als zerplatze sie ein wenig. Eine gewisse Vorhersehbarkeit wird den Kings of Leon oft vorgeworfen. Es gebe keine Überraschungen. Ich sehe das aber gar nicht als Mangel. Wenn ich auf ein Konzert der Band gehe, weiß ich, was mich erwartet. Ich kenne zwar nicht die Songauswahl, aber ich kann davon ausgehen, dass die Songs, die sie spielen werden, dann auch fast exakt so klingen wie auf Platte. Da ist nicht viel mit Improvisation. Aber die Qualität stimmt einfach. Kings of Leon überraschen selten durch spontane Ideen. Auch auf „Only By The Night“ servieren sie ein abgeschmecktes Gericht, das man einfach gerne mag (oder vielleicht auch nicht). Man kennt die Songs recht bald sehr gut. Es sind keine komplizierten Kompositionen. Die Grundstimmung der Songs weiß zu gefallen, das reicht irgendwie schon aus. Nicht jeden Tag, nicht jede Woche, aber doch immer wieder mal kann man sich das Album sehr gut anhören. Es ist kurzweilig, hat Ohrwurm-Hits, aber durchaus auch tiefgründigere Songs. Dass die Band nicht vorrangig auf die großen, einfachen Hits aus war, als sie das Album schrieb, zeigen Songs wie „Cold Desert“, welche lyrisch wie musikalisch mit einfachen Mitteln eine starke emotionale Wirkung entfachen können. Mehr als einmal habe ich das, auch in der Live-Version, als überwältigend empfunden.

„Only By The Night“ markiert gewiss eine Art Wendepunkt in der Diskografie der Kings of Leon. Was vor dem Album kam, klingt anders als das, was danach bisher gekommen ist. Die neueren Alben klingen aber auch nicht wirklich nach „Only By The Night“. Ich persönliche finde die frühere Phase um Längen besser als vieles Neues. „Only By The Night“ jedoch hat für mich eine Ausnahmeposition inne. Es ist ein in meinen Augen hervorragendes Album, das einen unverwechselbaren Klang hat. Manche mögen es nicht besonders, andere lieben es. Zu letzteren gehören sowohl Fans, die insbesondere die ersten Alben abfeiern, als auch solche, die damit eher weniger anfangen können. So funktioniert das Album höchstens als ein allererster Orientierungspunkt, wenn man mit der Band nicht vertraut ist. Ob das Album nun aber gefällt oder nicht: Es ist sehr interessant, zu schauen, was vorher und was nachher kam. Dass „Only By The Night“ bereits eine Aufgabe der ursprünglichen Qualitäten der Band zugunsten eines Mainstreamerfolges dargestellt haben soll, ist meiner Ansicht nach ein weit verbreitetes Missverständnis. Wie die Band mit dem eingetretenen Erfolg danach umgegangen ist, ist natürlich eine andere Frage.

Marie antwortet:

Kings Of Leon ist eine der Bands, von denen ich zwei oder drei Songs kenne, da diese immer und immer wieder im Radio laufen, aber ansonsten nicht einmal den Namen irgendeines Albums aufzählen könnte. Also versuche ich diese Wissenslücke zu schließen und höre mir „Only By The Night“ an, da Sebastian das Album schließlich für sehr gut befindet und ich nach kurzer Google-Recherche auch weiß, dass diese Platte mit das erfolgreichste Album der Kings of Leon war. Das klingt doch vielversprechend! Allerdings wird mir beim Hören schnell klar, dass ich gar nicht so viel verpasst habe…

Der Song „Closer“ ist ein schöner Start in die Platte und besonders instrumental ist er spannend aufgebaut, aber bereits nach dem zweiten Song geht mir die näselnde, wehleidige Stimme des Sängers auf die Nerven. Auch die eigentlichen „Hits“ von Kings of Leon wie „Sex on Fire“ oder „Use Somebody“ gehen auf dieser Platte leider unter, da sich gefühlt immer wieder dasselbe Riff nur mit leicht variierenden Texten wiederholt. Zu Beginn hat sich mir die Frage gestellt, wieso die Kings of Leon mit dieser Platte so erfolgreich im Mainstream waren, aber die beantwortet sich dann auch von selbst, da ich noch tagelang einen schrecklichen Ohrwurm von dem seltsam betonten „Use Somebody“ habe. Schön ist das nicht und ich würde lieber wieder einen Ohrwurm von irgendeiner Werbung oder einem Kinderlied haben… Während es musikalisch recht unspektakulär weiter geht, sind die Texte mit das Klischeehafteste, was ich in langer Zeit gehört habe. Der eine Song heißt ja schließlich auch „Sex on Fire“, da sollten mich die plumpen Lyrics ja auch nicht allzu sehr wundern. Eigentlich versuche ich immer, wenn mir eine Platte beim ersten Hören nicht gefällt, dem Ganzen noch eine zweite Chance zu geben, aber hier habe ich es einfach nicht durchgehalten das Album noch einmal vollständig zu hören.

Insgesamt plätschert „Only By The Night“ also eher zäh daher anstatt mich mitzureißen. Und auch wenn es technisch gesehen sauber und sehr gut produziert ist, geht das Kings of Leon Rezept für mich absolut nicht auf. Es ist zu sehr auf pathetischen Stadionrock gemacht und verliert dabei jedwede Individualität und Originalität.

Das Album „Only By The Night“ kannst du dir hier kaufen.*

Mehr Plattenkrach: Hate it or love it – was für den einen ein lebensveränderndes Monumentalwerk ist, ist für die andere nur einen Stirnrunzler wert! Ein Album, zwei Autor*innen, ein Artikel, zwei Meinungen! Mehr Auseinandersetzungen findest du hier.

So hört sich das live an:

Website / Facebook / Twitter

Die Rechte am Albumcover liegen bei Sony Music.

* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.