Jahresrückblick 2019: Yvonne

Vor einigen Tagen saß ich gemeinsam mit Andrea im Auto und in weihnachtlicher Melancholie ließen wir das bald endende Jahr noch einmal Revue passieren. 2018 hatte gut vorgelegt: eine neue Lieblingsband, viele Neuentdeckungen und ein unfassbar schöner Festivalsommer.

Ob 2019 da mithalten konnte? (Spoiler-Alarm: konnte es nicht.)

Keine Ahnung, was in diesem Jahr los gewesen ist, aber irgendwie gab es nur wenige herausragende Musikmomente, die mir in Erinnerung bleiben werden. Das heißt natürlich nicht, dass 2019 alles schlecht war – vielleicht traf das meiste einfach nur nicht meinen Geschmack oder einige Highlights sind schlichtweg an mir vorbeigezogen. Man weiß es nicht, aber ich versuche dennoch, einige Highlights zusammenzutragen und wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen!

Meine Song-Highlights 2019

Mein am häufigsten gehörter Song – und das kann jeder bestätigen, der in diesem Jahr mit mir Auto gefahren ist – war der 2012 erschienene Aschenbecher-Track “A.V.A.L.” von NMZS und Danger Dan. Das lag vor allem daran, dass es das erste Lied ist, das automatisch von meinem Autoradio abgespielt wird, sobald mein Handy per USB verbunden wird, und ich dann meistens einfach nur zu faul war, es zu skippen.

So richtig verliebt habe ich mich in diesem Jahr irgendwie in keinen Song. Es gab nichts, was tagelang auf Repeat lief, mich so richtig umgehauen oder mein Jahr geprägt hat. Gern gehört habe ich dennoch “Alles zieht vorbei” vom neuen Fatoni Album und – natürlich – “Vermissen” von Juju und Henning May. Den größten Ohrwurm des Jahres lieferten OK Kid mit ihrem Vorjahrestrack “Lügenhits“, der seit diesem Sommer immer mal wieder zu spontanen Gesangsaktionen geführt hat.

Meine Album-Highlights 2019

Auch beim Album des Jahres fiel mir zunächst nicht wirklich etwas ein. Erst meine Spotify Statistik hat mich daran erinnert, dass die gesamte erste Jahreshälfte von Dean Lewis und seinem Album “A Place We Knew” geprägt wurde. Die Platte mit den verträumten Pop-Melodien des australischen Newcomers war mit Abstand mein Highlight in diesem Jahr.

Ein weiterer Favorit war die Reise der Orsons nach “Orsons Island“. Ein rundum gelungenes und gut durchdachtes Konzeptalbum, das neben Guter-Laune-Partyhits auch emotionale Achterbahnfahrten und nachdenkliche Songtexte mit sich brachte. (Die Rezension unserer Gastautorin Nelleke findet ihr hier.)

Ebenfalls oft gehört – besonders auf Zugfahrten – war das “Andorra” Album von Fatoni, das mich durch seine selbstreflektierenden Lyrics, der angenehmen Atmosphäre und einer leichten Punk-Rock Attitüde überzeugen konnte. (Die dazugehörige Rezension von Emilia findet ihr hier.)

Gerne hätte ich auch noch das Solodebüt von KUMMER genannt, doch irgendwie wollte es “KIOX” bei mir nicht so recht in die Dauerrotation schaffen. (Eine schöne Rezension von Jonas gibt es dazu trotzdem.)

Meine Konzert-Highlights 2019

Traurigerweise musste ich sogar in dieser Kategorie etwas länger überlegen. Was war 2019 nur los, dass mich nicht einmal ein Konzert so richtig vom Hocker reißen konnte?!

Letztendlich habe ich mich aber für die Show von Dermot Kennedy am 21.11.2019  in Köln entschieden. Dass der irische Singer/Songwriter in diesem Jahr durchstarten würde, hatte ich bereits im Jahresrückblick 2018 prophezeit. Doch seine Tour im Mai konnte mich leider nicht ganz so sehr überzeugen, wie erhofft. Erst beim zweiten Anlauf schaffte es Dermot Kennedy schließlich, mich mit seiner unglaublichen Stimme und einem atmosphärischen Bühnenbild vollständig in seinen Bann zu ziehen.

Ein weiteres Highlight war der Auftritt von Lizzo am 13.11.2019 im Kölner Palladium. Die amerikanische Selflove-Queen mit ihrer unglaublichen Stimme und Ausstrahlung schaffte an diesem Abend ein Zusammengehörigkeitsgefühl, wie ich es bisher selten auf Konzerten erlebt habe. Powerhymnen, strahlende Gesichter, sowie tanzende Körper in allen möglichen Formen und Altersgruppen sorgten hier für eine wunderschöne Atmosphäre und einen rundum gelungenen Abend.

Auch die Liveshow von Marteria & Casper war in diesem Jahr wirklich sehenswert, wobei das von Casper in Bielefeld organisierte Zurück Zuhause Festival Dank der kleinen Location, unzähligen Special Guests und meiner tollen Begleitung am meisten in Erinnerung bleiben wird. Natürlich darf auch die Europatournee von die ärzte hier nicht unerwähnt bleiben. In vier europäischen Städten durfte ich das Comeback der legendären Punkrocker miterleben – doch ohne meine Freundin Nina, die uns im vergangenen Jahr viel zu früh verlassen hatte, war diese Tour leider nicht dasselbe, wie erhofft.

Meine Festival-Highlights 2019

Immerhin eine Kategorie, in der es mir nicht wirklich schwer fiel, einen Gewinner zu küren: das diesjährige Hurricane Festival war mit Abstand mein Festivalhighlight in diesem Jahr! Unglaublich viele meiner Freunde aus den verschiedensten Ecken Deutschlands trafen hier erstmals aufeinander (s/o, hab euch alle lieb!) und auch die Konzerte von AnnenMayKantereit, The Gardener & The Tree und dem Headliner des Campingplatzes Danger Dan waren absolut großartig. Vor allem aber war es der Auftritt der Leoniden, der an diesem Wochenende in die Festivalgeschichte einging. In der prallen Mittagshitze sorgte die Band aus Kiel für eine grandiose Stimmung. Das ist bei den Leoniden natürlich nichts Ungewöhnliches, doch Gitarrist Lennart schlug sich während der Show aus Versehen sein Instrument gegen den Kopf und absolvierte den restlichen Auftritt daraufhin souverän mit einer übel blutenden Kopfverletzung. Autsch!

Ähnlich spektakulär verlief die Show der Antilopen Gang beim ab geht die Lutzi! Festival in Rottershausen in Bayern. Schnell sorgte das Trio mit ihrem Mix aus Rap und Punk-Rock für eine so ausgelassene Stimmung, dass der Wellenbrecher vor der Bühne nachgab und umzukippen drohte. Erst nachdem mehrere Securities das Ganze wieder zusammengeschraubt hatten, konnte die unterbrochene Show weitergehen. Bei “Enkeltrick” gab es dafür dann eine echte Oma auf der Bühne und der bewegende Song “Gestern war nicht besser” schaffte es nach langer Zeit mal wieder ins Set der Antilopen Gang.

Absolut grandios war aber auch der Auftritt von Blümchen, die in diesem Jahr auf dem Ruhrpott Rodeo gespielt hat.  Ja, genau – die 90er Jahre Technoqueen auf einem Punk-Rock-Festival! Das klingt genauso absurd, wie es schlussendlich genial war. Nur selten erlebt man einen Haufen betrunkener Punker, die zu Hits wie “Boomerang” oder “Herz an Herz” eskalieren, abgehen und crowdsurfen.

Meine Neuentdeckungen 2019

Die britische Pop-Band IDER besteht aus Lily Somerville und Megan Markwick. Im Juli brachten die beiden Freundinnen ihr Debütalbum “Emotional Education” heraus, das mich vor allem deshalb überzeugte, weil die unterschiedlichen Stimmen der beiden Sängerinnen darauf überraschend harmonisch miteinander verschmelzen. Auch lyrisch haben IDER aber einiges drauf, wie unter anderem ihre Single “Mirror” beweist. Definitiv meine liebste Neuentdeckung 2019!

Die Singer/Songwriterin Elina stammt aus Schweden und konnte mich mit ihrer EP “In Hindsight” begeistern. Emotionale Pop-Songs mit bezaubernden Klaviermelodien machten auch diese Künstlerin für mich zu einer tollen Neuentdeckung in diesem Jahr. Anspieltipp: “Wild Enough“.

Erst viel zu spät gab ich auch Singer/Songwriter LAUV eine Chance. Keine Ahnung, wieso ich den amerikanischen Sänger bislang ignoriert hatte, doch sein Album “how i’m feeling~” wird künftig auf jeden Fall noch häufiger bei mir zu hören sein, denn die unterhaltsamen Pop-Tracks konnten mich zum Jahresende noch in ihren Bann ziehen!

Meine Musikbuch-Highlights 2019

Kommen wir mal zu einer ganz neuen Kategorie: Bücher. Nach Jahren habe ich es endlich mal wieder geschafft, mir etwas mehr Zeit zum Lesen zu nehmen und einige der Bücher thematisierten auch die Musik:

Könnt ihr uns hören?: Eine Oral History des deutschen Rap von Davide Bortot und Jan Wehn erzählt in Interviewschnipseln die Geschichte des Deutschrap. Hierzu wurden namhafte Szenegrößen wie Kool Savas, Die Fantastischen Vier, Samy Deluxe oder Casper, sowie diverse Journalist:innen und Aktivist:innen nach ihren Eindrücken der Etablierung des Deutschrap befragt. Gerade für Fans oder Musikliebhaber, die sich mit dem Genre bisher nicht wirklich auseinandergesetzt haben, eine wirklich gute Lektüre!

Daisy Jones & The Six (Roman) von Taylor Jenkins Reid gibt es bislang nur auf Englisch, erscheint aber im Mai auch auf Deutsch und wurde bereits als Netflix Serie angekündigt. Das ebenfalls in Interviewform geschriebene Buch erzählt die Geschichte des Aufstiegs und des Falls der 70er Jahre Rock’n’Roll Band The Six und der Sängerin Daisy Jones. Das Besondere an diesem Buch: diese Musiker hat es nie gegeben, doch durch ihre detailreiche Schreibweise und einer grandiosen Charakterbildung erweckt Taylor Jenkins Reid sie quasi zum Leben. Besonders für Fans von Bands wie Fleetwood Mac ist dieses Buch eine absolute Empfehlung!

Nayra und Jo: Der Beat einer Liebe (Roman) von Anke Weber ist ein Jugendbuch und erzählt die Liebesgeschichte von Nayra und Jo, die sich bei einem Festival kennenlernen. Für mich war dieses Buch vor allem deswegen ein Highlight, weil darin zahlreiche aktuelle Künstler wie die Donots, Faber oder Von Wegen Lisbeth einen Gastauftritt auf der fiktiven Festivalbühne haben. Dass Autorin Anke Weber selbst ein Musikfan und eingefleischte Festivalbesucherin ist, merkt man diesem zuckersüßen Roman eindeutig an.

Mein Flop 2019

Bausa. That’s it. That’s the flop. Wie auch im vergangenen Jahr nervte mich 2019 niemand so sehr wie der aalglatte Rapper mit seinen ätzenden Tracks – allen voran “Keine Liebe” mit Rin.

Meine persönlichen Highlights 2019

Traurig aber wahr: Destination Anywhere, seit 10 Jahren eine meiner absoluten Lieblingsbands, verkündete 2019 ihr Ende und verabschiedete sich mit einer wunderbaren Abschiedstour. ♥ (Das war sehr schön und traurig und wurde hier als VLOG festgehalten.)

Beim Stadtteichfestival in der Nähe von Dresden spielte die Antilopen Gang in diesem Sommer nicht nur eine ungewohnt kleine Show, sondern wurde während “Anti Alles Aktion” auch noch mit einem fulminanten Feuerwerk gefeiert.

Sehr gut gefiel mir auch der Auftritt von Ratte + Pablo im Tommyhaus Berlin. Zwei sehr sympathische Rapper, die im Vorprogramm von Gossenboss mit Zett und Hartmann aufgetreten sind. Danke nochmal an Jana für’s Mitkommen!

Völlig absurd war hingegen der Auftritt von Zugezogen Maskulin auf dem poolbar Festival in Feldkirch, bei dem das kaum vorhandene Publikum in einem alten Schwimmbecken stand. Liebe geht hierzu raus an meine Schweizer! ♥

Verpasst habe ich in diesem Jahr leider die einzigen beiden Kraftklub Auftritte. Mein Fanherz hat vor allem wegen der Klubshow im Berliner SO36 noch sehr sehr lange geblutet. </3

Meine Vorfreude auf 2020

Aaaaah, Woodkid ist zurück!!! Wenn es ein Album gibt, das ich in den vergangenen Jahren wirklich geliebt habe, dann war es “The Golden Age” mit der Hitsingle “Run Boy Run” des französischen Musikers. Sieben Jahre (!!!) nach Veröffentlichung dieses Albums kündigte Woodkid für 2020 nun endlich das Folgewerk an. ICH FREU MICH!

Ebenso gespannt bin ich natürlich auf das neue Album der Antilopen Gang – “Abbruch Abbruch” erscheint am 24. Januar und verspricht Dank seiner Vorabsingles bereits Großes.

Nachdem grim104 dieses Jahr eine Soloplatte veröffentlichte, hoffe ich außerdem, dass Zugezogen Maskulin im neuen Jahr mit neuer Musik herausrücken werden. Und wo bleibt eigentlich das neue Album von Counterfeit? Werden vielleicht auch My Chemical Romance neue Musik zu ihrem Comeback präsentieren? Und sind nicht auch die ärzte gerade im Studio?

Möge 2020 ein besseres Jahr werden, als dieses! ♥

s/o auch an die restliche minutenmusik Redaktion #bestesteam

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