Mit “FIVE” erschien vor einigen Wochen das neueste Album der White Lies. Vor ihrem Konzert in der Kölner Kantine haben uns Bassist Charles Cave und Schlagzeuger Jack Lawrence-Brown einiges über neue und alte Songs, ihre aktuelle Tournee durch Europa und die Bedeutung des Radios für ihren Erfolg erzählt. Ob White Lies einen optimistischen Blick in die Zukunft werfen, erfahrt ihr ebenfalls in unserem Interview.
minutenmusik: Hallo ihr beiden, welche Erinnerungen habt ihr eigentlich an Köln, nachdem ihr nun schon recht oft hier gewesen seid?
Jack: Auch hier in dieser Halle haben wir schon einmal gespielt, auf der letzten Tour… Da hatten wir eine richtig gute Show, auf der Tour war es eine unserer Lieblingsshows in Deutschland. Es hat echt Spaß gemacht. Deutschland ist so ein großes Land, da bekommt man ein sehr unterschiedliches Publikum in verschiedenen Teilen des Landes. Hier war es wirklich, wirklich gut. Ich habe außerdem einen echt schönen langen Lauf entlang des Rheins unternommen, als wir das letzte Mal hier waren.
minutenmusik: Gestern bist du wieder laufen gewesen.
Jack: Ja, gestern habe ich es wieder getan. Das ist ein schöner Ort hier! Charles hat sich den Dom angesehen…
Charles: Ja, meine Erlebnisse in Köln sind eher begrenzt. Ich mache immer dasselbe! Ich gehe ins Museum Ludwig, dann esse ich da einen Strudel im Café und dann wandere ich rauf zum Dom. Dann gehen wir noch in eine Bar oder zum Abendessen. Ich mag Köln wirklich, ich bin echt schon des Öfteren da gewesen. Hier wohnt jemand, der gewissermaßen ein Freund von mir ist, den ich mal im Urlaub besucht habe. Ich muss um die fünfzehn Mal in Köln gewesen sein. Wie Jack schon sagte, hatten wir das letzte Mal eine großartige Show. Ich hoffe, dass es heute genauso sein wird.
minutenmusik: Geht ihr regelmäßig joggen, um auf Tour auch in Form zu bleiben?
Jack: Ja, es ist sehr einfach, auf Tour einiges an Gewicht zuzulegen. Ich mache es aber auch so zum Spaß an der Freude. Ich will da gar nicht zu viel predigen, aber für mich, für meine geistige Gesundheit ist das in jedem Fall sehr gut. Es verschlingt ein bis anderthalb Stunden am Tag, in denen ich einfach mal nicht aufs Handy oder auf irgendeinen Bildschirm schaue. Da muss man einfach ziemlich bei der Sache sein, aber man kann auch in eine schöne kleine Trance verfallen, wenn man sehr weit läuft. Man findet für sich gewissermaßen auch einen langsamen Rhythmus, in dem man auch mal ein Bier trinken kann, so dass es einem noch gut bekommt… Du siehst, man bietet uns hier einiges an hochprozentigem Alkohol. Da kann man leicht mal zu viel trinken und essen. Käse und Fleisch…
minutenmusik: Ich sehe auch viel Schokolade.
Jack: Oh ja, und Schokolade, aber Schokolade ist auch gut für deine geistige Gesundheit. (beide lachen) Wir lieben Schokolade.
minutenmusik: Gerade erst habt ihr eine große, ausverkaufte Show in Brüssel gespielt.
Charles: Ja, wunderbarerweise sind auf dieser Tour viele Shows ausverkauft, was sehr ermutigend ist. In der Vergangenheit haben wir hier in Deutschland eigentlich festgestellt, dass es so eine Kultur gibt, sich die Tickets nicht im Voraus zu kaufen. Die Leute mögen es, einfach spontan vorbeizukommen, was recht beunruhigend ist, oder zumindest in der Vergangenheit beunruhigend war. Wenn wir dann einen Monat vor der Show die Ticketdetails zugeschickt bekommen und sehen, dass nur fünfzig Prozent der Tickets verkauft sind, sind wir sehr besorgt. Dieses Mal kaufen sich jedoch alle die Tickets. Ich nehme an, weil sie sehen, dass sie andernorts in Europa ausverkauft sind, wodurch sie Panik kriegen. Was natürlich toll ist… (Jack lacht) Ja, also in Brüssel haben wir eine große, ausverkaufte Show gespielt. Wir werden wahrscheinlich auch eine ausverkaufte Show in Aarhus und Kopenhagen spielen.
Jack: Hamburg am Sonntag ist ausverkauft, Bochum morgen Abend wird wohl ausverkauft sein. Deutschland supportet White Lies bei diesem Album sehr gut!
minutenmusik: Auch die Niederländer scheinen euch sehr zu mögen. Da ist fast jedes Konzert ausverkauft. Glaubt ihr, dass es bei ihnen eine gewisse Vorliebe für die Art von Musik gibt, die ihr macht, mit dem starken Einsatz von Keyboards zum Beispiel?
Charles: Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Man könnte jetzt vielleicht irgendwelche anthropologischen Theorien heranziehen, wie gewisse Kulturen auf verschiedene Arten von Musik reagieren oder sie würdigen. Ich denke, dass es letztlich sehr an den Leuten liegt, die über die Jahre hinweg wirklich hart für uns gearbeitet haben. Sogar vor der Veröffentlichung unseres ersten Albums spielten wir schon auf einem Festival in Groningen in den Niederlanden, auf dem Eurosonic, das jedes Jahr stattfindet. Das ist eine Art großer Treffpunkt für viele europäische Bands von überall her. Ich glaube, da haben wir einfach ein wirklich gutes Team von Leuten getroffen, die damals für Universal Records arbeiteten. Wir kamen sehr gut mit ihnen klar. Als wir da waren, haben wir viel gute Promotion bekommen, und das hat sich fortgesetzt. Sie mochten uns, wir mochten sie, sie haben sich reingekniet. So haben wir da eine Karriere aufgebaut. So ist es auch in Belgien, in Dänemark, in Deutschland, an allen Orten in Europa. Da hatten wir tatsächlich richtig hart arbeitende Leute, die einfach an unsere Musik geglaubt haben. In Frankreich schlagen wir uns nicht so sonderlich gut. Da spielen wir nur eine Show in Paris. Ich würde sagen, der Erfolg hängt immer von harter Arbeit ab. Es gibt keine Band, die ganz plötzlich, nur wegen der Kultur in diesem Land, riesig wird. So funktioniert es nicht.
minutenmusik: Das wäre wohl zu einfach.
Charles: Viel zu einfach. Außerdem würde das voraussetzen, dass man in den Niederlanden nur für Niederländer spielt, was so nicht ist: Da leben Leute aus der ganzen Welt. Überall in Europa eigentlich, um ehrlich zu sein… Ich denke zum Beispiel, dass ein großer Anteil des Publikums in Berlin mit Sicherheit nicht in Berlin wohnt, möglicherweise auch nicht in Deutschland.
minutenmusik: Meint ihr, dass ihr im Moment einen gewissen Status beibehaltet oder eher noch zulegt, was eure Bekanntheit und euren Erfolg anbelangt?
Jack: Das ist echt eine gute Frage, die sich schwer beantworten lässt. Ich denke, dass wir in manchen Ländern gewiss stärker wachsen als in anderen. Wenn wir zurückkommen und im selben Venue wie auf der letzten Tour spielen, dabei vielleicht dieselbe Anzahl an Tickets verkaufen wie auf der letzten Tour, dann fühlt es sich in Deutschland zum Beispiel deshalb nach einem Fortschritt an, weil das letzte Album vielleicht auf Platz 45 oder so gechartet ist, das neue nun aber auf Platz 18. Das ist für uns seit langer Zeit das erste Top 20 – Album in Deutschland. Also in dieser Hinsicht fühlt es sich wie ein echter Fortschritt an. Deine Karriere läuft seit zehn Jahren und auf einmal springst du die halben Charts rauf, verglichen mit dem letzten Mal. Ich denke, an manchen Orten geht es voran, an anderen ist es etwa gleichgeblieben. An manchen Orten ist es vermutlich schlechter geworden, aber da, wo wir wirklich hart dafür gearbeitet haben, machen wir Fortschritte. Ich habe nach wie vor immer diese kleine Vermutung im Kopf, dass White Lies in manchen Ländern, wie Belgien oder den Niederlanden, eines Tages vielleicht ein großes Festival headlinen könnten.
Charles: Ja.
Jack: Und das wird niemals, da bin ich mir fast sicher, im UK für uns geschehen. Wenn wir keinen verrückten Pop-Hit im Radio haben, werden wir Reading nicht headlinen, nicht Leeds oder Glastonbury… Aber ich denke, es ist nicht weltfremd, anzunehmen, dass White Lies mit vermutlich zwei weiteren Alben plötzlich ganz oben beim Pinkpop oder so auf dem Plan stehen könnten. Möglich ist es.
minutenmusik: Ich habe euch erstmals beim Pinkpop 2011 auf der Bühne gesehen. Den Auftritt fand ich unglaublich gut, der Sound war sehr klar, Harrys Stimme sehr kräftig. Später las ich eine Kritik, wohl von einem niederländischen Radiosender, die alles andere als gut ausfiel. „White Lies sind tot“, hieß es da, im Sinne von „leblos“.
Charles: Nun ja, damals waren wir noch sehr jung. Viele Leute haben uns jetzt auf dieser Tour gesagt, wie viel relaxter wir doch wirken. Ich glaube, das hat bei uns lange gedauert. Als Individuen sind wir selbstbewusste Leute, doch wir sind definitiv nicht außergewöhnlich zeigefreudig. Es hört sich albern an, aber ich ringe, wie sicherlich auch Jack, mit dem Ego, überhaupt ein Foto von mir selbst auf Social Media – Kanälen zu veröffentlichen. Ich denke mir: „Bin ich ein Depp, wenn ich das jetzt mache?“ (beide lachen) Es gibt Leute, die das jeden Tag zehnmal machen, so den ganzen Tag über hinweg. Ich glaube, dass die Selbstsicherheit, die wir jetzt haben, sehr authentisch ist, ein sehr ehrliches Bewusstsein, das allein auf der Erfahrung beruht, zehn Jahre lang Musik gemacht zu haben. Natürlich gibt es viele neue Bands, die sofort auf die Bühne rausspringen, mit dieser Art Lederjacken-Charisma, was auf eine Art und Weise bewundernswert ist. Es ist Theater, sie spielen eine Rolle. Aber wir konnten das einfach nie. Ich glaube also ganz sicher, dass wir in den frühen Tagen, als wir keine sehr selbstbewussten Musiker waren, auf der Bühne wahrscheinlich sehr nervös ausgesehen haben, sehr besorgt darum waren, einfach eine gute, korrekte Show zu spielen.
minutenmusik: Habt ihr euch mit einer schlechten Kritik unwohl gefühlt?
Charles: Nicht sonderlich. Für mich ist der einzige wirklich ärgerliche Teil beim Lesen schlechter Reviews, zu wissen, dass einige Leute, die sie lesen, sich noch nicht richtig in ihrem eigenen Kopf mit uns beschäftigt haben… Wir alle sind, wie die Journalisten, einfach Leute mit Meinungen. Es ist Tatsache, dass die Kriterien für einen Job im Journalismus viel geringer sind als vor einigen Jahren. Es gibt keine wirkliche Qualitätskontrolle beim Schreiben, für die Journalisten. Das gilt natürlich für alle möglichen Jobs im Medienbereich. Du kannst ein professioneller Fotograf werden, ohne ein wirklich guter Fotograf zu sein oder irgendetwas von Fotografie zu verstehen. Dasselbe gilt für Musik. Das Problem ist also all dieses furchtbare Geschreibe, das es da draußen gibt, das sich Journalismus nennt. Leute lesen das und schauen sich die Punktevergabe an: „Dieser Typ hat dem Album von White Lies einen von zehn Punkten gegeben…“ Wenn sich dieser Leser das Review nun sorgfältig durchlesen würde und sich überlegen würde, ob es ein gut gemachtes Review von einer intelligenten Person ist, die schreiben kann, dann würde er vielleicht sagen: „Nein, das ist es nicht wirklich. Ich sollte dieser Meinung wohl nicht vertrauen.“ Leider passiert das nicht wirklich. Ich denke, dass jede Person, die im kreativen Bereich arbeitet, Anerkennung für gut gemachte Arbeit finden wird. Wenn es einen wirklich brillanten Journalisten gibt, den ich gerne anschreien würde, weil er uns schlechte Reviews gibt, so wäre das bedeutungslos, weil er eben ein guter Journalist ist. So ist es auch bei uns: Wenn wir wirklich gute Musik machen, werden wir erfolgreich sein. Wir brauchen nicht wirklich die Zustimmung einflussreicher Individuen, um uns da bestätigt zu fühlen.
Das aktuelle Album “FIVE”.
minutenmusik: Mit eurem Debütalbum wart ihr sehr erfolgreich. Der Song „To Lose My Life“ wurde andauernd im deutschen Radio gespielt. Mit eurem jetzt aktuellen Material sieht das etwas anders aus, das habe ich im Radio noch nicht so wahrgenommen. Glaubt ihr, dass ihr mit einem Debüt, welches eher wie „FIVE“ geklungen hätte, damals einen ähnlichen Erfolg hättet einfahren können?
Jack: Zunächst einmal möchte ich das erste Album nicht diskreditieren, da es definitiv einen speziellen Stil und einen ihm eigenen Sound hat, den wir meiner Ansicht nach nie auf irgendeinem der anderen Alben repliziert haben. Ich denke, dass unser Plattenlabel eine Menge Geld in dieses Album gesteckt hat. Sie haben uns für recht viel Geld unter Vertrag genommen und haben dann gesagt, dass daraus entsprechend auch ein Erfolg erzielt werden sollte. Es wurde eine Priorität für Universal rund um die Welt, für uns war das also wunderbar. Drei neunzehnjährigen Typen wurde da im Grunde gesagt: „Dieses Album wird ein Hit werden! Egal was passiert, wir stellen klar, dass die Songs, die ihr habt, Hits werden. Wir werden das ganze Geld in die Promotion stecken…“
Charles: Plattenlabels können es nach einem Hit aussehen lassen, bevor es ein Hit ist.
Jack: Ja, also haben sie dafür mehr Geld als für jemals irgendetwas anderes ausgegeben, was wir gemacht haben. Das ist absolut in Ordnung, wir hatten immerhin diesen Moment. Sie haben das für uns getan, es hat uns für die nächsten fünf Jahre den Weg bereitet. Es ist kniffliger, etwas darüber zu sagen, was wäre, wenn Leute dieses Geld für unser neues Album ausgegeben hätten, denn so läuft das nicht wirklich. Du hast deinen Moment zu Beginn, du bekommst diesen Moment niemals wieder. Du bist nur einmal eine neue Band… Dann gibst du einfach das Beste, was du kannst. Ich mag an dem, was wir in den letzten zehn Jahren erreicht haben, dass wir nicht verloren gegangen sind, obwohl wir nie so viel Support wie für das erste Album bekamen. Ich denke, viele Bands, die zu einer ähnlichen Zeit rausgekommen sind, sind abgefallen. Ihre Karrieren sind seit fünf Jahren vorbei. Ich glaube, dass wir es durch gute, harte Arbeit und gute Musik geschafft haben, Dinge wie das Radio gewissermaßen außen vor zu lassen. Besonders im UK ist das Radio heute einfach nicht so wichtig, denn Leute hören deine Musik ohnehin auf Spotify, wenn sie es wollen. Das Konzept, dass junge Leute Radio hören, ist im UK ziemlich tot. So sehr Radio 1 auch versucht, Leute dazu zu bringen, sich ihren Sender anzuhören, verlieren sie doch immer mehr Hörer… Kinder hören kein Radio, sie gehen einfach online und machen sich ihren eigenen Radiosender.
minutenmusik: Seid ihr bei euren neuen Songs darauf bedacht, eure kompositorischen Fähigkeiten und eure Spieltechniken zu erweitern?
Charles: Wir versuchen immer was, wir lernen immer, wenn wir ein neues Album machen. Wir machen aber nie irgendeine Sache nur um ihrer selbst willen. Wir würden zum Beispiel nie einfach einen bestimmen Musikstil oder eine Technik verwenden, weil wir meinen, dass wir das mal machen sollten, oder weil jemand es zuvor getan hat. Unser Songwriting basiert sehr auf der Intuition, was sich gut anhört und sich richtig anfühlt. Für den Song „Time To Give“, den ersten auf diesem Album, gab es immer den Plan, dass es ein vierminütiger Song werden würde, mit einem Fade-out am Ende, in diesem Instrumentalteil. Je mehr wir daran arbeiteten, desto mehr sagte uns unsere Intuition, dass es ein wirklich langer Song sein sollte. Am Anfang gab es diesbezüglich definitiv nicht den Plan, einen sehr langen Song zu schreiben, es wurde nicht gesagt, dass das eine coole Sache wäre – absolut nicht! Das sollte ein kurzer Song sein. Je mehr man sich andere Musik anhört, desto mehr baut man sich eine Art enzyklopädisches Wissen darüber auf, was potenziell funktionieren kann. Wir hören uns viel sehr verschiedene Musik an. Harry und ich mögen natürlich viel Prog Rock und solche Sachen. In mancherlei Hinsicht macht einem recht repetitive Tanzmusik auch das Potenzial einer repetitiven Passage bewusst, wie so etwas also funktionieren kann, wie man es funktionieren lassen kann… Wir werden nie diese Band sein, die einfach sagt: „Oh, lasst uns diese Art von Album machen!“ Jeder Song ist individuell.
minutenmusik: Einer eurer Lieblingssongs vom neuen Album ist „Finish Line“. Was macht diesen Song zu einem besonders guten White Lies – Song?
Charles: Ich glaube, dass viele der White Lies – Songs, die wir und auch unsere Fans alle lieben, diejenigen sind, die leicht überraschende Arrangements beinhalten. „Death“ war unser erster richtig populärer Song auf dem ersten Album. Der Song ist eindeutig unkonventionell in seiner Struktur. Die erste und die zweite Strophe sind irgendwie verschieden, haben eine völlig unterschiedliche Stimmung, dann gibt es diese Art Interlude mit dem Keyboard, der letzte Chorus hat eine andere Akkordfolge: Dinge wie diese, die in der Popmusik heutzutage nicht wirklich konventionell sind… Mit „Finish Line“ ist es dasselbe. Es ist ein Song, der Strophen und Refrain hat, solche Sachen eben, sich aber nicht auf eine vorhersehbare Art und Weise bewegt. Er ist recht erzählerisch in den Lyrics, aber auch erzählerisch darin, wie die Musik zusammengesetzt ist. Wir fühlen uns echt wohl, wenn wir solche Songs schreiben, es ist schon ein kleiner Kick, wenn sie funktionieren. Es ist viel schwerer, das so hinzubekommen, als einfach Songs wie „To Lose My Life“ oder, auf diesem Album, „Believe It“ zu schreiben. Wir mögen sie, aber sie sind sehr geradeaus, sehr direkt.
minutenmusik: Welche Herausforderungen, die nichts mit der Musik selbst zu tun haben, müsst ihr regelmäßig meistern?
Jack (lacht): Den Abwasch machen! Ich koche zu Hause sehr viel und oft erlaube ich es dem Geschirr, sich zu stapeln. Das ist für mich also eine echt regelmäßige Herausforderung. Ich versuche außerdem, mir ein Haus zu kaufen… Aber alles in allem ist das Leben gut.
Charles: Ich finde, dass es in vielen kreativen Industrien so ist, dass man mit Leuten zusammenarbeiten muss, die in der Lage sind, hohe Positionen zu besetzen, aber null Qualifikation mitbringen. Wenn du Arzt, Krankenschwester oder Lehrer bist, dann gibt es unter Kollegen ein gewisses Vertrauenslevel, weil ihr alle ein ähnliches Training durchlaufen habt, das dazu befähigt, mit einem gewissen Level an Arbeitslast umgehen zu können, während es sehr üblich ist, dass der Chef eines Plattenlabels im UK oder sonst wo tatsächlich jemand ist, der nicht zur Uni gegangen ist oder wirklich keinen Business-Hintergrund aufweist. Sie mögen einfach gute Musik und haben in den späten 90ern mal eine gute Band in einem Club gesehen, sie unter Vertrag genommen… Diese Band wurde riesig und ließ sie wie Genies aussehen. Das gilt natürlich nicht für jeden, aber ich finde es recht frustrierend, dass es sich oft so anfühlt, als arbeiteten wir in einer Welt voller Amateure. Wir sind selbst Amateure, wir sind nicht wirklich professionelle Musiker, ich sehe uns zumindest nicht so. Für uns als Amateure läuft es sehr gut, aber keiner von uns hat es erlernt, Musiker zu sein. Wir haben gelernt, indem wir es uns einfach ermogelt haben, es uns selbst beigebracht haben. Manchmal ist es frustrierend, mit Leuten zu arbeiten, die das auch so gemacht haben, aber in einer etwas entscheidenderen Business-Funktion gelandet sind.
minutenmusik: Habt ihr eine eher positive oder negative Sicht auf die Zukunft der White Lies und die Zukunft der Welt an sich?
Jack: Das ist eine große Frage! In der Welt der White Lies bin ich ein ganz natürlicher Optimist, Harry, unser Sänger, genießt es, richtig pessimistisch über Dinge zu denken. Doch selbst er genießt auf dieser Tour die Shows so sehr, dass er tatsächlich damit beginnt, plötzlich ein wenig optimistisch zu werden, was White Lies betrifft. Er versucht immer wieder, sich aus dem Dienst zurückzuziehen, doch wir lassen im das nicht durchgehen. Ich denke, dass die White Lies – Welt im Allgemeinen zur Zeit sehr optimistisch ist, denn die Tour läuft ehrlich so viel besser, als ich es mir hätte erhoffen können. Ich gehe bezüglich der ganzen Situation immer unglaublich nervös in so eine Tour rein, doch dann war die UK-Tour so toll, eigentlich alle Shows bisher, in Europa waren es erst drei. Sie waren alle echt großartig. Ja, ich habe wohl ein sehr gutes Gefühl für die White Lies – Welt. Was den Rest der Welt betrifft, wohl weniger… (lacht)
Charles: Ich denke, wir müssen einen guten Blick auf all die Bands werfen, die es gab, als wir angefangen haben, jene, die da auch Debütalben veröffentlicht haben… So viele von ihnen sind weg, als wären sie von der Erde verschwunden. Für manche läuft es noch gut, zum Beispiel “Foals”… “Florence + the Machine” sind natürlich richtig explodiert. Es ist aber nicht üblich.
minutenmusik: Die meisten werden niemals fünf Alben veröffentlichen.
Charles: Exakt… Ich fühle mich richtig, richtig optimistisch, was White Lies betrifft, denn ich glaube, dass wir gerade in so einer starken Position sind. Wie Jack schon sagte, sind wir auf eine gewisse Art gewachsen. „Underground“ wäre das falsche Wort, aber ich glaube, dass es für die Öffentlichkeit so aussieht, als seien wir weniger präsent als früher, weil wir nicht vergleichbar viel im Radio gespielt werden. Wir stehen nicht unbedingt neben der Popmusik, die die Leute heutzutage aufsaugen.
minutenmusik: Ihr habt aber vermutlich mehr Fans gewonnen, die euch lange treu bleiben.
Charles: Ja, genau das wird eigentlich auch dadurch immer wieder bewiesen, dass wir überall in Europa Nacht für Nacht Konzerte für tausend oder auch zweitausend Leute ausverkaufen. Wir haben echt gute Fans. Auf dieser Tour singt das Publikum unseren Song „Tokyo“, unsere derzeitige Single, lauter mit als „Death“ oder irgendeinen anderen Song! Wir haben das Lied erst vor vier oder fünf Wochen veröffentlicht. Zuerst fand ich es echt erschreckend: Was geht hier ab? Ich denke, für eine Band, deren Karriere schon zehn Jahre läuft, kann man bei dieser Wirkung nur optimistisch sein. Das heißt im Grunde, dass wir es noch drauf haben!
Das Album “FIVE” kannst du dir hier kaufen.*
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White Lies live 2019:
15.03. München, Neue Theaterfabrik
16.03. Leipzig, Werk 2
18.03. Wiesbaden, Schlachthof
21.07. Köln, Amphi Festival
Die Rechte am Albumcover liegen bei PIAS, die Rechte am Titelbild liegen bei Steve Gullick.
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