Eurovision Song Contest 2023, 2. Semifinale: Die Ergebnisse & Infos zum Finale

Eurovision Song Contest 2023 Logo

Sechs weitere Länder werden morgen Abend das große Finale des Eurovision Song Contest 2023 nur im Publikum verfolgen – sie sind raus. Zehn andere hingegen haben gestern das 2. Semifinale erfolgreich gemeistert und runden das Teilneher*innenfeld mit ihren Beiträgen ab.

Der 67. ESC findet morgen den*die Gewinner*innen. Die letzte der drei Liveshows kann dann auch im TV auf Das Erste gesehen werden, ebenso aber auch weiterhin auf ONE, eurovision.de und in der ARD Mediathek.

Die folgende Liste zeigt nicht, welches Land die meisten Anrufe erhalten hat, sondern ist nach Startreihenfolge der vergangenen Show sortiert.

Diese zehn Länder sind im Finale dabei:
Armenien – „Future Lover“, Brunette
Estland – „Bridges“, Alika
Belgien – „Because of You“, Gustaph
Zypern – „Break a Broken Heart“, Andrew Lambrou
Polen – „Solo“, Blanka
Slowenien – „Carpe diem“, Joker Out
Österreich – „Who the Hell is Edgar?“, Teya & Salena
Albanien – „Duje“, Albina & Familja Kelmendi
Litauen – „Stay“, Monika Linkytė
Australien – „Promise“, Voyager

Ausgeschieden sind somit:
Dänemark – „Breaking My Heart“, Reiley
Rumänien – „D.G.T. (Off and On)“, Theodor Andrei
Island – „Power“, Diljá
Griechenland – „What They Say“, Victor Vernicos
Georgien – „Echo“, Iru
San Marino – „Like an Animal“, Piqued Jacks

Die Startreihenfolge für das Finale am Samstagabend:
01. Österreich
02. Portugal
03. Schweiz
04. Polen
05. Serbien
06. Frankreich
07. Zypern
08. Spanien
09. Schweden
10. Albanien
11. Italien
12. Estland
13. Finnland
14. Tschechien
15. Australien
16. Belgien
17. Armenien
18. Moldau
19. Ukraine
20. Norwegen
21. Deutschland
22. Litauen
23. Israel
24. Slowenien
25. Kroatien
26. Vereinigtes Königreich

NACHLESE ZUR SHOW:

Was haben wir doch erst vorgestern in den allerhöchsten Tönen gelobt. Wie gut war bitte das erste Semifinale des Eurovision Song Contest 2023? Ist man also zunächst mit einer neutralen Erwartungshaltung in die Show gestartet, wurde man schnell völlig weggepustet von den tollen Performances und Songs, ging man dann jedoch gestern in der zweiten Runde natürlich mit vollem Elan ran – und wurde wohl ziemlich enttäuscht. Nahezu das komplette Pulver des diesjährigen Wettbewerbs, der unter dem Motto United By Music läuft, wurde schon verschossen. Nur noch ein paar kleinere Reste haben gestern noch den einen oder anderen Schuss gezündet.

Und deswegen erzählen wir euch stattdessen einfach ein paar spannende Fakten drumherum:

Neues und Verbrauchtes

Um mehr Ländern die Teilnahme zu ermöglichen, die Show aber nicht auf fünf Stunden Länge ziehen zu müssen, wurden 2004 die Halbfinalshows eingeführt, wobei es in den ersten vier Jahren sogar nur jeweils ein Halbfinale war. Seit 2009 gibt es neben dem Televote zusätzlich auch wieder eine Jury, um das Hin- und Herschieben von Punkten unter Ländern mit äußerst solidarischen Beziehungen zu erschweren. Davon tritt man 2023 zumindest halb wieder zurück.

In den Semifinals gibt es keine Jurys, da in den letzten Jahren immer mal wieder auffiel, dass auch dort nicht ganz koscher gearbeitet wird. Außerdem wird von seitens der Fans regelmäßig kritisiert, dass die Jurys ausschließlich auf Gesang und selten auf das Gesamtpaket gucken. So hatten es manche Publikumslieblinge in den vergangenen Jahren schwer und scheiterten, andere kamen weiter, blieben aber dann im großen Finale stets am Ende der Tabelle, weil sie die Show nicht bereicherten.

Jurys im Semi weg, dafür die Welt rein: Erstmalig gibt es eine weitere Gruppe, die mitbestimmt. Für gewöhnlich dürfen immer nur die Länder abstimmen, die in jenem Jahr mit dabei sind. Das würde 2023 37 Nationen bedeuten. Allerdings ist der Eurovision mittlerweile weltweit dermaßen beliebt, dass alle anderen Länder gemeinsam eine weitere 38. Stimme ergeben. Nice, oder? Globalisierung sei Dank.

Und auch wenn es manche Dinge gibt, die mal ganz toll waren, sind sie irgendwann einfach oll. Deswegen wird unser Stammkommentator Peter Urban, der im April 75 Jahre alt wurde und seit 1997 für uns den ESC beobachtet und seinen Senf dazu abgibt, morgen beim Finale dies das letzte Mal tun. Tradition hin oder her, dass seine Meinungen nicht mehr ganz zeitgemäß sind, ist mittlerweile wohl außer Frage. Einerseits ist’s schön, ihn nochmal in Action zu erleben, kann man auch genießen, andererseits ist’s aber auch eine Erleichterung. Zumindest, solange man noch nicht weiß, wer es dann ab 2024 übernimmt. We’ll see.

Postcards

Schon in unserer Nachlese zum 1. Semifinale waren wir wahnsinnig davon angetan, wie schön das Motto United By Music umgesetzt wurde und deutlich gezeigt wird, dass man die Ukraine als Vorjahressieger wiedererkennt – auch wenn der Wettbewerb vor rund 7000 Zuschauer*innen in der Liverpool Arena in UK stattfindet. Diese stilvollen Verbindungen sind nicht zuletzt in den wunderbaren Postcards wiederzufinden, also in den kleinen Videos, die es immer vor den Auftritten während der Umbauphase zu sehen gibt. Die sind 2023 nämlich so gestaltet, dass es erst ein ukrainisches Gebäude oder Denkmal gibt, dann ein britisches ähnlicher Art und schließlich ein Pendant aus dem Land, das als nächstes performen wird. So gibt es also drei ähnlich ausschauende Bibliotheken zu bestaunen, drei Opernhäuser, Schlösser und und und! Eine fantastische Idee.

Ein weiterer Aspekt zum Thema Vereinigung: Aktuell gibt es, wie wir bestimmt alle mitbekommen haben, wieder große Debatten rund um Dragqueens. Dass aber der Eurovision eines der ersten queeren Events war – zunächst unabsichtlich, dann aber aus vollster Überzeugung – bleibt unvergessen. Deswegen gibt es im 2. Semi als Pausenfüller auch eine Drag Show unter dem Titel „Be Who You Wanna Be“ – schillernd, bunt, camp – in der gleich noch BIPoC und curvy Tänzer*innen eingebunden werden. So wie es der ESC eben immer war und immer sein wird. Ihr behauptet, das hier sei alles politisch? Stimmt, eat this, bitch!

Die Schlechtesten der Mittelmäßigen

Ach ja, über die Acts müssen wir auch noch sprechen. Fast vergessen. Gleich 16 mussten nun ran, somit kamen nur noch 62,5% weiter, statt 66,66% wie im ersten Semi. Allerdings war es trotzdem wesentlich schwieriger in der ersten Runde – einfach aus dem Grund, weil locker zwei oder drei der am Dienstag ausgeschiedenen am Donnerstag weitergekommen wären. Viel mittelprächtiges bis mieses Material tummelte sich da, und trotzdem mussten natürlich zehn ein Finalticket ergattern.

Als Opening zeigte Dänemark gleich, wie man es nicht machen sollte. Reiley hatte eigentlich alles, was es für einen ESC-Entry brauchte. Einen catchy modernen Song, 11 Millionen Follis auf Social Media, eine weltweite Bekanntheit, ein Aussehen wie ein 15-jähriger, obwohl er schon 25 ist, und sogar das Privileg, als erste Person von den Färöer-Inseln, die zu Dänemark gehören, teilzunehmen. Und alles hat nix genützt, weil 45 Sekunden völlig out of tune zu singen, sind 45 Sekunden zu viel. TikTok ist eben nicht alles und halt auch nicht unbedingt die Zielgruppe. Auch der „Der ist dieses Jahr der Jüngste“-Bonus ging nicht auf: Auf den hoffte nämlich der Grieche Victor Vernicos, der seinen Song „What They Say“ mit 14 Jahren bereits komponierte und textete. Einen Song ohne Struktur, ohne Refrain, ohne irgendwas. Und damit auch ohne Anrufe. Düdümm.

Die Solistinnen aus Island und Georgien lieferten sich dieses Jahr das „Wer schreit lauter, wer schreit unangenehmer?“-Battle. Am Ende schrien beide für umme. Das war’s an der Stelle. San Marino und Rumänien schrien zwar auch, allerdings weniger. Ihnen gehört geteilt der Cringe-Award 2023: San Marino für die doch etwas Ekel hervorrufenden Songzeilen „I can smell you like an animal, bring the party, Aphrodite, and I’ll tease you on the dancefloor“. Bei Rumänien ist einfach alles daneben gegangen. Theodor Andrei versteht sich als Künstler und hat einen besonders hohen Anspruch. Na, wenigstens er versteht sich.

Poe, Poe, Poe, Poe, Poe, Poe

Aber hier und da gab es dann doch noch etwas zu entdecken. Ganz besonders den wahnsinnig kreativen Song aus Österreich. Teya & Salena lernten sich bei Castingshowformaten kennen, sind schon ewig Fans der Megashow. Nun sind sie selbst dabei und bringen mit „Who the Hell is Edgar?“ – Spoiler: Edgar Allan Poe – zwar nicht den besten Gesang, dafür aber einen markanten Tanz, einen sofort funktionierenden Ohrwurm, einen Song mit etwas untypischer Struktur und dazu noch zwei auffallende Persönlichkeiten. Das einzige Duo, dass das Semi überstand und am Samstag locker die Top 10 entern wird. Groß.

Ein weiteres unserer Nachbarländer war dann schon das zweite und letzte Highlight. Gustaph aus Belgien weiß, wo er gerade mitmacht, und bringt deswegen queeren Glamour mit. Sein großes Vorbild ist Boy George, sein Song „Because of You“ eine Hommage an den 90s-Vocal-House. Mit Vogue-Moves, empowernder Message und ordentlich Spaß ist das zwar kein Anwärter für den Pokal, aber auf jeden Fall ein Moment, in dem man am Samstagabend auf der Couch nicht stillhalten kann.

Trashiger Bubblegum-Pop ist out. Aber gibt es ihn genau einmal, ist das fast schon wieder cute. Polen probiert es mit der Influencerin Blanka, die keinesfalls die beste Sängerin ist, aber das war ja Madonna auch nie. „Solo“ ist Sommer, „Solo“ ist billig-gut. Ein Schmankerl in der letzten Liveshow somit. Eine weitere musikalische Farbe, die bisher fehlte, sind Orientalische Klänge. Auch wenn Albanien mit „Duje“ keinen wirklichen Reißer liefert, so ist es doch schön, dass eben auch dieser Sound nochmal randarf.

Ansonsten gab es mit einer theatralischen Bombast-Ballade aus Estland, einem generischen Radio-Popper aus Zypern und dem Indie-Rock aus Slowenien, der am Dienstag keinesfalls weitergekommen wäre, wie man an Lettland sieht, drei Nummern, die man nächste Woche spätestens wieder vergessen hat. Dann doch lieber die Mystery-Dark-Pop-R’n’B-Nummer aus Armenien, die zumindest dazu animiert, nochmal gehört werden zu wollen, dem nicht hervorragenden, aber soliden 80s-Prog-Rock aus Australien und der verträumten, aber irgendwie auch berührenden Up-Tempo-Ballade aus Litauen. Alles nix, was die Welt verändert, aber es muss ja auch Material für die hinteren Plätze geben. Übrigens lagen wir erneut mit unserer Prognose bei 8 von 10 Ländern richtig. Wir sahen zwar Dänemark und Griechenland statt Estland und Slowenien im Finale, aber vieles kristallisiert sich auch erst mit der Performance in der Liveshow heraus.

Die beiden UKs: Eher mau

Gen Ende wurden noch die drei übriggebliebenen der sechs bereits gesetzten Nationen vorgestellt. Spanien hat eine sympathische Sängerin mit viel Edge im Song – das wird auf jeden Fall eine Wundertüte. Die Ukraine sowie das Vereinigte Königreich vertreten wie so viele zuvor das Motto: „Och, nochmal gewinnen muss ja auch nicht“. Zwar gibt es aus der Ukraine ein sehr modernes Hip-Hop-Duo, das aber einfach zu cool und ungreifbar wirkt, und Großbritannien fällt gar direkt in die alten Muster zurück, nämlich mit einem Lied, das so Tralala ist, dass man gar nicht weiß, wo man es überhaupt hören sollte. Weiterhin Top-Favorit bei den Big Five + Gewinner aus dem Vorjahr: Deutschland. Komisch, das zu schreiben.

Was heißt das für Samstag?

Aus jedem Genre hat es mindestens ein Beitrag in die Endrunde geschafft. Das ist doch cool. Das Niveau bleibt bei 26 Acts auf gar keinen Fall gleich hoch, aber mindestens 15 Titel kann man sich mit Freude, Spannung und guter Unterhaltung wegsnacken. Ladet eure Leute zu euch ein, stellt Chips und Drinks bereit, fiebert mit, wenn Deutschland auf der Startnummer 21 endlich wieder die vordere Hälfte knackt, aber noch nicht klar ist, wie weit’s nach vorn geht und drückt eurem Favo die Daumen. Mehr dann am Sonntag. Stay tuned.

Direkt weiterlesen:
Nachlese zum 1. Semifinale 2023
Alle 37 Songs aus 2023 im Check

Hier nochmal unser Favorit des Abends – Teya & Salena aus Österreich:

Website / Facebook / Instagram / Twitter

Die Rechte fürs Cover liegen bei EBU/Eurovision Song Contest.

* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert