Mein Credo lautet seit jeher: Musik muss Geschichten erzählen. Damit meine ich gar nicht zwingend das, was die Künstler uns in ihren Stücken mitteilen, sondern auch und vor allem die Geschichten, die wir selbst mit der Musik verbinden. Sei es der Fluchtpunkt in schwierigen Zeiten, die Erinnerung an eine gelungene Konzertreise oder auch so etwas scheinbar Profanes wie der Soundtrack des Sommers. In diesem Geiste gedacht habe ich mich dieses Jahr dazu entschlossen, das Jahr monatsweise zu beleuchten – wobei sich hier und da eine gewisse Sprunghaftigkeit nicht ganz vermeiden lassen wird. Für Freunde der Listenführung gibt es zum Abschluss zusätzlich noch meine Top Ten der Alben und Konzerte des Jahres 2024.
Januar
Der Januar begann ruhig. Ein ruhiger Start ins Jahr und passend dazu eröffnete dann auch die Konzertsaison bestuhlt mit dem Nord-Süd-Gipfel von Phil Siemers (Hamburg) und Ina Regen (Wien) in der Münchner Muffathalle. Zwischen Singer-Songwriter und Storytelling wechselten sich die beiden ab, unterstützten sich auch mal gegenseitig und sorgten für gute Laune. Ein Doppelheadliner im besten Sinne – und ein gelungener Auftakt ins Konzertjahr 2024!
Laut durfte es eine Woche später werden, denn Marathonmann spielten ihren Jahresauftakt im Münchner Feierwerk. Ein aus mehreren Gründen persönlich bedeutsamer Abend: Marathonmann sind meine Begleiter, seit „Die Angst sitzt neben dir“ in einer persönlich herausfordernden Zeit erschien, dazu eröffneten die Deadnotes, die dereinst mein letztes Konzert vor der Pandemie darstellten, als ich sie im März 2020 in Prag interviewte, bevor am Folgetag die lokale Beschränkung der Veranstaltungsbesucher von 100 auf 30 reduziert wurde.
So war es ein Abend mit vielen Erinnerungen, vor allem aber ein Abend zwei starken Auftritten. Die Deadnotes konnten bereits gut einheizen und Marathonmann spielten im Anschluss vor einem dankbaren Heimspielpublikum, das auch den Schritt in den synth-poppig-orientierten Sound gerne mitging. Der Klassiker „Die Stadt gehört den Besten“ ließ sich an diesem Abend einmal mehr mit „München gehört Marathonmann“ übersetzen.
Februar
Der Februar war minutenmusik-technisch für mich besonders: Nach vereinzelten Gastbeiträgen in den vergangenen Jahren und einer mehrmonatigen Pause vom Musikjournalismus entschied ich mich, fester Bestandteil der Redaktion zu werden. Ein willkommener Opener dafür: Die Rezension zu Sperling mit ihrem neuen Album „Menschen wie mir verzeiht man die Welt oder hasst sie“, das ich trotz Überdosis im Frühjahr auch heute noch sehr gerne höre. Die Band, die mir einst im Vorprogramm besagter Marathonmann begegnete und unerwartet gut gefiel, hat sich gut weiterentwickelt, ohne ihre markanten Momente zu verlieren, wie bspw. das „Alleinstellungsmarkmal Cello“. (Review)
Auch sonst nahm das musikalische Jahr Fahrt auf: Die Blackout Problems veröffentlichten ihr Album „Riot“, das einen ausgereiften Alternative Rock-Sound aufwies, Ohrwurm-Momente hatte und eine gesunde Härte dabei behielt. Jene Band, die ich einst unverhofft im Jahr 2015 im Vorprogramm von Massendefekt kennenlernte, die mich seither begleitet, schaffte es inzwischen auf Platz 5 der Albumcharts. Zugegeben, mir fehlt bei dieser Band ein wenig die Neutralität – aber dieser Jahresrückblick soll schließlich auch Geschichten erzählen.
Nach dem Start mit Ina Regen ging es zudem diesen Monat ein weiteres Mal musikalisch in Richtung der österreichischen Nachbarn. Und auch cineastisch: „Rickerl“ war in den Kinos zu sehen. Ein lohnenswerter Kinobesuch um einen eher minder erfolgreichen Musiker, der sich dennoch nicht von seinem Weg abbringen lässt, tragikomisch dargestellt von Voodoo Jürgens. Ein empfehlenswerter Film mit einem Musiker, den ich viel zu lange nur vom Namen her kannte. Etwas, das sich 2024 ändern sollte (mehr dazu im September).
März
Ein Monat mit vielen spannenden Veröffentlichungen, schon allein durch verschiedene Helden meiner Jugend. Bereits am 01. März veröffentlichten Liam Gallagher und John Squire ein gemeinsames Album, das sie ganz einfach nach sich selbst benannten. Passt – mit dem Albumtitel „Liam Gallagher & John Squire“ ist eigentlich alles gesagt: Zwei Heroen des Britpops mit dem Sound, den man von ihren Bands Oasis und den Stone Roses kennt (wobei man auch Beady Eye und The Seahorses nicht vergessen sollte). Inwieweit dieses Album sich dazu eignete, neue Zielgruppen zu erschließen, ist sicherlich ein anderes Thema. Für musikalische Teilzeit-Nostalgiker wie den Autor dieser Zeilen aber eine sehr besondere Veröffentlichung.
Apropos „Helden meiner Jugend“: Auch Project Pitchfork veröffentlichten mit „Elysium“ ein neues Album. Nachdem ich diese Band bereits vor der Albumveröffentlichung 65-mal live sah und viele Freunde durch sie kennenlernte, konnte auch das neue Album mit seinem immer noch frischen dunklen Elektro-Sound wieder begeistern. Ein Album, das auch neugierig auf die Live-Umsetzung machte. Aufschluss darüber gaben die Konzerte Nummer 66 und 67, die später im Jahresverlauf folgten.
Auch live-technisch war es ein guter Monat. So traten beispielsweise am 23. März Rogers im Münchner Backstage auf, die selbst eine gute Show ablieferten und mit Sperling und Casino Blackout zwei sehr geschätzte Acts im Vorprogramm hatten. Beides Acts, die in diesem Jahr häufiger begegneten, aber auch an diesem Abend überzeugen konnten. (Review) Was übrigens auch James Blunt tat, der ein ziemliches Kontrastprogramm darstellen mag, aber in der Olympiahalle am 09. März erneut zeigte, dass man ihm Unrecht tut, wenn man ihn auf ein paar Radiohits beschränkt.
April
Der April hatte viel zu bieten, sei es bei den Veröffentlichungen oder auf der Bühne. Ein sehr ergiebiger Termin: der 05. April. Die Kammer veröffentlichten ihre Season V (Review), Kettcar begeisterten mit „Gute Laune, ungerecht verteilt“ und Textor brachte mit „So tun als ob“ ein gelungenes HipHop-Album raus (Review) – ein Genre also, das bei mir prinzipiell eigentlich eher unterrepräsentiert ist, aber auch für mich seine Perlen hervorbringt.
Ebenfalls an diesem Tag starteten Project Pitchfork ihre Tour in Nürnberg, nachdem zuvor die Meldung die Runde machte, dass „Elysium“ auf Platz 3 in die Charts einstieg. Inwieweit die Charts heutzutage noch Aussagekraft haben, sei dahingestellt, verdient ist es allemal. Diese Ausnahmestellung wurde auch live in Nürnberg untermauert. Konzert Nummer 66 also. Im gut gefüllten Club in Nürnberg präsentierte die Band sich in guter Form: Konstanten und Weiterentwicklung, neue Stücke und alte Klassiker, dazu auch Stücke, die man länger nicht in der Setlist fand… Nach zwei Stunden Konzert, beendet mit „Final Words“, sah man zufriedene Gesichter. Wer es ausführlicher nachlesen möchte, klickt einfach hier: Review
Gehen wir drei Wochen weiter, verkleinern den Club und ändern mal wieder das Genre: Im Münchner Club Strom präsentierte Alexa Feser am 26. April ihr im März veröffentlichtes Album „Kino“. Schon zu Beginn kündigte sie einen langen Abend an – und hielt Wort: Mit einer Setlist von 26 Songs bot sie einen umfassenden Querschnitt ihres Schaffens, erzählte Geschichten zu den Stücken und interagierte dabei gern mit dem Publikum. Ihre Fähigkeit, die sprachlichen Peinlichkeitsfallen des deutschsprachigen Pop gekonnt zu umgehen und ihre authentische Bühnenpräsenz machten es zu einem sehr gelungenen Konzertabend. Warum sie eigentlich in einem so kleinen Club spielt, bleibt ein Rätsel – der Konzertbesuch war jedenfalls eine ausgezeichnete Idee. (Review)
Mai
Ich würde mich eigentlich als einen gut organisierten Menschen bezeichnen. Dass der Mai so wurde, wie er war, ist aber auch einem Irrtum geschuldet. Ich wollte die Tour von Wilhelmine besuchen, war aber der Meinung, dass ich zum Termin der München-Show keine Zeit hätte. War auch so weit richtig, nur fand die München-Show an einem anderen Termin statt. Kam natürlich erst viel zu spät raus, sodass ich mir Wilhelmine in Salzburg anschaute und somit mal wieder bei den österreichischen Nachbarn vorbeischaute. Also an einem Donnerstag ab nach Salzburg, Check-in ins Hotel nahe des Rockhouse, noch ein Einkauf im lokalen Supermarkt und später auf ins Rockhouse.
Trotz des Donnerstagabends war der Club gut gefüllt, und auch der Club selbst wusste zu gefallen. Wilhelmine zeigte sich begeistert: Ein felsiger Raum, der in den Berg hineingeht. Ein schönes Ambiente für die Show von Wilhelmine, die auf der Bühne kaum stillstand, Geschichten zu den Stücken erzählte und sehr aktiv die Interaktion mit dem Publikum suchte. So intensiv auch, dass sie zwischenzeitlich auf einer B-Stage auf Höhe des Mischpults spielte. Ein gelungener Konzertabend, der mich begeistert ins Hotel zurückgehen ließ. (Review)
Haken der Sache: kein Urlaub am Folgetag. Also um vier Uhr aufgestanden, zur S-Bahn-Station und auf in Richtung Arbeit, um einen müden Arbeitstag zu überstehen. Denn abends spielten Cosby im Münchner Ampere. Eigentlich keine guten Voraussetzungen, ein Konzert zu besuchen: wenig Schlaf, eine frühe Zugreise, der Arbeitstag in den Knochen… Das war Cosby natürlich herzlich egal, daher lieferten sie einfach ein gutes Indie-Pop-Konzert ab und ließen völlig vergessen, dass man eigentlich schlechte Voraussetzungen dafür mitgebracht hat.
Juni
Waren wir gerade noch geografisch in Salzburg, begeben wir uns nun musikalisch nach Wien und bleiben in Österreich. Am 07. Juni veröffentlichten Wanda ihr neues Album „Ende nie“. Bisher waren Wanda ein Garant für qualitativ hochwertige Alben und diese Garantie war auch auf Album Nummer 5 wieder gegeben. Der Kollege brachte es in seiner Rezension (hier) gut auf den Punkt: „Erneut hat sich die Kult-Gruppe aus Österreich eine Spur weiterentwickelt, legt das dreckige Randale-Image ab, öffnet sich mehr dem Pop und gehobenerem Liedermacher-Genre und behält damit auch nach zehn Jahren an Daseinsberechtigung.“
Zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Albums von Wanda kam Österreich nach München: Bilderbuch, quasi die andere große Band des Austropop, spielte im Rahmen des Tollwood ein Konzert in der ausverkauften Tollwood-Arena. Wie der Zufall es so wollte, fand zuvor um 18:00 Uhr im Rahmen der Fußball-EM das Spiel der Österreicher gegen Polen statt, das Österreich mit 3:2 gewann, sodass die Band gut gelaunt aufspielen konnte. Der Wunsch, dass das Finale der EM später Deutschland vs. Österreich lauten sollte, ging zwar nicht in Erfüllung, aber dies kann man schlecht dem Konzert anlasten. Das zeigte eine spielfreudige Band mit Verwurzelung im Austropop und Einflüssen aus unterschiedlichen Richtungen sowie eine gute Bühnenshow. (Review)
Was im Juni aber auch sehr wichtig war, war der Blick nach Wales. Denn John Cale veröffentlichte mit „POPtical Illusion“ am 14. Juni ein neues Album. Schon bei dem letzten Konzert, das ich von ihm besuchte, habe ich mir gedacht, dass ich froh wäre, wenn ich mit Anfang 80 auch nur ansatzweise so gut drauf wäre – und auch das neue Album des einstigen Gründungsmitglieds des Velvet Underground konnte wieder überzeugen. Auch im hohen Alter kann Cale noch mit rockigem wie experimentellem Sound gleichermaßen überzeugen. (Review)
Juli
Nach Liam Gallagher & John Squire hatte der Juli einen weiteren großen Britpop-Moment zu bieten: Mit „L.A. Times“ meldeten sich Travis knapp vier Jahre nach „10 Songs“ mit einem neuen Album zurück und zeigten vor allem, dass sie weiterhin Travis sind. Travis spielten ihren wohlbekannten Sound, für den man sie liebt und zeigten vor allem damit ihre Stärke. Wie schon bei den zuvor genannten Britpop-Helden ist auch hier die Frage, inwieweit damit neue Zuhörer gewonnen werden konnten. Wer die Band bisher mochte, wird hier genau das gefunden haben, was er gesucht hat. (Review)
Live stand der Monat vor allem im Zeichen des „Sommer am Kiez“. Es ist nach all den Jahren jedes Mal wieder ein gefühltes Nach-Hause-Kommen, wenn der Helmut-Haller-Platz einen mit der Bühne auf der Verkehrsinsel begrüßt. Einmal raus aus dem Zug am Bahnhof Augsburg-Oberhausen und schon ist man mittendrin. Zum Beispiel am 12. Juli beim Auftritt der Emil Bulls, bei dem auch das eher mittelprächtige Wetter niemandem etwas auszumachen schien. Vor einem Publikum, das einmal quer durch die Altersschichten ging, begeisterte die Band mit einem guten Querschnitt von damals bis heute, also von „Angel Delivery Service“ aus 2001 bis zum diesjährigen „Love Will Fix It“. Hier geht’s zum ausführlichen Bericht: Review
Ein Wochenende spielte am selben Ort New Model Army auf. Die alteingesessene Indie-Band aus Bradford zeigte, dass sie es auch vierzig Jahre nach dem ersten Album immer noch drauf hat, die Menge zu begeistern. Hits wie „Vagabonds“ funktionierten hier nach wie vor prima und neben ihrer Spielfreude zeigten sich Justin Sullivan und co. auch sonst sympathisch. Ein Lacher beispielsweise war es, als Sullivan meinte, man habe ihm schöne Outdoor-Locations versprochen und nun stehe man hier zwischen Parkplatz, Bahnhof und Bushaltestelle. Der Charme des Sommer am Kiez auf den Punkt gebracht! Bis hin zum finalen „I Love The World“ gab es keinerlei Schwachstellen und man konnte gut gelaunt nach der Show in den Regionalzug steigen. Mehr dazu gibt’s im Bericht hier: Review
August
Im August ist es an der Zeit, an dieser Stelle inhaltlich für einen kurzen Moment ein Stück auszuscheren. Denn neben allem Musikalischem war da noch mein Geburtstag. Der 40. Geburtstag sogar. Das besondere Vorhaben zum runden Geburtstag, das Kitzsteinhorn (Region Kaprun/Zell am See) und damit meinen ersten Dreitausender zu besteigen, stand an und bot eine spektakuläre Aussicht nach dem Aufstieg zum Gipfel auf 3.208 Metern. Daher an dieser Stelle eine Urlaubsempfehlung: Mein erster Dreitausender
Aber auch musikalisch war Österreich mal wieder spannend. Die bereits erwähnten Wanda spielten live auf. Unter anderem am 30. August in Kufstein in der Festungsarena. Mit 4.200 Plätzen spielte die Band in einer Umgebung, die für ihre Verhältnisse fast ein Clubkonzert ist. Folglich war die Festung auch bereits seit Monaten ausverkauft und die Freude über dieses Event schon im Zug gen Kufstein spürbar, wo an jeder Station weitere Wanda-Fans hinzustiegen. Die Reise hat sich gelohnt, denn Wanda und bereits ihr Support Sankt Krinzinger zeigten sich in einer sehr guten Form. Auch, wenn die Arena für Wanda-Verhältnisse wie bereits erwähnt fast klein ist, war die Band sehr begeistert vom Ambiente und dankbar gegenüber dem Publikum, das hier ordentlich mitgefeiert hat. (Review)
Wenn man sich nun von der Bühne wieder in Richtung Studioaufnahmen begibt, ist im August definitiv „Romance“ der Iren von Fontaines D.C. zu nennen. Ein Album, das mich quasi aus dem Nichts umgehauen hat. An vielen Stellen davon gelesen, dann selbst mal reingehört und von der Single „Starburster“ umgehauen gewesen. Ein Album, das auch bei schlechtester Laune noch dafür gesorgt hat, tänzelnd an der Haltestelle auf die Bahn zu warten, kann definitiv kein schlechtes sein. (Review)
September
Gerade veröffentlichungstechnisch war der September ein sehr geschäftiger Monat. Chilly Gonzales brillierte mit dem leicht dadaistischen „Gonzo“ (Review), Desperate Journalist glänzten auch auf „No Hero“ wieder mit gelungenem Indie-Rock, Mimi Barks konnte auf ihrem Debüt „This Is Doom Trap“ mit ebendiesem begeistern (Review) und Maxïmo Park vollbrachten es, mit „Stream of Life“ genau dadurch zu begeistern, dass sie eigentlich wie immer klangen (Review).
Und dann waren da noch Nitsch. Die Zusammenarbeit von Franz-Ferdinand-Mitgründer Nick McCarthy und dem Grazer Schauspieler Niklas Mitteregger führte zum Debüt-Album „Bar von Josefine“, das eine spannende Mischung aus Austropop, Italo-Disco und Indierock enthielt. (Review) Diesen brachten sie auch live auf die Bühnen und spielten beispielsweise im Münchner Club Milla ein gelungenes Konzert, das vermuten lässt, dass diese Band in naher Zukunft auch größere Clubs und Hallen füllen wird. Eine sehr sympathische Band, der man gerne länger zugehört hätte, wären da mehr Stücke gewesen, die man spielen kann…
Bereits früher im Monat stand zudem noch das Konzert von Voodoo Jürgens an, der an einem Mittwochabend in Augsburg in der Kantine gastierte. Diesmal auch wirklich als Voodoo Jürgens und nicht als „Rickerl“, wie im Falle des im Februar erwähnten Kinofilms. Stücke aus „Rickerl“ wie „2L Eistee“ sollten aber natürlich dennoch nicht fehlen. Überhaupt war es ein sehr gelungener Abend im Zeichen des Austropop, garniert mit ein paar humoristischen Erläuterungen des österreichischen Deutsch – bspw. wenn es um so etwas wie eine „Trafik“ geht. Ein sehr sympathischer Abend, der trotz des Mittwochabends gut besucht war. (Review)
Oktober
Das letzte Quartal des Jahres eröffnete mit einem Album, das ich in seiner Qualität so hoch nicht erwartet hätte. Nicht, weil Chris Pohl immer wieder ein polarisierendes Thema ist, sondern weil seine Band She Hates Emotions von seinen anderen Bands spürbar abweicht und ich nicht erwartet hatte, dass auch auf dem dritten Album „Future Unknown“ noch so viel Qualität stecken würde. Aber auch hier schafft er es wieder, tanzbaren 80er-inspirierten Elektro zu präsentieren, der begeistert. Wie auch schon bei den vorherigen Alben von She Hates Emotions bleibe ich auch diesmal dabei: Würde man das Album „blindverkosten“ lassen, ohne dabei Chris Pohl zu nennen, würde die Band an vielen Stellen wertschätzender aufgenommen. (Review)
Vor allem aber war der Oktober ein guter Monat in Sachen Live-Musik. So spielten beispielsweise Sperling am 09. Oktober im Münchner Feierwerk. Auf ihrer ersten Headliner-Tour konnten sie sich hier gleich über ein ausverkauftes Haus freuen. Mit Nikra im Vorprogramm entstand ein gutes Gesamtpaket, bei dem Sperling den Ertrag der harten musikalischen Arbeit der letzten Jahre ernteten. (Review) Übrigens am selben Ort, wo auch die ebenfalls bereits erwähnten Casino Blackout spielten, nur in einer anderen Halle des Feierwerks. Übrigens mit Kopfecho, die ich fälschlicherweise unter Vorband einsortierte. Dabei war das eine Doppel-Headliner-Tour und Kopfecho füllten diesen Rahmen ebenso würdig wie Casino Blackout. Ein gelungener Abend im Zeichen des Punks, mit Kopfecho zudem einer sehr guten Neuentdeckung für mich. (Review)
Darüber hinaus waren auch Österreich und Italien noch musikalisch angesagt. Und das sogar an aufeinanderfolgenden Abenden. Abend eins: Folkshilfe spielten am 20. Oktober die einzige Deutschland-Show ihrer Unplugged-Tour in München. Im gediegenen Ambiente des Volkstheaters präsentierten sie dem Rahmen angepasste Arrangements ihres „Quetschn-Synthi-Pop“, wie sie es selbst gerne nennen, und konnten nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch mit den Ansagen und ihrer sympathischen Art begeistern. (Review)
Abend zwei: Einen Tag später spielte die Halbitalienerin Luca Vasta im Milla Club. Ein äußerst italienischer Abend, gerade auch durch das fast komplett auf Italienisch gehaltene diesjährige Album „Luna“, eine gut gelaunte Künstlerin und ein schönes Set – da war man gerne mit dabei. (Review)
November
Der November war zumindest für mich musikalisch betrachtet der bewegendste Monat des Jahres, was schon am 01. November direkt losging mit der Veröffentlichung des Albums „Songs Of A Lost World“ von The Cure. Für mich ist es definitiv das Album des Jahres. 16 Jahre nach dem Vorgänger „4:13 Dream“ lässt sich sagen, dass sich das Warten definitiv gelohnt hat. Ein Album, das die Quintessenz von The Cure enthält, einen in eine wohlige Melancholie hüllt und es wie wenige Alben schafft, einen in seinen Bann zu ziehen. Wer das ausführlicher beschrieben haben möchte: Hier geht’s zur Rezension!
Aber auch live war so einiges geboten… Beispielsweise das Konzert von Bryan Adams in der Münchner Olympiahalle, bei dem das Ticket eigentlich ein Spontankauf war, nachdem das Fahrgastfernsehen der Münchner U-Bahn das Zusatzkonzert erwähnte. Ich wusste nicht, was mich erwartet, aber war äußerst angetan von der schnörkellosen Rockshow des bodenständig gebliebenen Weltstars. Das war übrigens der 04. November. Am 05. November ging es weiter zu SCALA & Kolacny Brothers. Der belgische Mädchenchor vermag es immer noch, unter der Leitung der Kolacny-Brüder, von Bon Jovi über Fettes Brot bis hin zu Destiny’s Child und so vielen anderen, unerwartet starke Chor-Versionen zu erschaffen, dazu noch mit wirklich gelungenen Choreografien. (Review)
Und neben dem Album des Jahres stand für mich in diesem Monat auch das Konzert des Jahres an. Zwar habe ich Project Pitchfork bereits im April in Nürnberg gesehen, der Abend am 22. November in der Kantine Augsburg war aber ein definitives Highlight. Clubatmosphäre, bei der man direkt am Bühnenrand stand, eine Band, die hier ihren Tourabschluss zelebrierte, eine im Gegensatz zu früheren Touren ziemlich neu zusammengestellte Setlist, die Rückkehr der Gitarre auf der Bühne… Da war einiges geboten. Meine persönliche Runde 67 mit Project Pitchfork wurde somit zu einer der besten. Danke Project Pitchfork, danke Kantine Augsburg! (Review)
Dezember
Das Jahr geht dem Ende zu, in den Clubs und Konzerthallen herrscht aber weiterhin ordentlich Leben. So beispielsweise am 7. Dezember bei den Blackout Problems. Wie bereits erwähnt: Einst sah ich sie als Support-Act von Massendefekt, heute spielen sie als Hauptact in der ausverkauften Muffathalle. Nach den Support-Acts Lake Malice und den befreundeten Heisskalt war das Publikum dann auch heiß, die Blackout Problems zu sehen. Diese ließen sich nicht lumpen und spielten ein ausdauerndes Set mit vielen Gastauftritten, das für Begeisterung sorgte. Und nicht zuletzt für einen meiner Konzertmomente des Jahres, als sie unverhofft die Sportfreunde Stiller auf die Bühne holten und gemeinsam in Dreierbesetzung mit Umme Block (die als Background-Sängerinnen ohnehin fast das ganze Set dabei waren) „Ein Kompliment“ performten.
Drei Tage und ein paar Haltestellen weiter spielten am 10. Dezember dann The Script. Auf ihrer „Satellites World Tour“ traten sie an diesem Abend vor einer stattlichen Menge von 4.500 Zuschauern im Zenith auf und zeigten sich dennoch als nahbare Musiker. Sie scheuten sich nicht, den Kontakt zum Publikum zu suchen, und ließen bei „Rain“ sogar einige Fans aus der ersten Reihe singen. Natürlich wurde auch dem tragisch verstorbenen Bandmitglied Mark Sheehan gedacht, was sich besonders bei Stücken wie „No Good In Goodbye“ und „If You Could See Me Now“ zeigte. Man konnte sich jedoch sicher sein: Es war ein Abend ganz in seinem Sinne. Das grandiose Finale mit „Breakeven“ und „Hall of Fame“ setzte den perfekten Schlusspunkt.
Den endgültigen Abschluss des Jahres gab es dann am 27. Dezember im Kulttempel Oberhausen. Die Schweden von Covenant spielten hier ein gelungenes Elektro-Set und ließen einen die Schwere des Weihnachtsmenüs locker vergessen. Die Band um Eskil Simonsson bot zum Ausklang des Konzertjahres ein ausgiebiges, zweistündiges Set, vollgepackt mit Klassikern ihrer Karriere. Sie hinterließen den ausverkauften Kulttempel hochzufrieden. Definitiv ein würdiger Abschluss des musikalischen Jahres 2024!
Listenführung
Nachdem wir nun Monat für Monat durch das Jahr gegangen sind, folgt noch eine kleine Gesamtschau in Form meiner Top-Ten-Listen der Alben und Konzerte des Jahres 2024. Zugegebenermaßen hat es ein wenig geschmerzt, da hier viel Schönes außen vor bleibt. Daher empfiehlt es sich, sich die Zeit zu nehmen und genauer durch die einzelnen Monate zu gehen. Hier aber zum Abschluss erst einmal die Listen:
Alben:
01. The Cure – Songs of a Lost World (Review)
02. Sperling – Menschen wie mir verzeiht man die Welt oder hasst sie (Review)
03. Blackout Problems – Riot
04. Fontaines D.C. – Romance (Review)
05. Luca Vasta – Luna
06. Wanda – Ende nie (Review)
07. Revolverheld – R/H/1
08. Project Pitchfork – Elysium
09. Nitsch – Bar von Josefine (Review)
10. Kopfecho – Zusammen allein
Konzerte:
01. Project Pitchfork, Kantine Augsburg, 22.11.2024 (Review)
02. Bryan Adams, Olympiahalle München, 04.11.2024
03. Wilhelmine, Rockhouse Salzburg (A), 23.05.2024 (Review)
04. Blackout Problems, Muffathalle München, 07.12.2024
05. SCALA & Kolacny Brothers, Backstage München, 05.11.2024 (Review)
06. Folkshilfe, Volkstheater München, 20.10.2024 (Review)
07. Luca Vasta, Milla München, 21.10.2024 (Review)
08. Casino Blackout + Kopfecho, Feierwerk München, 23.10.2024 (Review)
09. James Blunt, Olympiahalle München, 09.03.2024
10. Sperling, Feierwerk München, 09.10.2024 (Review)
Rechte von den Albumcovern liegen bei Virgin Music, Urban, Xl Recordings, Sharptone, Taylor Swift, Embassy of Music, Easy Life Records, Atlantic, Universal, Sony Music, Revolverheld, Darkroom/Interscope, Sm Entertainment, Herzinfucked Records, Four Music. Die Rechte an den Konzertfotos liegen bei Marius Meyer.
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