Knapp sieben Jahre ist es her, dass Wincent Weiss mit seinem Debütalbum „Irgendwas gegen die Stille“ erstmals das Zeltfestival Ruhr beehrte. Seitdem hat der Sänger drei weitere Studioalben, plus ein Weihnachtsalbum veröffentlicht, ist in den Charts durchgestartet, war Coach bei The Voice Kids und hat im vergangenen Jahr sogar die großen Arenen wie die Lanxess Arena in Köln ausverkauft. Munkelte die Fangemeinschaft nach dem Erscheinen seines letzten Studioalbums „Irgendwo ankommen“ im April 2023 noch, dass Wincent Weiss nach der dazugehörigen Tour erst mal eine Pause einlegen würde, wurden sie mit der Sommertour 2024 überrascht. Anlässlich dieser beehrte er erneut das Zeltfestival Ruhr und sorgte für eine fulminante Show – Fangekreische inklusive.
Eines hat sich seit Wincent Weiss letztem Auftritt beim Zeltfestival (die Strandkorb-Konzerte einmal ausgenommen) definitiv nicht geändert: Bereits Stunden vor Einlass tummelten sich die Fans vor dem Sparkassenzelt des Festivals, die Schlangen reichten zwischenzeitlich bis zum anderen Endes des Geländes. Mit großer Euphorie und wildem Gekreische begrüßten die größtenteils weiblichen Fans den Sänger auf der Bühne. Dabei auffällig: Das Publikum ist im Laufe der vergangenen Jahre deutlich jünger geworden, was vor allem mit der Teilnahme des Musikers als Coach bei The Voice Kids zusammenhängen könnte.
Bereits mit dem Opener „Wer wenn nicht wir“ sorgte Wincent Weiss für eine unfassbar gute Stimmung, die den gesamten Abend über nicht abriss. Dem Musiker und seiner Band war sichtlich anzumerken, mit wie viel Spaß sie auf der Bühne standen. Die Energie und Dynamik zwischen den einzelnen Bandmitgliedern war dabei mehr als mitreißend. Wincent Weiss selbst präsentierte sich dabei abermals sehr charismatisch und nahbar, sorgte für den ein oder anderen Lacher und schaffte es, das gesamte Publikum mit in die Show einzubeziehen.
Musikalisch bot der Sänger einen bunten Mix aus seinen bisherigen Alben, wobei mit Songs wie „Die guten Zeiten“, „Was die Menschen nicht wissen“ oder „Wie gemalt“ die meisten Lieder vom Album „Vielleicht irgendwann“ stammten. Im neuen Gewand präsentierte das Ensemble auf der Bühne den Song „Morgen“ als Akustik-Version, genauso wie „Unter meiner Haut“. Auf einem Wincent Weiss Konzert nicht fehlen darf selbstverständlich das Medley, für das der Sänger in ein von den Fans kreiertes Outfit schlüpfte und unter anderem Songs wie „Auf & Ab“ von Montez, „Friesenjung“ von Ski Aggu oder „Pocahontas“ von AnnenMayKantereit performte. Aber auch altbekannte Songs wie „Frische Luft“ oder „Musik sein“ durften an diesem Abend nicht fehlen.
Nicht gespart wurde bei der Show am Bühnenbild: Von Konfetti über Luftballons über Feuer und Pyrotechnik war alles dabei. Das größtenteils junge Publikum dankte es dem Sänger und kreischte, was das Zeug hielt, überraschte die Band sogar mit einer Fanaktion, bei der sie lauter ausgeschnittene Herzen in die Luft hielten. Zeitweise wirkten die Effekte allerdings etwas drüber, ein bisschen wie bei einem Kindergeburtstag und nicht immer unbedingt passend zur Musik. Schon beim zuletzt veröffentlichten Album „Irgendwo ankommen“ zeigte sich, dass der Musikstil und die Zielgruppe von Wincent Weiss in eine Richtung verändern, die zwar Mainstream-mäßig, aber zugleich wahlweise leider auch wie eine Mischung aus Kinderliedern und Schlagersongs klingen kann. Gerade bei Songs wie „Bleiben wir“ oder „So Gut“ wurde dies auf der Bühne nur allzu deutlich – vielleicht sind wir mittlerweile auch einfach aus dem Musik-Kosmos des Sängers herausgewachsen.
Umso schöner waren die ruhigen, ernsthaften Momente, etwa während der Akustik-Momente. Der Sänger nutzt zudem erneut die Aufmerksamkeit der Zuschauenden und verdeutlichte einmal mehr die Wichtigkeit von psychischer Gesundheit. Abermals betonte er, wie sehr ihm selbst eine Therapie geholfen habe. Beim Song „Was die Menschen nicht wissen“ machte er darüber hinaus noch einmal auf die Tücken der sozialen Medien aufmerksam und rief gerade die jüngeren Menschen im Publikum dazu auf, achtsam zu sein und nicht alles im Netz zu teilen. Schön wäre es gerade bei so ernsthaften Momenten gewesen, wenn es die ein oder andere Ballade wie etwa „Pläne“ noch in die Setliste geschafft hätte.
Wincent Weiss hat mit seiner energiegeladenen Show beim Zeltfestival Ruhr einmal mehr bewiesen, dass er sein Publikum – vor allem die jüngeren Fans – perfekt unterhalten kann. Mit einer gelungenen Mischung aus altbekannten Hits, emotionalen Akustik-Momenten und einer spektakulären Bühnenshow schaffte er es, die Menge mitzureißen. Der Sänger hat eine unfassbar gute Bühnenpräsenz und hat gemeinsam mit seiner Band mit viel Liebe zum Detail und viel Leidenschaft einen fantastischen Konzertabend geschaffen. Hinsichtlich der Effekte und auch der Auswahl der Setlist lässt sich an einigen Stellen allerdings streiten. Gerade die Fähigkeit ernsthafte Themen anzusprechen und dennoch für eine gewisse Leichtigkeit auf seinen Konzerten zu sorgen, gelingt dem Sänger in der Regel ziemlich gut – genau das sollte noch viel mehr in die Shows eingebunden werden, damit sich die Musik des Sängers abhebt.
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