Paris Paloma, Kantine Köln, 11.09.2024

Fairy Letters werden ausgetauscht, am Merch-Tisch wartet ein kostenloser Büchertausch, das Motto für Outfits ist ‚Dark Witch‘, Plüschtiere werden auf die Bühne gelegt – schon das erste Paris Paloma-Konzert ever (!) in Deutschland fühlt sich nach gefestigtem Ritual und einzigartiger Fanbase an. Das spürt man schon beim Eintritt in die sonst so schmucklose Kantine, die a) seit Wochen ausverkauft und b) voll mit lieben Menschen ist. Das hängt sicher auch mit dem Hype um Paris Palomas TikTok-Hit „labour“ zusammen, doch all die Hingabe der Fans zeigt, dass das hier mehr als ein One-Hype-Wonder ist. Der Abend zum Album ist ganz groß und ganz klein zugleich.

Ein mystischer Auftakt mit Sarah Julia

Manche Bookings ergeben gar keinen – und andere zu 100% Sinn. Auf der einen Seite ist es herzerwärmend, Sarah Julia auf der Bühne zu erleben, nachdem uns Paris Paloma erst kürzlich im Interview zum Album von dem niederländischen Duo vorgeschwärmt hatte. Auf der anderen Seite passt der sorgsam und liebevoll geschichtete Folk auch bestens zum Main-Act. Die Reaktion des Publikums ist entsprechend euphorisch: So viel ausufernden Applaus gibt es selbst bei vielen großen Acts nicht. Schon beim Eurosonic konnte mich das Duo mit dem mystischen Sound begeistern, der live gigantisch umgesetzt wird und für die nächste Hexen-Serie bestens geeignet wäre.

„Cacophony“ mit Spannungsbogen

Als Paris Paloma dann pünktlich um 21 Uhr mit Gitarrist und Drummer/Keyboarder/Background-Sänger auf die Bühne kommt, ist die Stimmung direkt herbstlich mystisch. Dafür gibt es passenderweise den Album-Opener „my mind (now)“, bei dem die sphärischen Hintergrundgesänge vom Band kommen. Ein Faktor, der sich durch die Setlist zieht: Die Produktionskosten der Tour stehen (noch) nicht im Verhältnis zum Produktionsniveau des Debütalbums „Cacophony“, das locker auf Weltklasse-Niveau spielt. Gerade in den auf der Platte so gigantisch und nuanciert klingenden Songs wie „drywall“ oder „boys, bugs and men“ gibt es live kleine Abweichungen und einen weniger breitflächigen Sound. Auch die Lichtshow hinkt entsprechend dem Potential hinterher, das bei all dem Storytelling möglich gewesen wäre.

An anderer Stelle funktioniert die Umsetzung besser: Wenn „the warmth“ breitere Beat-Wände aufbaut, „Triassic Love Song“ im Akustik-Set von Paris alleine performt wird oder der erste Paris Paloma-Hit „The Fruits“ dieselbe Intensität versprüht wie auf Vinyl. Insgesamt zieht sich der rote Faden aus dem Widerstand zum Patriarchat und dem feministischen Zusammenhalt auch durch diesen Konzertabend wie Folk-Melodien durch die Generationen. Wenn dann zum Abschluss die gesamte Kantine „labour“ und seine epochale Bridge singen, spürt man auch in Köln, dass Paris Paloma in ihrer nächsten Ära auch die nächste Bühnengröße erreichen könnte. Die Atmosphäre ist auch mit diesen begrenzten Mitteln schon so dicht, dass der Blocksberg nebenan zu wachsen scheint.

Die Hingabe der Fans ist da, die super sympathische Musikerin spielt und singt auf Top-Niveau, die Songs warten auch auf ihre passende Umsetzung: Liebe Booker*innen, nehmt Geld in die Hand und baut hier eine hochwertige Produktion auf. Es wird sich lohnen.

Und so hört sich das an:

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Bild von Julia.

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