Unsere Newcomer*innen für das Jahr 2021

Special: Wie jedes Jahr wagen wir den Blick in die Glaskugel und listen euch die spannendsten Newcomer*innen für 2021 auf.

Die Stroboskop-Lichter zucken lange nicht mehr, der letzte Schweißtropfen ist verdunstet, die Zapfanlagen längst vertrocknet. Wenn wir davon reden, dass die Welt 2020 stillstand, dann gilt das für wenige Sektoren so vehement wie für den kulturellen. Allen Musikfans blutet das Herz und nicht wenige nutzten die Zeit, um sich an die guten alten Zeiten zu erinnern und alte Lieblingsalben aus dem eingestaubten Plattenregal zu kramen. Aber auch in diesen Zeiten gibt es einige tolle neue Künstler*innen zu entdecken, mit denen man sich die Zeit bis zum ersten Live-Konzert versüßen kann. Wir haben uns einmal quer durch die Genres gehört und unsere liebsten Neulinge und Hoffnungen für die kommenden Jahre zusammengetragen. Bis ihr diese dann auch live erleben könnt, lädt unsere weiter unten verlinkte Playlist zum frisch Verlieben ein! Auf dass sich die Bühnen dieser Welt auf diese tollen Newcomer*innen einstimmen. Viel Spaß beim Stöbern!

Claud (#Alternative/Indie, #Pop)

Eine Coming-of-Age-Story als Debütalbum, als Sound melancholisch-eingängiger Pop. Alleine diese schnöden Fakten klingen jetzt noch nicht sonderlich innovativ, doch Claud hat auch einiges mehr zu bieten. Schon die farbfreudigen Comic-Artworks deuten eine selbstbewusste Queerness an, die auch in Hits wie „Wish You Were Gay“ oder „Gold“ auf mehrfacher Ebene integriert ist. Mit musikalischem Genie gesegnet konnte sich Claud ganz DIY über SoundCloud mit Schlafzimmer-Songs eine rasant anwachsende Fanbase aufbauen. Diese beschert Claud nicht nur über eine halbe Millionen Spotify-Follower*innen, sondern auch die Ehre, das erste Signing auf Phoebe Bridgers‘ Label Saddest Factory zu sein. Über dieses erscheint im Februar das Album „Super Monster“, mit dem Claud einen Beitrag zu einem Safe Space für queere Menschen bieten will. Mit Versatzstücken aus Dream Pop, Emo und Indie geht es dem Normalitätsdiskurs an den Kragen – und vergesst dabei das Tanzen nicht! (Julia)

Holly Humberstone (#Alternative/Indie, #Singer/Songwriter)

Eine weitere außergewöhnliche Newcomerin ist die 21-jährige Holly Humberstone aus Grantham in England. Lewis Capaldi sei Dank konnte sie sich bereits als Singer-Songwriterin in der Szene zurechtfinden, als sie 2019 im Vorprogramm seiner Konzerte auftrat. 2020 erschien mit „Falling Asleep At The Wheel“ ihre erste eigene EP. Die dort enthaltenen sechs Songs sind ein Mix aus verträumten Indie-Tracks und mitreißenden Pophymnen, die von ihren ehrlichen Texten über die Höhen und Tiefen des Lebens getragen werden. Holly Humberstone besingt mit ihrer klaren und warmen Stimme die Liebe und das Leid des Erwachsenwerdens, durchbricht mit dem tanzbaren Vibe ihrer Songs jedoch jeden Anflug von aufkeimender Melancholie. Wir denken, dass diese EP einen ersten Grundstein für den Anfang einer großen Musikkarriere gelegt hat und sind uns sicher, dass man 2021 noch einiges von Holly Humberstone erwarten kann! (Yvonne)

KennyHoopla (#Alternative/Indie, #Rap/Hip-Hop)

Die Musik des nächsten Künstlers ist der melancholisch-benebelte Morgen nach der Abriss-Party, die sehnsüchtige Erinnerung an verflossene Liebe, das brutale Innere des Moshpits einer Hardcore-Show. KennyHoopla stammt aus jener vorwiegend US-amerikanischen Szene, die Gitarrenmusik mit Rap vermählt und ihre Songs per Soundcloud unter Gleichgesinnte streut. Genau dort erschien auch bereits 2016 die Debüt-EP des 23-Jährigen. Es sollte vier Jahre bis zum nächsten Groß-Release für den Clevelander dauern: Im Mai 2020 jedoch war es mit „How Will I Rest in Peace if I’m Buried by a Highway?“ so weit. Der Sound der EP ist einer für die Zukunft und entfernt sich deutlich vom Rap: Lofi-Ästhetik trifft auf Post-Punk, Electronica auf Emo. Das reminisziert mal Bloc Party, ruft an anderer Stelle aber auch Sehnsüchte nach Techno-Club-Tanzflächen hervor. KennyHoopla arbeitet wohl an seinem Debüt-Album. Dessen Erscheinen wird jedoch noch etwas warten müssen: Anfang Januar kündigte der Künstler zunächst eine Pause an, um sich seiner psychischen Gesundheit zu widmen. Dennoch: KennyHoopla ist einer der aufstrebenden Artists, von denen wir 2021 am sehnsüchtigsten neues Material erwarten. (Jonas)

LUIS (#Pop #Rap/Hip-Hop)

LUIS ist ein Sänger aus dem Umfeld von Rappern wie Edo Saiya, Kidnfinity und Lil Lano, der erfrischenden und besonders Autotune-lastigen Pop liefert. Auf melodischen Trap-Beats singt der Hamburger, der auch selbst produziert, engelsgleich über das, was ihn bewegt und ausmacht. Darunter verflossene Lieben, den Verlust seines Vaters oder seine Erfahrungen mit Rassismus. Von seiner aktuellen Single “Made in Germany” wird zudem sämtlicher Profit an ReachOut Berlin gespendet, einen Hilfe-Verein für Opfer rassistischer Gewalt. Nachdem LUIS in den vergangenen drei Jahren seine Mixtape-Trilogie “NITRO” veröffentlicht und ordentlich an seinem Stil gefeilt hat, ist er 2021 ready um sein Potential voll auszuschöpfen. Los geht’s mit einigen neuen Singles, von denen im Januar bereits drei erscheinen sollen. (Luis)

Luna Aura (#Rock, #Alternative/Indie)

Genau genommen ist Luna Aura gar keine Newcomerin, hat sie tatsächlich schon eine erste Karriere hinter sich. Doch wie das im Musikbusiness nun mal häufig der Fall ist, verfolgte dieMusikerin in dieser ersten Laufbahn weniger ihre eigene künstlerische Gesinnung als die Profit orientierten Pläne anderer. Nun aber alles auf neu – und das mit einer expliziten feministischen Grundhaltung, die sich gegen Gendernormen stark macht. Musikalisch klingt das nicht mehr nach glatt geschliffenem Pop, mit dem sich Luna Aura ohnehin nicht wohlfühlte, sondern nach kantigem 90s Alt-Pop der Marke Garbage. Dafür sorgt auch der Produzent JT Daly, der schon mit Pvris und K. Flay zusammenarbeitete. Anders als zuvor stellt Luna Aura seit ihrer EP „Three Cheers for the American Beauty” aus dem Herbst 2020 ausschließlich ihre eigenen Wünsche und Ziele in das Zentrum ihres Schaffens. Ein Neustart, auf den wir uns alle wahnsinnig freuen können! (Julia)

Maël & Jonas (#Pop)

Gute-Laune Musik, verbunden mit viel Kreativität und diesem ganz besonderen Funken an Einzigartigkeit. 2020 war das Jahr für Maël Brunner und Jonas Brochhausen aus Koblenz. Und alles begann mit dem Cover des Jonas Brother Hits „Sucker“. Als erstes Duo gelangten die beiden in der zehnten Staffel von The Voice Of Germany in das große Finale, erreichten mit Coach Nico Santos den dritten Platz und machten die Show zu etwas ganz Besonderem. Gewinner der Herzen, so oder so. Dass gerade Nico Santos dabei unglaublich an das Talent seiner Schützlinge glaubt, machte er immer wieder deutlich: „Es ist eine perfekte Symbiose. Jeder singt für sich unglaublich einzigartig, aber zusammen ist es perfekt.“ Eigentlich im Jahr 2017 als Duo „Johnny Left“ formiert, da Jonas „Johnny“ kurzzeitig die Band wegen eines Auslandsjahres verließ, überzeugten die Jungs bereits vor der Show schon mit guter Pop-Musik. Im Keller von Jonas Vater produzieren die beiden ihre Musik, schreiben und texten. Bewundernswert ist dabei vor allem die Leichtigkeit, die sie in ihre Songs mit einfließen lassen. Sie sind mit dem Herzen dabei und lassen die Musik für sich sprechen. Stimmlich ergänzen sie sich sehr schön, sind unglaublich ausdrucksstark und machen sogar Coversongs zu ihren ganz eigenen Versionen. Den Spaß am Musik machen und auf der Bühne stehen kann man ihnen im Grunde förmlich von den Gesichtern ablesen. Maël und Jonas verbreiten mit ihrer Musik gute Laune, kommen sehr sympathisch daher und zwängen sich in kein Mainstream-Gefilde. Und obwohl es bei TVOG nicht für den ersten Platz gereicht hat, werden wir in der nächsten Zeit definitiv mehr von den beiden zu hören bekommen. (Alina)

M. Byrd (#Alternative/Indie)

Es ist eine Geschichte wie aus dem Rock’n Roll-Bilderbuch: 2019 spielt Maximilian Bart als Live-Musiker auf einer Europa-Tour für Ilgen-Nur Bass. Auf der langen Autofahrt von einer Show zur nächsten zeigt er seinen Kolleg*innen erste Songskizzen, an denen er seit einiger Zeit arbeitet. Die anschließend herrschende Begeisterung bringt den Stein ins Rollen: Der Mittzwanziger nimmt den Künstlernamen M. Byrd an und veröffentlicht Mitte letzten Jahres seinen ersten Song „Mountain“. Auf Spotify schlägt der anschließend Wellen, kann bis jetzt fast eine Millionen Plays generieren. Kein Wunder: Der verträumt folkige Indie, den M. Byrd spielt, könnte mit seinem beachtlichen Ruhepol nicht besser in solch turbulente Zeiten passen – und weckt Sehnsüchte nach kahlen Landzügen und langen Roadtrips. 2021 sollen weitere Songs folgen. Diese Geschichte muss auf den großen Bühnen enden. (Jonas)

Schatzi (#Alternative/Indie)

Vielleicht sind sie euch in diesem Jahr schon in der einen oder anderen deutschsprachigen oder Indie-Playlist begegnet – ansonsten sind sie aber noch ein ziemlicher Geheimtipp, der hoffentlich in diesem Jahr richtig durchstartet: Schatzi, eine Band, oder viel mehr ein Projekt von drei Jungs um die 20 Jahre. Erst letztes Jahr haben sie ihre Debüt-EP „Animalia Parc“ veröffentlicht und waren damit auch schon bei uns im Interview. Mit ihrem leicht unterkühlten, oft elektronischen und sphärischen Sound könnten sie vor allem etwas für Fans von Search Yiu oder Yukno sein – auf jeden Fall aber für jeden, der auf innovative, alternative und experimentelle Musik steht. (Emilia)

$oho Bani (#Rap/Hip-Hop)

$oho Bani ist eine der großen Hoffnungen aus dem neuen Berliner Untergrund, aus dem gerade auch Künstler wie Yin Kalle oder Kasimir1441 entspringen. Der Pop-Trapper begann vor drei Jahren mit seiner Wooze Gang zu rappen, lernte kurz darauf seine weiteren Kollabo-Partner Hugo Nameless & Nate Gordo kennen und veröffentlichte 2019 sein erstes und bislang einziges Solo-Mixtape “$oho Bani Vol.1”. Extrem eingängige Hooks, eine einzigartig “melodische Härte” sowie spannende Videos sind seine großen Stärken. Die Texte handeln überwiegend von Frauen und Kokainkonsum, die Beats stammen unter anderem von Bobby San, der auch als Haupt-Produzent der 102 Boyz bekannt wurde. Im Herbst 2020 hat Universal das Potential von $oho Bani erkannt und ihn gesignt, kurz darauf erschienen die ersten Singles aus dem bevorstehenden zweiten Tape, das 2021 das nächste prägende Ding werden könnte. (Luis)

Sperling (#Posthardcore/Hardcore/Metalcore)

Wie sich das Jahr auch entwickeln mag, Sperlings Debüt „Zweifel“ (VÖ: 22.01.) könnte kein passenderer Soundtrack sein. Ob in beklemmender Isolation oder den schwitzigen Kellerclubs der Nation – von dieser puren Katharsis zehrt man alleine genau so wie im gemeinschaftlichen Exzess. Dafür zerstäubt lyrisch anspruchsvoller Sprechgesang unter den Händen des Quintetts in tosende Gitarren-Orkane – Post-Hardcore par excellence. Mit der nötigen Prise Gesellschaftskritik tritt das sehr offensichtlich in die Fußstapfen von Bands wie Heisskalt oder den 8kids, doch Sperling können ihr Alleinstellungsmerkmal nicht nur mit ihrer hohen Songwriting-Qualität beweisen. All die inneren Konflikte bekommen bei Sperling nämlich mit einem Genre-untypischen Instrument ein hymnisches Sprachrohr: dem Cello. Die nächste Post-Hardcore-Institution? (Julia)

Wallners (#Alternative/Indie, #Pop)

Schaut man sich die Spotify-Playlists an, auf denen die Songs von Wallners auftauchen, dann heißen die zum Beispiel „Herbst Sounds“, „Snowy Days“ oder „Winter Chill“ – und das passt tatsächlich ziemlich gut. Denn die vier Geschwister aus Österreich machen genau die Art atmosphärischen und entspannten Indie, der in diese Stimmung passt. Zwar haben sie bislang erst zwei Singles veröffentlicht, in diesem Jahr soll allerdings noch mehr von der Band folgen. Und eine breite Hörer*innenschaft konnten sie auch schon mit ihrer ersten Single „in my mind“ erreichen – auf Spotify wurde der Track schon über 500.000 mal gehört. Wir dürfen also gespannt sein, was in den nächsten Monaten noch so kommt. (Emilia)

LIZ (#Rap/Hip-Hop)

Ja, 2020 hat gezeigt, dass im Deutschrap mit starken Frauen zu rechnen ist. Loredana und Shirin landen Hit nach Hit, badmómzjay startet mit gerade mal 18 Jahren durch und Haiyti droppt gleich zwei herausragende Alben. Trotzdem ist Rap-Deutschland immer noch eine Männerdomäne. Speziell im deutschen Straßenrap sieht‘s da neben der einsitzenden Schwesta Ewa noch recht mau aus. Die Frankfurterin LIZ will das ändern. Nach einigen Song-Snippets auf Insta folgte für sie der erste Vertriebsdeal. Seit Oktober 2020 veröffentlichte sie bereits drei Songs. Harte, kompromisslose Texte gepaart mit einem rotzigen Flow und dreckigen Straßenbeats. LIZ verkörpert die Frankfurter (Rap-)Schule wie keine zweite und verteilt auf ihren ersten musikalischen Lebenszeichen bereits ordentlich„Schellen so wie die von Großvadder“! Ehrfurcht vor den männlichen Eliten im Game? Nicht bei LIZ. Auf ihrer aktuellen Single „Mizgeburt“ findet sie über einem Beat von Apache-Producer Lucry klare Worte für ihre Kollegen: „Männer wollen Chef sein, aber wenn’s drauf ankommt, sind ihre Hackfressen blutiger als Tampons.“ Deutsche Gangsta-Rapper sollten sich 2021 besser warm anziehen! (Lukas)

Wir haben euch unsere Lieblingssongs aller genannten Artists in einer Playlist zusammengefasst. Die findet ihr hier.

Unsere Newcomer*innen für 2020 gibt es hier und für 2019 hier.

Die Rechte an den Beitragsbild-Fotos liegen bei Arista Records/Mogul Vision (KennyHoopla), Jan Lehmann (Schatzi), Tim Cavadini (Wallners), Niklas Zeiner (M. Byrd), Luna Aura LLC (Luna Aura),Phoebe Fox (Holly Humberstone), vonsi_digital ($oho Bani), Kyle Smith (Claud).

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