Jahresrückblick 2019: Emilia

Jedes Jahr wenn sich der Dezember dem Ende zuneigt und es Zeit für einen Jahresrückblick wird, merke ich, wie es zunehmend schwerer wird, den Überblick über alles zu behalten, was das Jahr über so passiert ist. Denn oft vergeht die Zeit schneller als es einem lieb ist, es prasselt unglaublich viel auf einen ein und so einiges gerät in Vergessenheit. Das ist auch einer der Gründe, warum ich es immer wieder schön finde, mir am Ende des Jahres die Zeit zu nehmen und das Jahr in musikalischer (aber natürlich auch in sonstiger) Hinsicht Revue passieren zu lassen – um die Musik, die mich das ganze Jahr über begleitet hat, nochmal abschließend zu würdigen. Zugegebenermaßen war dieses Jahr zwar für mich persönlich musikalisch etwas schwächer als die letzten beiden, zumindest was die Releases angeht. Trotzdem gab es wieder einige tolle Songs, Alben, Konzerte und Momente, die ich hier gerne teilen möchte – und da Top 10 ja jeder kann und ich grundsätzlich eher entscheidungsunfreudig bin, gibt es dieses Jahr bei mir in jeder Kategorie eine Top 12.

Lieblingsalben

Während dieses Jahr aus vielen Neuentdeckungen wie Search Yiu, Ra Ra Riot oder Clairo bestand, die allesamt wundervolle Alben veröffentlicht haben, konnten leider einige altbekannte und meinerseits sehr geliebte Bands mit ihren Veröffentlichungen nicht so ganz überzeugen. So zum Beispiel die Jungs von Von Wegen Lisbeth, die mit „sweetlilly93@hotmail.com“ zwar ein ganz ordentliches Album ablieferten, meine hohen Erwartungen nach ihrem Debüt allerdings nicht ganz erfüllen konnten, oder auch Rikas, von deren „Showtime“ ich mir ebenfalls mehr erhofft hatte. Nichtsdestotrotz sind wieder einmal einige tolle Alben erschienen, die ich das ganze Jahr über oft und gerne gehört habe. So haben mich zum Beispiel Lana del Rey mit „Norman Fucking Rockwell“ oder Hozier mit seiner Platte „Wasteland, Baby!“ ziemlich überrascht, ich habe Royal Republic mit „Club Majesty“ wieder für mich entdeckt und auch Milky Chance sind mir mit „Mind The Moon“ positiv in Erinnerung geblieben. Mein Indie-Herz hat sich über die Alben von Kakkmaddafakka und Of Monsters and Men gefreut und auch deutscher HipHop hat dieses Jahr endlich mal wieder bewiesen, dass er mehr kann als Capital Bra, Mero, Bausa und Co.: Neben den Deutschrappern in meiner Top 12 haben auch Juju und Trettmann (bis auf ein paar Fehlentscheidungen bei den Feature-Gästen) ziemlich gute Alben veröffentlicht. Und natürlich sollen hier auch Billie Eilish mit ihrem Meisterwerk „When we all fall asleep, where do we go“ und Foals mit ihrem grandiosen Doppelalbum „Everything Not Saved Will Be Lost“ (Part 1 & 2) nicht unerwähnt bleiben – auch wenn sie es leider nicht in meine Bestenliste geschafft haben.

1. Mine – Klebstoff

Mine - Klebstoff

Mine hat mich mit ihrem Album „Klebstoff“ dieses Jahr wirklich überrascht – zuerst mit dem gleichnamigen Titelsong, dann mit weiteren Singleauskopplungen und schließlich auch mit dem ganzen Album. Denn damit steht Mine meiner Meinung nach absolut exemplarisch dafür, wie Deutschpop auch geht – nämlich intelligent, innovativ und abwechslungsreich. Für mich definitiv das Album des Jahres!

2. Thees Uhlmann – Junkies und Scientologen

Albumcover "Junkies und Scientologen" von Thees Uhlmann

Thees Uhlmann kann man lieben oder hassen – die meisten Leute, die ich kenne tun aber eher ersteres. Wie kann man auch anders bei diesem grundsympathischen und bodenständigen Menschen, der dann auch noch so tolle Musik macht? Nachdem er (laut eigener Aussage im Song) fünf Jahre nicht gesungen hat, kam dieses Jahr mit „Junkies und Scientologen“ endlich Album Nummer drei, das für mich zwar noch nicht ganz an sein Solo-Debütalbum herankommt, aber trotzdem ein absolutes Meisterwerk ist und wieder einmal zeigt, wie schön deutschsprachige Musik doch sein kann.

3. Fil Bo Riva – Beautiful Sadness

Der Titel dieses Albums mag im ersten Moment widersprüchlich klingen und im zweiten auf ein eher trostloses und ruhiges Album hindeuten – beides stimmt allerdings nicht, wie ich in den sämtlichen Malen, die ich dieses Album in diesem Jahr gehört habe, feststellen durfte. Denn auf „Beautiful Sadness“ befinden sich insgesamt 13 wundervolle und abwechslungsreiche Indie-Songs, die mein Jahr auf die unterschiedlichste Art und Weise geprägt haben.

4. Kummer – KIOX

Cover von Kummers "Kiox"

Es dürfte die meisten wenig überraschen, dass Kummer aka Kraftklub-Frontmann Felix bei mir als riesiger Kraftklub-Fan in den Top-Alben vorkommt – so selbstverständlich finde ich persönlich das aber gar nicht. Zwar habe ich mich riesig gefreut, als er seine erste Solo-Rap-Platte angekündigt hat, war aber auch ebenso skeptisch und gespannt, wie sich das wohl anhören würde. Und zum Glück wurde ich nicht enttäuscht. Mit intelligenten und eingängigen Texten und Beats schafft er auf „KIOX“ etwas, das die meisten deutschen Rapper aktuell nicht mehr können: Die Gefühle einer ganzen Generation in Songs zu verpacken.

5. Faber – I fucking love my life

Faber

Wer meine Jahresrückblicke schon seit längerem verfolgt, der wird sich vielleicht erinnern, dass Faber vor zwei Jahren mit „Sei ein Faber im Wind“ noch unter meinen „Enttäuschungen des Jahres“ angeführt war – woher also der Sinneswandel? Zugegeben – damals habe ich mich wohl auch einfach ein bisschen gegen den Hype um Faber gewehrt und ihn außerdem auch noch nie live gesehen. Das hat sich in diesem Jahr zum Glück beides geändert und ich habe endlich die Großartigkeit dieses wundervollen Künstlers erkannt, der dann mit „I fucking love my life“ auch noch ein ebenso wundervolles Album veröffentlicht hat.

6. Marina – LOVE + FEAR

Seit Marina Diamandis sich nur noch Marina und nicht mehr „Marina and the Diamonds“ nennt, geht es nur noch bergauf mit ihrer Musik – zwar mochte ich auch ihre früheren Alben und ihren teilweise leicht kitschigen Pop, aber ihr neues Doppelalbum „LOVE + FEAR“ wirkt einfach nochmal deutlich reifer und erwachsener, ohne dass Marina ihren eigenen Stil verloren hätte. Mit Songs wie „True“, „Superstar“ oder „Life is Strange“ ist sie für mich in diesem Jahr die absolute Pop-Queen.

7. Fatoni – Andorra

Als im Frühjahr mit „Die Anderen“ die erste Single-Auskopplung von Fatonis neuer Platte „Andorra“ erschien, war ich sofort begeistert. Bislang konnte ich bis auf ein paar vereinzelte Songs eher weniger mit seiner Musik anfangen, aber dieser Song hatte mich sofort gecatcht. Und obwohl ebendieser auch nach wie vor der stärkste Song der Platte blieb, wurde das ganze Album mit seinen intelligenten Lines und tollen Featuregästen eines meiner Lieblingsalben des Jahres.

8. Bastille – Doom Days

Bastille - Doom Days

Dass Bastille schon lange eine meiner Lieblingsbands sind, ist kein Geheimnis – umso mehr habe ich mich gefreut, als sie bei ihrer Tour Anfang des Jahres endlich auch endgültig ihr neues Album „Doom Days“ für dieses Jahr ankündigten. Und auch wenn es nicht ganz an seine Vorgänger herankommt, finden sich auf dieser Platte wieder einige tolle Popsongs, die aus dem Einheitsbrei der aktuellen Pop-Szene herausstechen.

9. Dendemann – da nich für!

Endlich ist Dendemann zurück: Nach Jahren ohne neues Release von dem Deutschrap-Urgestein waren die Erwartungen an sein neues Album dementsprechend hoch – wurden aber auch absolut erfüllt. Mit altbekannter Eloquenz, guten Beats und Texten, bei denen man bei jedem Hören wieder eine neue Referenz entdeckt, hat sich Dendemanns „da nich für!“ meiner Meinung nach absolut den Titel „Deutschrap-Album des Jahres“ verdient.

10. Bad Suns – Mystic Truth

Vor zwei Jahren tauchten sie noch bei meinen Neuentdeckungen des Jahres auf – nun ist ihre dritte Platte „Mystic Truth“ sogar in meinen Top-Alben des Jahres. Darauf vereinen sie Indie, Rock, Alternative und Pop und lassen das Ganze so leichtfüßig und eingängig klingen, dass man die Musik der Jungs aus Los Angeles einfach mögen muss.

11. Ilgen-Nur – Power Nap

Natürlich zog sich auch meine Indie-Liebe durch das ganze Jahr und da darf natürlich eine der vielversprechendsten deutschen Newcomerinnen nicht fehlen. Ilgen-Nur veröffentlichte dieses Jahr endlich ihr Debüt „Power Nap“, das von Max Rieger produziert wurde und somit schon mal mehr als vielversprechend ist. Mit unaufgeregtem Indie-Rock und -Pop überzeugt sie darauf und steuert mit „Easy Way Out“ einen absoluten Ohrwurm zu meinen Soundtrack des Jahres bei.

12. IDER – Emotional Education

IDER

Erst in diesem Jahr habe ich die beiden Powerfrauen von IDER entdeckt – war aber sofort von ihrem Debütalbum „Emotional Education“ begeistert. Mit der Mischung aus RnB, Synthie, Electro, Indie und Pop sowie ihren emotionalen und ehrlichen Texten hat mich das Album gleich nach dem ersten Hören in seinen Bann gezogen.

 

Lieblings-EPs

Aber dieses Jahr bestand nicht nur aus tollen Alben – es wurden mindestens genau so viele wundervolle EPs veröffentlicht, die hier nicht unerwähnt bleiben sollen. Allen voran natürlich meine absolute Lieblingskünstlerin des Jahres Mia Morgan mit „Gruftpop“, in die ich mich als Voract sowohl bei den Leoniden, als auch bei Drangsal verliebt habe. Generell stand das Jahr 2019 für mich ziemlich im Zeichen der Künstlerinnen – ich glaube es waren noch nie so viele weibliche Acts in meinem Rückblick vertreten wie dieses Jahr. Neben der wundervollen Naaz aus den Niederlanden oder Alli Neumann mit ihrer „Monster“ EP, konnten mich aber auch Shelter Boy und Jeremias mit ihren Indie-Klängen überzeugen.

  1. Mia Morgan – Gruftpop
  2. Naaz – The beautiful struggle
  3. Giant Rooks – Wild Stare
  4. Shelter Boy – Mirage Morning
  5. Kytes – Frisbee
  6. Alli Neumann – Monster
  7. girl in red – chapter 2
  8. Jeremias – Du musst an den Frühling glauben
  9. Gurr – She Says
  10. Tones and I – The Kids are coming
  11. Miley Cyrus – She is Coming
  12. BLVTH – I don’t know if I’m happy

 

Lieblingssongs

Nicht nur bei den EPs, auch bei meinen Lieblingssongs führt Mia Morgan die Liste unangefochten an – eigentlich müssten noch viel mehr Songs von ihr („Waveboy“, „Immer Immer Immer“, „Valentinstag“) in der Liste auftauchen, aber ein bisschen Abwechslung muss ja auch sein. Trotzdem finden sich hier natürlich auch viele Titel der obergenannten Alben wieder, die das ganze Jahr über immer wieder in meinen Playlists aufgetaucht sind. Nicht in die Liste geschafft hat es beispielsweise „Never Let You Go“ von Georgia oder „Wide Awake“ von dePresno – trotzdem sollen diese Songs hier aber natürlich nicht unerwähnt bleiben.

  1. Mia Morgan – Es geht dir gut
  2. Fil Bo Riva – Blindmaker
  3. Kummer – Bei Dir
  4. Mine – Klebstoff
  5. Kakkmaddafakka – Naked Blue
  6. Dendemann feat. Casper – Alle Jubilare Wieder
  7. Search Yiu feat. Drangsal – Viele Jahre
  8. Faber – Vivaldi
  9. Jeremias – Diffus
  10. DOTE – Flirting
  11. Go Go Berlin – Never Fall In Love
  12. White Lies – Tokyo

 

Lieblingskonzerte

Was wäre dieses Jahr nur ohne all die tollen Konzerte gewesen? Ziemlich langweilig wahrscheinlich – dementsprechend schwer fiel es mir auch mal wieder, mich auf meine liebsten Konzerte des Jahres festzulegen. Irgendwie habe ich es dennoch geschafft und eine Top 12 herausgesucht – bei der (wenig überraschend) die Leoniden gleich die beiden ersten Plätze belegen. Kein Wunder, denn kaum eine Band hat mich in den letzten Jahren so sehr mit ihrer Liveshow und Energie begeistert wie die Jungs aus Kiel. Trotzdem dürfen natürlich auch Thees Uhlmann, Feine Sahne Fischfilet und Drangsal nicht fehlen, die sowohl auf Festivalbühnen, als auch in Clubs und Hallen überzeugen konnten.

  1. Leoniden, FZW Dortmund, 05.03.2019
  2. Leoniden, zakk Düsseldorf, 17.10.2019
  3. Thees Uhlmann, FZW Dortmund, 11.12.2019
  4. Drangsal, FZW Dortmund, 22.03.2019
  5. Feine Sahne Fischfilet, Westfalenhalle Dortmund, 19.12.2019
  6. Fil Bo Riva, FZW Dortmund, 26.05.2019
  7. Casper & Marteria, König Pilsener Arena Oberhausen, 17.11.2019
  8. Von Wegen Lisbeth, Warsteiner Music Hall Dortmund, 01.11.2019
  9. OK KID, FZW Dortmund, 11.11.2019
  10. The Kooks, Ruhr Congress Bochum, 30.03.2019
  11. Bastille, Ruhr Congress Bochum, 12.02.2019
  12. Lejo, Stereo Wonderland Köln, 06.04.2019

 

Weitere musikalische Highlights des Jahres

Auch neben all diesen Alben, EPs, Songs und Konzerten gab es dieses Jahr auf musikalischer Seite natürlich so einiges, was hängen geblieben ist. Da wäre zum Beispiel die Veröffentlichung der Oral History des deutschen HipHop in Form des Buchs „Könnt ihr uns hören?“ von den Musikjournalisten und Autoren Jan Wehn und Davide Bortot mitsamt Lesetour. In Form von Interview-Fragmenten mit Angehörigen der Szene wird die gesamte deutsche Rap-Geschichte erzählt – und bei der Lesetour stehen bzw. sitzen die dann sogar mit auf der Bühne und lesen aus dem Buch vor (wie zum Beispiel hier Juicy Gay in Dortmund). Aber auch Musik-Podcasts haben mich das ganze Jahr über begleitet. Vor allem der Machiavelli-Podcast von Jan Kawelke und Vassili Golod hat mich dabei nachhaltig beeindruckt, da dort die Themen Rap und Politik auf super geschickte Art vereint und anhand von extrem gut recherchierten Themen und mit prominenten Gästen beider Bereiche diskutiert werden. Als absolutes Highlight durfte ich die beiden Hosts Mitte des Jahres dann sogar interviewen – aber es sollte nicht nur bei diesem Interview bleiben. Ebenfalls durfte ich für minutenmusik beispielsweise Mine zu ihrem neuen Album oder Filippo und Felix von Fil Bo Riva interviewen – beide in den Top 3 meiner Lieblingsalben – woraus tolle Gespräche entstanden sind.

Neben all den Konzerten dieses Jahr war aber natürlich auch das Highfield-Festival eines meiner Highlights – mit einem grandiosen Line-Up und (bis auf Sonntagabend) bestem Wetter waren alle Voraussetzungen für ein perfektes Festival-Wochenende erfüllt. Höhepunkte des Festivals waren natürlich der Abriss von Feine Sahne Fischfilet am Freitagabend, das Mini-Comeback von Thees Uhlmann oder der wunderschöne Auftritt von AnnenMayKantereit am Samstag.

Überrascht hat mich dieses Jahr musikalisch außerdem Dua Lipa mit einigen extrem guten Popsongs, die so catchy waren, dass ich sie wochenlang in meinen Playlists hatte. Und neben all den Neuerscheinungen dieses Jahres liefen auch immer wieder Alben der letzten Jahre bei mir rauf und runter: Ganz vorne mit dabei waren die beiden Werke von Drangsal sowie „Sturm und Dreck“ von Feine Sahne Fischfilet aber auch diverse Platten aus den 80ern oder Songs von The Kooks oder The Offspring fanden sich in meinen Playlists wieder.

In diesem Sinne: Auf dass 2020 wieder ein aufregendes Jahr voller guter Alben, Songs, Konzerte und Festivals wird!

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