Wirges, 25. – 26. August 2017 – Unwetter, Blitzeinschläge, Evakuierung: War der Wettergott dem Spack!-Festival in den letzten Jahren doch gut besonnen gewesen, so war ihm in diesem Jahr wohl eine Laus über die Leber gelaufen. Doch wer glaubt, dass ein paar Regentropfen und Konzertunterbrechungen den Festivalbesuchern des diesjährigen Spack!-Festivals die Laune verdorben hätten, irrt. Denn auch in diesem Jahr konnte das Spack!-Festival mit seiner grandios-familiären Atmosphäre wieder mehr als überzeugen. Schließlich besagt eine alte Festival-Faustregel: Je matschiger, desto besser!
Bei zunächst strahlendem Sonnenschein schlugen am Freitagmittag die ersten Festivalbesucher gut-gelaunt und farbenfroh gekleidet auf dem angrenzenden Campingplatz in Wirges (nähe Montabaurer/Koblenz, Westerwald) ihre Zelte und Pavillons auf, ehe um 15 Uhr die erste Band des Tages – Indianageflüster – mit ihrem progressiv-experimentellem Sound aus Pop, Rock und Rap das Festival musikalisch eröffnete. Das Festivalgelände war dabei, wie auch schon in den Jahren zuvor, auf drei Musikbühnen – Mainstage, Circle.Vibes-Stage und die Electronic-Gallery – aufgeteilt und bot neben zahlreichen Fress- und Trinkbuden erstmals – neben einer kleinen Chill-Out-Area – auch einen eigenen VIP-Bereich.
Während sich meine Festival-Crew noch genüsslich auf ihren Campingstühlen sonnte und das ein oder andere Bier aus dem für Kühlungszwecke angelegten Schwimmbecken fischte, zogen langsam bereits graue Wolken am Festivalhimmel auf. Als wir uns schließlich gegen 17:30 Uhr Richtung Festivalgelände begaben, um den Auftritt von Bausa zu sehen, fingen uns bereits auf dem Weg einige ernstwirkende Sicherheitsbeauftragte ab, da das Festival – und somit auch Bausas Auftritt – wegen einer Unwetterwarnung unterbrochen worden war. So baten sie uns, zurück zum Campingbereich zu gehen. Eine Dreiviertelstunde später folgte dann jedoch die Entwarnung, sodass wir uns auf den Weg machten, um zumindest Maeckes Auftritt sehen zu können. Dieser trug einen knallgelben Anzug, der durch seine grelle Farbenpracht fast schon den Anschein erweckte, als wolle das Orsons-Mitglied die in der letzten Stunde mehr als vermisste Sonne wieder zum Vorschein bringen. Die Menge tobte und tanzte fröhlich mit.
Nach einer kurzen Umbau-Pause wurde die Mainstage für ein Urgestein des deutschen Gangsta-Raps eröffnet, denn niemand geringeres als B-Tight stand auf dem Programm. Sein Set bestand dabei sowohl aus alten Aggro Berlin und Die Sekte-Klassikern wie „Ich bin’s“ – aus Jugendschutzgründen jedoch z.T. in Titel wie „Jeder pumpt es“ (anstatt des Songs mit dem bösen N-Wort) umbenannt – sowie aus einigen rockigeren, aktuelleren Nummern wie etwa „Drinnen“. Außerdem wurden in regelmäßigen Abständen beim Erklingen eines Jagdhorns durch die Lautsprecherboxen diverse Jägermeister-Shots an die Menge verteilt. Doch auch wer dabei leer ausging, sang und tanzte gelassen mit. Denn egal ob jung oder alt – B-Tight brachte die Stimmung zum Siedepunkt.
Anschließend begaben wir uns zur benachbarten Circle.Vibes-Stage, an welcher Vega & Bosca vor einer beachtlichen lokalpatriotischen Frankfurter-Fangemeinde – nun bereits auch schon das dritte Jahr in Folge – gehörig ablieferten. Auch Rap-Freund Face war mit von der Partie. Die „Freunde von Niemand“ bewiesen dabei mit ihrer Performance, dass ihnen in den nächsten Jahren durchaus ein Auftritt auf der Mainstage gewährt werden könnte: Abriss pur!
Unter das Publikum hatte sich auch die Crew der 257ers gemischt, die gutgelaunt beobachtete, wie Rapper Bosca verschiedene Spirituosen in selbstmitgebrachte Wasserpistolen des Publikums füllte. Ich nutzte die Gunst der Stunde, um mich kurz mit Rapper Shneezin zu unterhalten und einige gemeinsame Fotos abzustauben. Aber nicht nur die 257ers wagten den Schritt aus dem Backstage-Bereich. Auch Maeckes oder Rapperin Lumaraa traf man im öffentlichen Festivalbereich. Seit vielen Jahren schließlich ist das Spack!-Festival für seinen familiären Charakter bekannt. So kommt es häufig vor, dass man auf dem Campingplatz oder Festivalgelände auf Künstler trifft, mit denen man ungezwungen ein Bierchen trinken oder Flunkyball spielen kann.
Um 23:10 Uhr betraten dann auch schließlich die 257ers die Mainstage, die derweil zu einer aufwendig und bunt-dekorierten Kulisse geschmückt worden war. Dass die riesigen Konfettischleudern am Bühnenrand leider an diesem Abend nicht mehr zum Einsatz kommen sollten, war zu diesem Zeitpunkt wohl niemandem klar. Gerade einmal zehn Minuten und zweieinhalb Songs wurden den 257ers, dem eigentlichen Hauptact des Abends, vom Wettergott auf der Bühne gewährt, ehe schließlich während des Songs „Jump Mutant Jump“ die Show wegen einer erneuten Unwetterwarnung unterbrochen werden musste.
„Geht alle zügig in Eure Fahrzeuge und passt auf Euch auf!“, lautete die Ansage des Veranstalters. Während die ersten Festivalbesucher zunächst noch spekulierten, ob es sich um eine witzige Showeinlage des Essener Duos handle, schlug plötzlich ein Blitz gerade einmal 80 Meter neben der Bühne auf dem benachbarten Sportplatz ein. Ein gelungener Warnschuss, denn nun begaben sich alle Festivalbesucher sichtlich nervös, aber dennoch ruhig zu ihren Autos. Schade, die Zuschauer hätten sich mit Sicherheit mehr gefreut, wäre der 257ers-Auftritt der einzige gewesen, der wie ein Blitz eingeschlagen hätte. (Ja, dieser überaus schlechte Wortwitz ließ sich bei dieser Gelegenheit einfach nicht vermeiden.)
An dieser Stelle sei jedoch ein kurzes, aber ernstgemeintes Lob an den Veranstalter, sämtliche Feuerwehrmänner und -frauen sowie an all die Sicherheitsbeauftragten des Spack!-Festivals ausgesprochen, die die Situation gut einzuschätzen wussten und dafür gesorgt haben, dass niemand zu Schaden gekommen ist. Vielen, vielen Dank! In Zeiten der durch Unwetter geplagten Festivalsommer ist ein solch strukturiertes Sicherheitskonzept wirklich Gold wert!
… Der nächste Morgen: Da das Campinggelände nahezu die ganze Nacht evakuiert worden war und erst gegen 7 Uhr in der Früh wieder betreten werden durfte, dauerte es einige Stunden, bis die Festivalbesucher aus ihrem Dornröschenschlaf erwachten und sich der Zeltplatz füllte. Recht schnell folgte die Ansage des Veranstalters: Da das Unwetter erfolgreich weiter gezogen war, konnte das Festival am Samstag wie gewohnt fortgesetzt werden. Die Erleichterung war groß und man hörte die ersten Dosenbiere aufzischen, schließlich musste man auf diese erfreuliche Nachricht anstoßen.
Bei strahlendem Sonnenschein am Nachmittag zeigte schließlich VBT-Legende Weekend auf der Mainstage sein Können. Dabei gab er Songs wie „Hi Chimperator“ oder „Schatz du Arschloch“ vor einer tobenden Meute zum Besten gegeben. Einzig den wenigen „VBT!“-Forderungsrufen des Publikums konnte der Gelsenkirchener-Rapper nicht gerecht werden, was zugegeben bei einer Auftrittszeit von 50 Minuten auch kaum möglich ist.
Auch Grossstadtgeflüster, eine Elektropopband aus Berlin, die besonders mit ihrem Hit „Fickt-Euch-Allee“ die Stimmung anheizte, und Estikay auf der Circle.Vibes-Stage, sorgten in Wirges am Vorabend mit einem grandiosen Musikprogramm für gute Laune. Um 20:55 Uhr begrüßte das Publikum schließlich unter tosendem Applaus Rapper MoTrip, der niemand geringeres als Rap-Freund JokA im Schlepptau hatte. Mit Songs wie „Mathematik“ oder seinem Mega-Chaterfolg „So wie du bist“ zeigte der Aachener, was für ein Live-Talent in ihm schlummert. Denn welcher Rapper schafft es heutzutage ernsthaft, sowohl softe als auch härtere Klänge authentisch auf der Bühne anzustimmen? Fest steht zumindest: Niemand hätte die Stimmung für den Headliner des Abends so gut anheizen können, wie MoTrip es tat.
Pünktlich um 22:55 Uhr war es schließlich soweit: Das große Finale, der Headliner des Spack!-Festivals und einer der erfolgreichsten Rapper des Landes betrat – zunächst mit Goldmaske getarnt – die Bühne: Sido! Von einem leuchtenden Treppenpodest, welches ringsherum von riesigen LED-Monitoren umgeben war, schritt er dabei gen Publikum. Sichtlich gut gelaunt kommunizierte Sido mit seinem Publikum, animierte die geteilte Zuschauermenge zu einem Lautstärke-Contest, performte, als ob es keinen Morgen gäbe und ließ auch eine Wall of Death bilden, die auf sein Kommando wild gegeneinander sprang. Auch die beachtliche Zahl von Gastauftritten während seiner Show trug dazu bei, dass sein Auftritt zum absoluten Höhepunkt des Festivals avancierte: Gäste wie Adest, Motrip oder Estikay bescherten dem Abend das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i, sodass nach anderthalb Stunden purer Konzertpower alle Festivalbesucher das Gelände glücklich und zufrieden verließen, um auf dem Campingplatz gehörig weiter zu feiern.
Alles in allem lässt sich bestätigen: Das Spack!-Festival 2017 war, trotz Evakuierung, Unwetter und Ausfall des 257ers-Auftritt auch in diesem Jahr durch die Bank weg einfach fantastisch. Die familiäre Atmosphäre, die Organisation und vor allem die ausgelassene Stimmung aller Festivalbesucher machten des Flair dieses einzigartigen Festivals aus. Wir werden das Spack! 2017 noch lange in gutem Gedächtnis behalten und freuen uns schon sehr auf das nächste Jahr!
Hier das offizielle Aftermovie 2017 von DasDing: “Schei* auf Unwetter!”:
Facebookauftritt der Künstler des diesjährigen Spack!-Festivals:
Sido | 257ers | MoTrip | Frittenbude | Grossstadtgeflüster | Weekend |Maeckes & DIE KATASTROPHEN | B-Tight | Estikay | BAUSA | Vega &BOSCA | Lumaraa | Damion Davis | Indianageflüster
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