Zeal & Ardor – Zeal & Ardor

Zeal & Ardor

Ein unheilvolles Glockenläuten zerreißt die Stille. Was jetzt kommt, kann mit Worten nur schwer umrissen werden. Der Raum, den die Klangwelten von „Zeal & Ardor“ eröffnen, ist geprägt von einem bedingungslosen Zweifeln, einem wüsten Zorn, einem Wehklagen & Anklagen. Auslöser für diese nahezu nihilistische Finsternis ist mal wieder Manuel Gagneux, der auch bei diesem dritten Album die gesamte musikalische und gesangliche Arbeit im Alleingang übernommen hat – die Drums ausgeschlossen. Knapp 3,5 Jahre nach „Stranger Fruit“ öffnet das Mastermind das Höllentor nicht nur einen Spalt, sondern sperrangelweit. Die sengende Hitze droht einem schon beim ersten Atemzug zu verkohlen. Auch „Zeal & Ardor“ ist nichts für schwache Nerven.

Die Essenz der dunkelsten Gefühle

Dabei hätte man sich schon fast auf einen zeitweisen Schongang eingestellt. Denn die 2020er EP „Wake of a Nation“ legte zumindest teilweise das böse Death-Metal-Gekeife ab und setzte die Gospel-Chöre und treibenden Beats zentraler. Auch thematisch stellte die Platte eine kleine Zäsur dar, so unverhohlen wie hier hatte Gagneux zumindest zuvor noch nicht getextet. Zumindest teilweise nimmt „Zeal & Ardor“ diesen Faden nun auf, auch hier soll die alternative Geschichte von den schwarzen Sklaven und ihrer Zuwendung an Satan verhandelt werden. Nur eben nicht mehr so offensiv politisch wie vor knapp zwei Jahren, sondern symbolischer, mysteriöser. Die offensichtlichste Verbindung zwischen EP und Album stellt „Bow“ dar, das mit prägnanten Drums und direkten Parolen wie „Bow down to the American way“ seine Herkunft gar nicht verschleiern will. Wohin Zeal & Ardor die Hörer*innen 2022 ansonsten ziehen wollen, bleibt jedoch diffus. Nur, dass dort keine Idylle auf uns wartet, wird schnell klar.

Irgendwo im Nirgendwo

Gäbe es für „Zeal & Ardor“ eine Gebrauchsanweisung, man würde sie nicht lesen können. Denn die zerpflückten Songelemente scheinen gleichsam einer diabolischen Ordnung zu folgen und im absoluten Chaos zu versinken. „Death To The Holy“ macht das vor, indem die geschichteten Gesangsebenen von rasenden Drums abgelöst werden, bis sich beide in einem bizarren Reigen immer wieder abwechseln und die Hörer*innen schwindelig spielen. Auch „Feed The Machine“ täuscht zunächst eine harmonische Gesangsübung an, bevor das böse Kreischen aus dem Nichts ins Ohr drängt und einen Wechselreigen an Emotionen einläutet. Irgendwo zwischen diesen Pfeilern aus tösenden Blast Beats, treibenden Gospel-Chören und melodischem Storytelling kämpft sich die Platte nach vorne, verlangt jedem Beteiligten alles ab. „It’s gonna be over soon“ in „Golden Liar“ klingt beinahe wie eine bittere Verheißung, vor dem geistigen Auge wartet die Apokalypse bereits. Doch darauf folgen noch weitaus dunklere Kapitel, beispielsweise das fauchende „Erase“, dessen Polyrhythmen den Puls gen 200 treiben, oder auch „Götterdämmerung“, dessen deutsche Strophen dem satanischen Anstrich des Albums noch mehr Ausdruck verleihen.

In all dieser teils schon grotesken Finsternis ist Gagneux‘ Timbre die einzige Konstante, die uns vor dem Wahnsinn bewahrt. In all dem steckt aber auch eine faszinierende Schönheit, wie alleine die gigantischen Chöre in „Hold Your Head Low“ unter Beweis stellen. Ästhetisch, atmosphärisch und emotional spielen Zeal & Ardor also auch 2022 noch in der obersten Liga mit.

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